Allrad im Wohnmobil: Wann 4 × 4 wirklich die bessere Wahl ist

Allrad für Wohnmobile im Wintereinsatz
Vier gewinnt - meistens jedenfalls

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.10.2025
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Hymer ML-T Crossover, Wohnmobil, Schnee, Winter
Foto: Hymer

Vier angetriebene Räder können mehr Kraft auf die Fahrbahn übertragen als zwei. Das ist die physikalische Wahrheit. Deshalb sind bei Autos Allradantriebe ab der Mittelklasse aufwärts fast schon zur sicherheitsfördernden Standardausstattung geworden. Der 4 × 4-, AWD-, 4motion- oder 4matic-Antrieb ist in bestimmten Situationen auch bei Wohnmobilen hilfreich. Das beginnt bei der nassen Fahrbahn bergauf, geht über die feuchte Wiese oder den Matsch, bis hin zu Eis und Schnee im Winter. Bei allen glitschigen Untergründen, die die Kraftübertragung erschweren, hilft es prinzipiell, mehr Übertragungsfläche – also vier statt nur zwei angetriebene Räder – auf dem Boden zu haben.

Besonderes Problem: die Lastverteilung

Bei Wohnmobilen kommt ein zusätzliches Problem hinzu: Größere Gewichte, längere Radstände und höhere Schwerpunkte und dazu eventuell eine ungeschickte Beladung können zu sehr viel ungleichmäßigeren Lastverteilungen zwischen Vorder- und Hinterachse führen als bei Pkw. Bei Bergauffahrten verschiebt der höhere Schwerpunkt die Last stark auf die Hinterachse. Vorderradgetriebene Modelle – und das ist die Mehrzahl aller Wohnmobile – bringen dann über die entlasteten Vorderräder nur wenig Kraft auf die Fahrbahn, sobald es rutschig wird. Bei allradgetriebenen Wohnmobilen und Campingbussen spielen solche Effekte dagegen eine untergeordnete Rolle.

Die Allradantriebe der aktuellen Transporter-Generation fahren fast alle mit Automatikgetrieben, die sich weitgehend selbst regulieren. Sie steuern die Kraftverteilung zu den beiden Achsen und zu jedem ad variabel, teils mit speziellen Kupplungen, teils per Bremseingriff. Der Fahrer muss sich hier praktisch um nichts kümmern. Insbesondere auf winterlichen Straßen mit schnell wechselnden Bedingungen, stellenweise Nässe, Schneematsch, Schnee, Eis und wieder trockener Fahrbahn reagiert die Regelelektronik in Sekundenbruchteilen – schneller, als der Fahrer es könnte. Das erhöht auf winterlichen Straßen und Wegen in nahezu allen Situationen die Fahrstabilität. Lediglich wenn sich das Fahrzeug tief im Schnee festgefahren hat, kann eine zusätzliche, manuell zu aktivierende Differenzialsperre, wie sie teils als Option angeboten wird, noch eine weitere sinnvolle Hilfe sein.

Rolle der Reifen bleibt entscheidend

Die Rolle der Reifen bleibt entscheidend, egal ob Zwei- oder Vierradantrieb. Winterreifen brauchen Campende auch mit Allradantrieb, wenn sie auf verschneiten Straßen, Feldern oder Campingplätzen sicher vorwärtskommen wollen. Das lässt sich am besten mit der Tatsache verdeutlichen, dass es beim Bremsen keinen Unterschied zwischen Zwei- und Vierradantrieb gibt. Mit Sommerreifen rutschen beide gleich schnell in den Graben. Dasselbe gilt für die Seitenführung der Reifen in Kurven. Es ist der Grip der Reifen, der das Wohnmobil in der Bahn hält. Winterreifen sind auf Eis und Schnee immer noch sicherer unterwegs, als die immer besser werdenden Ganzjahresreifen.

Winterreifen
Continental

Wer All-Terrain-Reifen (AT) bevorzugt, findet auch hier Exemplare mit offizieller Wintereignung und ansprechender Performance im Schnee. Auf nasser Fahrbahn sind die Hafteigenschaften von AT-Reifen allerdings oftmals spürbar schwächer.

