Filmreife Kulissen, prächtige Altstädte und geheimnisvolle Unterwelten: Unsere Reise in den Südosten Polens beginnt in Görlitz, der "europäischen Filmstadt", führt weiter nach Breslau mit seinen berühmten Zwergen und barocken Bauten, nach Krakau mit Schloss Wawel und mittelalterlichem Marktplatz und schließlich in die sagenumwobene Salzmine von Wieliczka. Unterwegs warten kulinarische Entdeckungen, UNESCO-Welterbe und Naturerlebnisse im Pieniny-Gebirge – perfekt für eine abwechslungsreiche Tour mit dem Camper.
An der deutsch-polnischen Grenze: Görlitz
Auf unserer Tour in den Südosten von Polen halten wir zunächst in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands, und besuchen zahlreiche bekannte Filmkulissen. Los geht der Spaziergang durch "Görliwood" am Kaufhaus Görlitz, das neben der Frauenkirche steht. Hier steht man vor der Filmkulisse aus der britisch-deutschen Produktion "The Grand Budapest Hotel". Die Innenaufnahmen für den Film entstanden in dem imposanten Jugendstilhaus mit den beeindruckenden Kronleuchtern. Weiter über den Untermarkt geht es zum Rathaus, das ebenfalls in der Tragikomödie zur Geltung kommt. In Richtung Neiße gelangt man zur Altstadtbrücke.
In der nur durch die Neiße getrennten Schwesterstadt Zgorzelec betreten wir zum ersten Mal auf dieser Reise polnischen Boden. Durch den Stadtgarten geht es zurück zum Jugendstil-Kaufhaus. Auch die ehemaligen Handwerkerhäuser, die Nikolaivorstadt, erkunden wir auf dem Spaziergang, bevor wir auf den kleinen Campingplatz im Wäldchen gleich neben dem Görlitzer Kühlhaus zurückkehren.
Breslau: Die größte Stadt an der Oder

Jeder der Breslauer Zwerge hat seinen eigenen Charakter, Aussehen und Beruf.
Gut 170 Kilometer weiter erreichen wir Breslau, auf Polnisch: Wrocław. Die größte Stadt an der Oder ist auch die Hauptstadt des polnischen Verwaltungsbezirks Niederschlesien und zählt zu den schönsten Städten Polens. Auch uns beeindrucken die prächtigen Fassaden historischer Bürgerhäuser. Bei unserem Rundgang kommen wir am Denkmal von Papst Johannes Paul II. vorbei. Der einstige Papst aus Polen ist in seinem Heimatland allgegenwärtig und wir werden ihm immer wieder begegnen.
Kurz darauf fällt uns der erste Zwerg ins Auge. Als Protestaktion sprühte die Oppositionsbewegung "Orange Alternative" Anfang der 1980er Jahre Graffiti mit kleinen Zwergen an die Stadtmauern. Anfang 2000 tauchten dann die ersten Zwerg-Skulpturen im Rahmen eines Projekts von Studierenden auf. Inzwischen bevölkern hunderte Zwerge die Stadt.
Sehenswert ist der Marktplatz, gesäumt von Bürgerhäusern aus dem 13. Jahrhundert, und auch das Rathaus mit dem Stadtmuseum sticht gleich ins Auge. Der Dom, die Kathedrale St. Johannes der Täufer, ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Im größten Barockgebäude von Breslau ist die Universität untergebracht. Geheimtipp: In der Uni-Mensa gibt es günstige polnische Gerichte.
Beeindruckend ist auch die Jahrhunderthalle, die zum Weltkulturerbe zählt. Obwohl es in Breslau zahlreiche Brücken gibt, können die Studierenden der Fakultäten Wissenschaft und Technik per Seilbahn die Oder überqueren, an deren Ufern an sonnigen Tagen richtig was los ist. Breslau hat so viele schöne Ecken, dass sich eine weitere Übernachtung lohnt.
Krakau: Die damalige Hauptstadt Polens
Knapp 300 Kilometer entfernt erreichen wir Krakau in Kleinpolen, eine der 16 Woiwodschaften, polnische Verwaltungsbezirke, des Landes. Die ehemalige Hauptstadt, die auf Polnisch Kraków heißt, liegt an der Weichsel, dem größten Fluss Polens. Der Campingplatz Smok nr 46 befindet sich außerhalb auf einem Hügel, aber mit den Rädern ist man in knapp 20 Minuten am Schloss Wawel, das die Altstadt überragt. Auf dem Weg zur Schlossanlage passieren wir ein Info-Center, in dem es Karten für die Kathedrale und die Anlage sowie zum Drachen Wawel gibt. Einer Legende nach beendete ein Handwerker die Gewaltherrschaft des Drachens durch eine List.
In der Kathedrale sind zahlreiche polnische Könige beerdigt, denn als Krakau für Jahrhunderte die Hauptstadt von Polen war, nutzten sie Schloss Wawel als ihre Residenz. Von hier oben haben wir einen guten Blick über den Fluss und Teile der Stadt. Wieder zurück in der Altstadt, schieben wir die Räder zum Hauptmarkt, vorbei an einer sogenannten Milchbar. Hier gibt es günstige polnische Spezialitäten wie etwa die Rote-Beete-Suppe Barszcz und Piroggen, gefüllte Teigtaschen.

