Wohnmobil und Wein? Wer das Mobil nach Weingenuss stehen lässt, kann beide Dinge recht gefahrlos an der mittleren Mosel kombinieren. Ein Ausflug in eine Region voll Liebreiz, Kultur und Lebensfreude.
Wohnmobil und Wein? Wer das Mobil nach Weingenuss stehen lässt, kann beide Dinge recht gefahrlos an der mittleren Mosel kombinieren. Ein Ausflug in eine Region voll Liebreiz, Kultur und Lebensfreude.
Nein. Wer nach mehr sucht, wird fündig. Und wer nicht sucht, stolpert geradezu darüber. Zwischen Trier und Bernkastel-Kues, dort wo die Mosel in weiten Bögen durch die liebliche Landschaft mäandert, ranken nicht nur Reben in den Weinbergen, lagern nicht nur Tausende von Hektolitern Wein in Fässern und Flaschen: Hier ist auch Kultur zu Hause. In Trier als der ältesten deutschen Stadt und auf den Moselkilometern abwärts ist zu erleben, dass die südeuropäische Lebensweise die Germanen, unsere Vorfahren, einst zu Kulturmenschen gemacht hat. Zumindest einen erheblichen Teil von ihnen.
Der Wein selbst, besonders sein Genuss, ist auch Kultur, mitunter sogar Kult. Dass seine Herstellung, die an der Mosel in teilweise extremer Steillage ihre Basis hat, mit wunden Fingern und schmerzenden Rücken erarbeitet werden muss, ist kein Widerspruch, eher eine Voraussetzung.
Mitte bis Ende September beginnt die Weinlese. Viele Besucher der Mosel halten ihre Fahrzeuge an, schauen zu und fotografieren. Wer länger vor Ort bleibt, wandert in die Weinberge, fährt mit dem Fahrrad oder nimmt sich eine Pferdekutsche.
Zum Gewinn werden Wanderungen durch die Weinberge, wenn man sich führen lässt. Über die Tourismuseinrichtungen sind Programme buchbar, die Wissenswertes über den Wein selbst und alles drumherum vermitteln. Wer auf der Moselerlebnisroute unterwegs ist, wird auch über Tafeln mit Informationen versorgt. Der Kulturweg „Grafen, Gold und Schwarzer Peter“ ist im Gebiet Mülheim an der Mosel Teil des Gesamtprojektes. Hier wird dem Besucher Geschichte vorgestellt, die bis in die kartenspielerische Gegenwart reicht. Da begegnet man auch dem leibhaftigen „Schwarzen Peter“, überraschenderweise von einer Frau verkörpert. Auch ernste Themen wie der Jüdische Friedhof sind Teil dieser Kulturvermittlung.
Wer gespielte Vergangenheit liebt, kommt zum Beispiel beim gebuchten Besuch der römischen Villa Urbana am Rande Longuichs nahe Trier auf seine Kosten. Dort kann er den Römerschwank „Rufus ante Portas“ erleben. Höhepunkte zum Thema Wein sind die Weinproben. Dabei sitzt man meist nahe den Produktionsstätten des Weins, also den Pressen, Bottichen und Fässern. Oder ausgedienten Maschinen und Hilfsmitteln. Für Letzteres ist das Weinlokal und Restaurant „Zum Winzerkeller“ in Fell bei Trier- ein gut vorzeigbares Beispiel.
Wer es lieber moderner hat, kommt im Weingut Rebenhof in Ürzig auf seine Kosten. Hier herrscht der Glanz des Edelstahls vor. In beiden Fällen handelt es sich um Qualitätsbetriebe der Dachmarke Mosel. Dieses Gütezeichen wurde 2006 geschaffen, um Betriebe zu markieren, die sich besonders um Qualität und den Dreiklang von Wein, Tourismus und Kultur bemühen.
In der Vinothek „Oechsle“, dem Trierer Wein- und Fischhaus, warten 120 Weine auf probierfreudige Kunden. Rundum harren Museen, Denkmäler, Kirchenbauten, Bürgerhäuser, Brunnen, Säulen, Plätze und Straßenzüge ihrer Entdeckung. Einige von ihnen gehören zum Unesco-Weltkulturerbe, allen voran die Porta Nigra, das Wahrzeichen der Stadt. Der Dom besteht ebenfalls noch in großen Teilen aus römischem Mauerwerk und gleicht mit seiner über 1300-jährigen Bauzeit einem Lehrbuch der Architekturgeschichte.
Die ältesten Zeugnisse der Stadt finden sich im Rheinischen Landesmuseum, wo zugleich mit der Show „Im Reich der Schatten“ der Versuch unternommen wird, die tote Geschichte in Stein mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel zum Leben zu erwecken. Auch sonst zeigt sich die Moderne. Schon mal was von den Segways gehört? In Trier sind sie zu erleben. Entweder auf Touren zu den klassischen Vorzeigegebäuden der Stadt oder auch auf der Kulturroute „Seg and wine“ hinauf in die Weinberge und ins Weingut Deutschherren-Hof. Weinprobe inklusive.
Kommt man aus dem Teil Deutschlands, in dem Marxsche Ideen in Politik umgesetzt werden sollten, nach Trier, wundert man sich über die Präsenz des großen Sohnes der Stadt. Aber warum auch nicht. Er kann ja nichts dafür, was in seinem Namen verzapft wurde. Sein Geburtshaus bietet unter der Führung der Friedrich-Ebert-Stiftung eine sehens- und lesenswerte Ausstellung. Und das Haus gilt als „die Tür für Asien“. Man könnte auch sagen, es ist ein chinesisches Tor.
An der mittleren Mosel unterwegs zu sein geht natürlich nicht, ohne auch in Bernkastel-Kues Station zu machen. Fündig wird man auch hier in reichem Maße.
Trotzdem wird man sich irgendwann von all den kulturellen Kleinodien lösen und sich auf den Heimweg machen, Sitztruhen und Heckgarage bis zur Belastungsgrenze mit Sechserkartons bestückt: Wenn ab jetzt wieder aufs Wasser der Mosel verzichtet werden muss, so doch noch nicht ganz auf ihren Wein ...
Vor mehr als 2000 Jahren wurde die Stadt Augusta Treverorum von den Römern gegründet und beansprucht damit für sich, die ältes-te Stadt Deutschlands zu sein; allerdings machen ihr eine ganze Reihe weiterer Städte diesen Superlativ streitig, darunter Augsburg, Regensburg, Kempten und vor allem Worms. Trier sei, so wird ferner versichert, die älteste Kaiserresidenz in Deutschland, der älteste Bischofssitz in Deutschland, die größte römische- Siedlung nördlich der Alpen und jedenfalls eine der größten deutschen Weinbaugemeinden. Trier hat, so sagen die Trierer, mit der Porta Nigra das größte und besterhaltene Stadttor der Antike, mit der Konstantinischen Palastaula den größten stützenlosen Innenraum der Antike, die größte römische Mosaiksammlung nördlich der Alpen, den größten Goldschatz des römischen Westens, mit der Römerbrücke die älteste Brücke in Deutschland sowie mit den Vereinigten Hospitien den ältesten Weinkeller in Deutschland.