Für eine Wohnmobil-Tour durch Kanada erscheinen zwei Wochen fast zu kurz. Doch für die Region Vancouver Island passen 14 Tage perfekt. Ein Abstecher nach Downtown Vancouver darf natürlich auch nicht fehlen. Tipps für eine gelunge Tour.
Für eine Wohnmobil-Tour durch Kanada erscheinen zwei Wochen fast zu kurz. Doch für die Region Vancouver Island passen 14 Tage perfekt. Ein Abstecher nach Downtown Vancouver darf natürlich auch nicht fehlen. Tipps für eine gelunge Tour.
Die Sonne steht tief am Horizont und spiegelt sich golden auf den sanften Wellen wider. Rechts und links erstrecken sich Bäume bis zu den äußersten Zentimetern der Landzungen gen Himmel. Von hinten ertönt leise Musik. Wir befinden uns am Mackenzie Beach in Tofino. Die Sonne geht gleich unter und Paare, Freunde, Familien und Hunde streifen über den breiten Strand und genießen die Aussicht aufs offene Meer.
Für mich ist das einer der schönsten Orte der Welt. Ich könnte ewig hier auf einem Stück Treibholz sitzen und aufs Meer hinausschauen. Es ist Ende September, die meisten sind schon in warme Pullis gekuschelt und haben lange Hosen an, jedoch barfuß, denn den Sand will man trotzdem zwischen den Zehen spüren. Tofino ist schon fast das Ende unserer Tour. Der kleine Ort ist mal wieder das absolute Highlight unserer Reise.
Zum siebten Mal bin ich jetzt schon hier in Kanada mit dem Wohnmobil unterwegs und es wird auch sicherlich nicht das letzte Mal sein. An meinen ersten Besuch hier kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern. Damals war ich fünf und mein Bruder drei Jahre alt. Doch meine Eltern erzählen noch gerne davon. Sie sagen, damals hätten sie die meisten Bekannten in Deutschland für verrückt gehalten, mit kleinen Kinder ins weit entferne Kanada zu reisen. Heute sehen wir viele junge Familien, die im Wohnmobil unterwegs sind.
Von Vancouver setzen wir direkt nach Nanaimo auf Vancouver Island über. Die Fähre braucht 90 Minuten zur Insel. Nur 35 Kilometer vom Hafen entfernt befindet sich der erste Campingplatz. Der Rathtrevor Beach Campground liegt direkt am Meer. Da Nachsaison ist, haben wir Glück und bekommen ohne Reservierung einen Platz.
Wie in den USA haben viele kanadische Campingplätze einen „Full-Hook-Up“, das heißt einen Frisch-, Abwasser-, Strom- und TV-Anschluss. Ausnahmen bilden die Plätze in National- und Provincial Parks (Naturschutz-Zonen), wie unser erster Campingplatz, der Rathtrevoer Beach Campgroud. Diese Plätze sind möglichst naturbelassen und deshalb stehen wir hier autark. Lagerfeuer sind nicht erlaubt, denn es herrscht extreme Waldbrandgefahr. Doch auf dem Platz kann man sich einen Gasgrill ausleihen – der Abend ist gerettet!
Wir müssen nur noch mit unserem Neun-Meter-Mobil von der Vermietung Fraserway rückwärts auf die Stellfläche rangieren. Kein Problem dank Rückfahrkamera. In Kanada muss man außerdem keine Angst wegen Platzproblemen haben. Die meisten Stellplätze sind für große Fahrzeuge ausgelegt, wie beispielsweise Pick-ups mit angekoppeltem elf Meter langem Wohnauflieger.
In unserem großen C-Class-Wohnmobil ist eine seitliche Rundsitzgruppe untergebracht, auf der wir alle fünf Platz finden. Es ist übrigens genügend Platz im Fahrzeug, um aneinander vorbei zu gehen oder zu mehreren in der Küche zu hantieren. Dank Slide-out ist das Wohnmobil ein wahres Raumwunder.