Eine hübsche Jahre alte Backsteinmauer ziert die Wände am Einkaufszentrum.
Der Marktplatz Krakaus ist einer der größten mittelalterlichen Marktplätze in Europa. In der Mitte befinden sich die Tuchhallen mit Verkaufsständen und dem unterirdischen Museum über das mittelalterliche Krakau. In der Marienkirche gegenüber bestaunen wir den Veit-Stoß-Altar, ein Meisterwerk des Bildhauers und die größte Holzschnitzarbeit des Spätmittelalters mit einer Höhe von 13 Metern. Vom höheren der beiden Kirchtürme spielt der Turmbläser Hejnał zu jeder vollen Stunde auf seiner Trompete, und zwar in jede Himmelsrichtung, bis der Ton abrupt abbricht. "Eine Legende besagt, dass der Pfeil eines Tartaren seine Kehle durchdrang, vor denen der Turmbläser die Bevölkerung mit seinem Instrument warnte", erzählt unsere Stadtführerin Sylwia. Als Erinnerung an diesen Angriff bricht das Signal am Ende einfach ab. Schräg gegenüber der Marienkirche steht der Rathausturm, das Einzige, was vom baufälligen Rathaus aus dem 13. Jahrhundert übrig geblieben ist.
Besonders schön ist die Atmosphäre auf dem quirligen Platz zum Sonnenuntergang mit einem polnischen Bier. Ein Straßenmusiker spielt Tangomusik, zu der einige Zuhörer tanzen.
Kulinarische Spezialitäten rund um Krakau
Durch das Florianstor radeln wir am nächsten Tag zur Markthalle Stary Kleparz, wo Händlerinnen und Händler Gemüse, Gewürze, Wurst, Fleisch und vieles mehr anbieten. Gegenüber befindet sich das Obwarzanek-Museum inklusive Backwerkstatt. Bei Kursen lernt man die Rezeptur des Obwarzanek kennen. Der Kringel gehört zur kulinarischen Kultur Krakaus und ist an vielen Ständen in der Stadt erhältlich. Die Spezialität besteht aus zwei dünnen Teigrollen, die vor dem Backen in heißem Wasser gebrüht werden. Daher geht die Hefe nicht weiter auf.

Der "Obwarzanek krakowski" ist ein Wahrzeichen von Krakau und ist laut EU eine geschützte Ursprungsbezeichnung.
Aber auch der Bagel, ein ringförmiges Hefegebäck, stammt vermutlich von hier. Denn das jüdische Gebäck wird seit dem 17. Jahrhundert hier gebacken. Um 1900 brachten es jüdische Emigranten aus Polen nach Manhattan.
Den Nachmittag wollen wir in Kazimierz, dem historischen jüdischen Viertel, verbringen. Auf dem Plac Nowy gibt es Zapiekanka, Baguette mit Champignons und geriebenem Käse, wahlweise auch mit Schinken, Speck, Salami. In der Markthalle in der Mitte des Platzes befand sich einst der jüdische Geflügelschlachthof. Auf dem Dach der Rundhalle treten bekannte Künstler auf.
Abends ist in den umliegenden Clubs und Cafés immer etwas los. In der Szeroka-Straße gab es gleich vier Synagogen. Vor dem Zweiten Weltkrieg stellten die Juden ein Viertel der Bevölkerung von Krakau. Einen besonders schönen Hof hat das Haus in der Józefa-Straße 12. Der Hof diente bereits als Kulisse für mehrere Filme, beispielsweise auch für "Schindlers Liste". Knapp 70 Kilometer von Krakau entfernt ist Auschwitz, das man von hier aus mit einer der organisierten Tagestouren besuchen kann.
Wieliczka-Salzmine: Tiefenwelten aus Salz
Nur rund 20 Kilometer liegen zwischen dem Campingplatz und dem Salzbergwerk Wieliczka. Die Mine hat kilometerlange Stollen mit außergewöhnlichen Sälen, die sich alle unter der Erde verbergen. Seit fast einem Jahrtausend haben Minenarbeiter die unterirdischen Gänge, Räume und Kapellen geschaffen, mit Wänden und Dekor aus Salz. Über 370 Holztreppen führen in 135 Meter Tiefe, und so dauert es, bis die Teilnehmer der verschiedenen Führungen unten angelangt sind. Kaum vorstellbar, dass es im Bergwerk über 2.390 Kammern und über 245 Kilometer Stollen gibt.
Nur rund zwei Prozent sind bei Führungen zugänglich, erzählt Grubenführerin Anna. Inzwischen sind sie auf neun Ebenen (Sohlen) und mehrere Zwischenebenen verteilt. Anna führt uns über drei Kilometer durch dunkle Gänge, deren Wände, Böden und Decken ebenfalls aus Salz sind. Besonders außergewöhnlich ist die unterirdische Kirche. Die Kapelle der heiligen Kinga, der Schutzpatronin der Salzbergleute, liegt 100 Meter tief. Kristallleuchter aus Salz tauchen sie in ein magisches Licht. Kein Wunder, dass die Mine schon früh den Status als Weltkulturerbe hatte.