Müssen Allradantriebe Schneeketten nutzen?Wenn das entsprechende Schild (Verkehrszeichen 268) am Straßenrand steht, müssen auch Fahrzeuge mit Allradantrieb Schneeketten anlegen – zumindest auf einer Achse. Welche Achse bevorzugt werden sollte, entnimmt man am besten der Betriebsanleitung des Fahrzeugs. Übrigens: Entgegen anderslautender Hinweise, ist das in Österreich und der Schweiz nicht anders. Auch hier verpflichtet das entsprechende Verkehrszeichen alle Fahrzeuge zum Anlegen von Ketten, außer ein spezielles Zusatzschild nimmt 4×4-Antriebe davon aus.

Verfügbarkeit hängt vom Basisfahrzeug ab

Das hängt in erster Linie vom Basisfahrzeug ab. Wenn der Hersteller dafür keinen Allradantrieb vorgesehen hat, ist es in der Regel nachträglich kaum, oder nur mit erheblichem finanziellen Aufwand möglich, aus dem 2‑WD‑ einen 4‑WD‑Antrieb zu machen. Oftmals erlischt dabei, zumindest in Teilen, die Herstellergarantie. Wer sich ein Wohnmobil mit Allradantrieb kaufen will, sollte dies am besten von Anfang an in die Suche einbeziehen.

AllradnachrüstungWer sich informieren möchte, ob und zu welchen Konditionen ein vorhandenes Fahrzeug nachträglich zum Allrad aufgerüstet werden kann, findet eventuell bei folgenden Spezialanbietern eine Möglichkeit: Achleitner, Dangel, Iglhaut, Oberaigner, Xtremobility.

Grundsätzlich kann man sagen: Je kleiner ein Campingbus- oder Wohnmobil-Modell, desto größer ist die Chance, es auch mit Allradantrieb kaufen zu können. Eine Ausnahme bilden allerdings die großen Fernreise- und Expeditionsmobile auf ausgewachsenen Lkw-Chassis, die meist mit Allrad verfügbar sind.

Spacecamper Classic+ New Caravelle, Campervan
Jürgen Bartosch

Beginnend bei den kompakten Aufstelldachcampern sind hier die wichtigsten Basisfahrzeuge als 4 × 4 verfügbar: der

  • VW Multivan
  • VW Transporter/Caravelle
  • Mercedes Vito/V-Klasse
  • Ford Transit Custom

In der 3,5-t-Klasse gibt es einen Werksallrad prinzipiell für den Ford Transit, den Mercedes Sprinter, den VW Crafter/MAN TGE und den Iveco Daily. Hier wird die Sache allerdings etwas komplizierter, denn die Allradoption ist jeweils nur für einen Teil der verschiedenen Basisfahrzeug-Konfigurationen verfügbar.

Nicht zum 4 × 4 aufrüsten lassen sich die vorderradgetriebenen Versionen von Ford Transit, Mercedes Sprinter, VW Crafter und MAN TGE. Da viele Reisemobil-Aus- und Aufbauer genau auf diese Varianten setzen, fehlt hier in den Sonderausstattungslisten der Allradantrieb. Selbst bei Modellen, die standardmäßig schon den Heckantrieb nutzen, und damit die grundsätzliche Voraussetzung bieten, ist teils kein Allrad bestellbar. Dann bietet der Basishersteller den Vierradantrieb nur für bestimmte Gewichtsvarianten an, oder der Aufbauhersteller sieht dafür keine Nachfrage.

Welche Wohmobile mit Allradantrieb gibt es?

Allradfans haben unter den Kompaktcampern und Campingbussen die größte Auswahl an 4×4-Modellen. Bei den Kastenwagen ist diese Option besonders häufig bei den ausgebauten Mercedes-Sprintern zu finden. Dieses Basisfahrzeug dominiert auch bei den teilintegrierten und Alkoven-Wohnmobilen mit Allradantrieb. Vereinzelt gibt es aber auch Modelle auf Ford Transit AWD, VW Crafter 4motion und MAN TGE 4x4. Integrierte mit Allradantrieb gibt es allenfalls als Individualfahrzeug.

Greenlander Sherpa
Greenlander

Teilintegrierte und Alkovenmodelle mit Allradantrieb finden sich vor allem bei folgenden Wohnmobilherstellern:

  • Hymer
  • Knaus
  • Dethleffs
  • Eura Mobil
  • La Strada

Außerdem gibt es eine Reihe von Spezialanbietern, die Wohnmobile mit 4×4-Antrieb aufbauen:

  • Bimobil
  • Dopfer
  • Rhön Camp
  • Robel Mobil
  • Woelcke