Nach dem Frühstück passiert das Unglaubliche: Wir stehen am Strand und plötzlich spritzt in der Ferne eine Wasserfontäne in den Himmel. „Wale!“ rufen wir aufgeregt. Und tatsächlich sieht man schon im nächsten Moment eine Schwanzflosse auf- und wieder abtauchen. Aus der Entfernung ist es sehr schwierig auszumachen, um welche Wale es sich wohl handelt, trotzdem ist es ein unglaubliches Erlebnis. Auch als sie schon lange weggeschwommen sind, starren wir noch wie gebannt aufs Meer bis uns die Augen weh tun. Übrigens kann man am Rathtrevor Beach ganz hervorragend Wattwandern, wenn sich das Wasser zurückgezogen hat.
Vom Rathtrevor Campingplatz fahren wir weiter Richtung Norden und dann ins Landesinnere in den Strathcona Provincial Park, dem ältesten Provincial Park British Columbias. Auf dem Ralph River Campground geht es nach dem Prinzip „first come, first served“: Wer zuerst kommt und sich auf einen freien Stellplatz stellt, darf auch bleiben. Auf seiner abendlichen Runde sammelt der Ranger dann die 16 Dollar für die Nacht ein.
Auf dem Campingplatz gibt es ein paar Plumpsklos und sonst nichts. Dafür ist die Natur umso atemberaubender. Direkt von unserer Stellfläche führt ein kleiner Weg bis an den Buttle Lake. Hier ist es total still und friedlich und man hat jede Sekunde das Gefühl ein Bär kommt gleich aus den Büschen. Deshalb ist es wichtig immer laut zu sein und Geräusche zu machen: Wenn Bären von Menschen überrascht werden, sind ihre Reaktionen unberechenbar.
Gut zu wissen: Bei Begegnungen am Straßenrand mit Bären, Elchen und Co. gilt ein Mindesabstand von 25 Metern. Obwohl wir ein paar Campingplatz-Nachbarn haben, sehen wir fast keinen anderen Menschen während unseres Aufenthalts. Auf dem Rückweg aus dem Park legen wir noch einen Zwischenstopp bei den Elk Falls ein. Hier gibt es eine neue Hängebrücke für ganz Mutige, die keine Angst haben über einer Schlucht mit tosendem Wasserfall zu stehen.
Weiter geht es zum nördlichsten Punkt unserer Reise: nach Campbell River. Wir sind mit dem Ziel hierher gekommen eine Whale-Watching-Tour zu machen und Orcas in freier Wildbahn zu sehen. Die „residents“ (Deutsch: Bewohner) leben hier in der Gegend und verlassen die Gewässer zwischen Vancouver Island und dem Festland nicht. 2014 hatten wir das Glück und haben dort gleich zwei Orca-Schulen gesehen. Doch dieses Jahr sollte es nicht sein. Die Wale sind ein Stück weiter gezogen als sonst – den Lachsen hinterher
Trotzdem machen wir eine außergewöhnliche Begegnung. Drei Buckelwale tummeln sich im Gewässer zwischen einer Inselgruppe vor Campbell River. Sie scheinen vergnügt miteinander zu spielen. Ein sehr eigenartiges Verhalten für die ansonsten als Einzelgänger bekannten Wale, bestätigt uns auch der Tour-Guide. Nachmittags geht's zurück an Land und abends tun wir es den Walen (fast) gleich: Wir grillen einen Lachs.