In dem Raum namens Baracz überrascht uns ein unterirdischer See mit seinen grün-blau schimmernden Farben. Sein Wasser enthält bis zu 320 Gramm Salz pro Liter Wasser.
Stabkirche Debno und Dunajec: Flusstour und Holzbaukunst
40 Kilometer von Krakau entfernt befindet sich der Kalwaria-Zebrzydowska-Park. Dank des Audioguides in deutscher Sprache erfährt man mehr über das Kloster, das ebenfalls zum Weltkulturerbe zählt und das rund eineinhalb Millionen Pilger im Jahr besuchen. Einer Legende zufolge erblickte der Wojewode von Kraków Mikołaj Zebrzydowski eines Tages auf dem Hügel Zar drei Kreuze in Flammen, die in den Himmel stiegen. An dieser Stelle stiftete er dann Anfang des 17. Jahrhunderts eine kleine Kirche. 1979 besuchte Johannes Paul II. die Kirche und erhob sie in den Rang einer Basilika minor.
Auch die knapp 100 Kilometer entfernte Stabkirche in Debno ist von der Unesco als Weltkulturerbe anerkannt. Die Kirche besteht aus Lärchenholz und wurde ohne den Einsatz von Nägeln, nur mit Holzbohlen, Ende des 15. Jahrhunderts gebaut. Für die Bemalung der Innenwände wurden 33 Farben verwendet und 77 verschiedene Muster mit geometrischen und pflanzlichen Motiven, die auch nach 500 Jahren nichts von ihrer Pracht verloren haben.

Die Stabkirche befindet sich auf der Holzarchitekturroute von Małopolska und wurde 2003 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Wir fahren am Stausee Jezioro Czorsztynskie vorbei, wo es gute Campingmöglichkeiten direkt am Ufer gibt. Von den Flüssen Białka und Dunajec wird er mit Wasser versorgt.
Auf dem Dunajec, dem Grenzfluss zur Slowakei, wollen wir eine Floßfahrt unternehmen. In Sromowce Wyzne steigen wir auf ein Holzfloß, das aus fünf Sparren besteht. Malerisch mäandert das Gewässer durch eines der schönsten Täler Europas, in dem links und rechts die zerklüfteten Felsen und Berge des Pieniny-Gebirges aufragen. Zwei Flößer mit weißem Hemd und blauer Jacke manövrieren uns durch die Stromschnellen bis zum Wellness- und Kurort Szczawnica. Die Flößer kommen aus fünf Orten rund um den Dunajec und müssen eine dreijährige Ausbildung machen, bevor sie Flößermeister sind.
Mit dem Shuttle geht es zurück nach Sromowce Wyzne und von dort fahren wir nach Szczawnica. Der charmante Ort eignet sich für Wanderungen, Radtouren oder einfach zum Ausspannen.
5 Campingplatz-Tipps für die Polen-Tour
Diese fünf Campingplätze haben wir entlang unserer Route besucht und können sie empfehlen:
- Görlitz: Camping Kühlhaus, Am Bahnhof Weinhübel 2, 02827 Görlitz, www.kuehlhaus-goerlitz.de/uebernachten
- Breslau: Camp4u, Zebice ul. Opolska 46, 55-010 Siechnice, www.camp4u.pl (aktuell vorübergehend geschlossen)
- Krakau: Camping Smok nr 46, Kamedulska 18, 30-252 Kraków, www.smok.krakow.pl
- Stausee Jezioro Czorsztyńskie: Camping U Anny, Nad Zalewem 25, 34-441 Niedzica, www.niedzicazamek.pl
- Szczawnica: Stellplatz am Hotel U Ewy, Nad Grajcarkiem 51, 34-460 Szczawnica, www.uewy.szczawnica.net