Obwohl die Nachfrage nach Freizeitfahrzeugen stabil bleibt, steht die Caravaning-Industrie aktuell unter Druck. Nach den fetten Corona-Jahren landen Hersteller und Händler wieder auf dem Boden der Realität. Für manche ist das eine harte Landung.
Rekorde und Rückgänge gleichzeitig
Die Situation wirkt geradezu paradox: Einerseits bleibt das Interesse an Campingreisen groß, andererseits stauen sich nicht zugelassene Fahrzeuge auf den Höfen. Noch nie war Caravaning so beliebt. Im April knackte der Bestand zugelassener Reisemobile erstmals die Millionengrenze – ein Meilenstein.
Gleichzeitig ging die Zahl der Neuzulassungen von Freizeitfahrzeugen im ersten Quartal 2025 spürbar zurück. Dabei gaben die Reisemobile mit 16.889 Zulassungen (minus 14,7 %) deutlicher nach als die Caravans mit 4.741 Einheiten (minus 5,7 %). Die Hauptursache: der Rückgang von gewerblichen Zulassungen, vor allem bei Mietfahrzeugen. Die private Nachfrage bleibt hingegen stabil, und darauf stützen die Verbände von Herstellern (CIVD) und Händlern (DCHV) ihren demonstrativen Optimismus.
Volle Höfe, leere Auftragsbücher
Wer tiefer blickt und mit Brancheninsidern spricht, erkennt die Komplexität der Lage. Die Lager von Händlern und Herstellern sind rappelvoll – bei beiden stehen so viele Fahrzeuge auf Halde wie noch nie. Der Bestand an unverkauften Fahrzeugen ist nach wie vor viel zu hoch. Die Werksgelände platzen aus allen Nähten. Manche Unternehmen müssen rund um die Produktionsstandorte sogar gesonderte Parkflächen anmieten.
Rund um den Jahreswechsel reagierten etliche Hersteller mit Produktionspausen und Kurzarbeit. Doch diese Maßnahmen waren augenscheinlich zu kurz und zu zaghaft, um Wirkung zu zeigen; eine signifikante Reduktion des Bestands und eine Stabilisierung der Preise haben sich jedenfalls nicht eingestellt. Eine missliche Verkettung von Umständen ist die Folge.
Preisdruck und Rabattspirale
Hohe Zinsen belasten vor allem die Händler. Sie müssen ihre finanzierten Lagerfahrzeuge loswerden – und bieten teils massive Rabatte. Kunden gewöhnen sich daran, feilschen und kaufen nur noch mit Preisnachlass. Die von Händlern und Herstellern gewünschte Preisstabilität ist in weite Ferne gerückt.
Für Käufer, die in den letzten Jahren regelmäßig deftige Preiserhöhungen zu schlucken hatten, ist das eine gute Nachricht. Den Herstellern dagegen schmeckt die Entwicklung natürlich überhaupt nicht. Zusätzlich leiden sie darunter, dass Händler in der aktuellen Situation weniger Fahrzeuge nachbestellen. Die ursprünglichen Produktionsplanungen geraten aus dem Takt.
Schwache Zahlen, starke Einschnitte
Einige Beispiele: Bei Knaus Tabbert lief das erste Quartal miserabel – allerdings auch infolge von Missmanagement und viel zu hochfliegenden Absatzerwartungen. Bei der Erwin Hymer Group sieht die Entwicklung nicht viel besser aus. Zuletzt meldete der Branchenprimus einen heftigen Einbruch von Umsatz und Gewinn. Bei der EHG-Tochtermarke Dethleffs steht laut Schwäbische.de im Sommer eine sechswöchige Produktionspause an – Kurzarbeit inklusive.
So geht es derzeit vielen Herstellern; der aktuelle Auftragseingang lastet die hohen Fertigungskapazitäten einfach nicht aus. So werden sehr wahrscheinlich weitere Produzenten dem Beispiel von Dethleffs folgen und die Fahrzeugherstellung drosseln (müssen). Ein notwendiger, aber auch schmerzhafter Schritt: In vielen Fällen wird Personal abgebaut.
Balanceakt bei der Modellplanung
Gleichzeitig verlangt die Situation von Herstellern Fingerspitzengefühl bei der Modellplanung für die anstehende Saison 2026. Wenn der Absatz schwächelt, sind neue Modelle und Produktneuheiten zwar oft ein probates Mittel, um die Nachfrage zu stimulieren. Doch zu viele Änderungen könnten die Restbestände weiter entwerten und Händler zusätzlich belasten.
Einige, zum Teil etablierte Handelsbetriebe, mussten bereits aufgeben und Insolvenz anmelden. Andere hingegen nutzen die stabile Nachfrage geschickt aus und profitieren. Gewinnen können aktuell auch die Kunden. Wer jetzt ein Reisemobil oder einen Caravan kaufen will, findet so gute Angebote wie lange nicht mehr.
Die Gelegenheit, ein Schnäppchen zu machen, war nie günstiger. Doch die Freude darüber sollte nicht den Blick auf die Schattenseiten verstellen.