Nach einem Zwischenstopp auf dem Campingplatz am Sproat Lake, in dem wir Ende September noch baden konnten, geht es nach Tofino. Hier haben wir dann auch das erste Mal Pech mit dem Campingplatz. Es ist tatsächlich alles voll! Als beliebter Ort bei Surfern und Touristen an der Westküste von Vancouver Island hat Tofino zwar eine gute Campingplatz-Infrastruktur, doch selbst in der Nebensaison geht ohne Reservierung nichts. Als man uns am Green Point und Bella Pacifica Campground sagt, dass alle Campingplätze voll seien, sind wir der Verzweiflung nah – und ergattern beim Mackenzie Beach Resort endlich einen Stellplatz, den allerletzten, so der Platzwart.
Mitten in dem kleinen Örtchen Tofino sieht es nicht viel besser aus. Mit unserem großen Wohnmobil finden wir wieder nur knapp einen Parkplatz. Vor 20 Jahren war der Surfer-Hot-Spot Tofino noch ein echter Geheimtipp. Heute sehen und hören wir hier viele unserer Landsleute. Für Touristen gibt es extra Wegweiser zur noch recht jungen „Tofino Brewery“. Die Brauerei ist in einer Industriehalle angesiedelt, aber sehr schick und modern eingerichtet. Hier kann man entweder alle Biere in einem kleinen Glas probieren oder ein Pint trinken.
Die besten Tacos und Burritos gibt es bei Tacofino. Hier scheinen alle Surfer und Hipster der Gegend Mittags anzustehen. Doch das Schlangestehen lohnt sich allemal. Wir genießen das gute Wetter und Blaubeer-Muffins in einem Café. In der Roy Henry Vickers Gallery schauen wir uns Kunstwerke von den Ureinwohnern Kanadas an. Nach so viel Gemütlichkeit geht es aktiv weiter mit einer geführten Kajak-Tour. Beim Paddeln kommen wir fast aus der Puste, aber für den wunderbaren Ausblick lohnt es sich.
Das schönste Fleckchen Erde befindet sich etwas außerhalb von Tofino. Am Long Beach brechen beeindruckende Wellen und Surfer tummeln sich mit ihren Brettern im Wasser. Obwohl der Pazifik hier quasi das ganze Jahr relativ kalt ist, halten die Sportler es in ihren Neopren Anzügen aus auf die perfekte Welle zu warten. Dunkle Douglastannen grenzen direkt an den breiten Sandstrand an. Obwohl ich hier für immer bleiben könnte, geht es nach drei Nächten dann zurück aufs Festland Richtung Vancouver.
Auf dem einzigen Stadt-nahen Campingplatz, Capilano River RV Park, verbringen wir unsere letzten Nächte im Wohnmobil. Dass wir uns jetzt quasi in der Hauptstadt des Westens befinden, merkt man vor allem an den Preisen. Obwohl der Wechselkurs sehr gut ist, ist alles extrem teuer. Die Nacht auf dem Campingplatz kostet sage und schreibe 80 Euro! Ansonsten ist Vancouver eine sehr entspannte Stadt.
Die Robson Street ist die Hauptstraße von Vancouver und viele bekannte, aber auch einzigartige Shops sammeln sich hier. Wer jetzt noch Geld übrig hat, kann wunderbar shoppen gehen. Die Altstadt von Vancouver heißt „Gastown“ und ist auf jeden Fall einen Ausflug wert. Hier steht die berühmte dampfbetriebene Uhr, die Massen von Touristen anlockt. Sie warten auf die volle Stunde, zu der die Uhr einen Ton ausstößt.
Weniger Rummel gibt's an der Strandpromenade. Wir leihen uns dort Fahrräder aus und machen eine Tour in den Stanley Park. In dem großen Park direkt neben der Stadt bekommt man nochmal das Gefühl in der Wildnis zu sein. Die größte Attraktion hier sind die Totempfähle der Ureinwohner. Übrigens soll sich um den Stanley Park herum eine Orca-Schule herumgetrieben haben, doch uns haben sie sich leider nicht gezeigt.
Kilometer: ca 1.000 km
Freikilometer: 2.000 km
Vermieter: Fraserway
Wohnmobil: C 29'
Reiseveranstalter: Canusa