Mit diesem Allrad-Camper und seinem aufblasbaren Auffstelldach tritt scheinbar ein neues Zeitalter an. promobil konnte bereits eines der ersten Exemplare des Hymer Venture S einem Kurztest unterziehen.
Mit diesem Allrad-Camper und seinem aufblasbaren Auffstelldach tritt scheinbar ein neues Zeitalter an. promobil konnte bereits eines der ersten Exemplare des Hymer Venture S einem Kurztest unterziehen.
Der Hymer Venture S war einer der Stars des Caravan Salons 2022. Dabei waren nicht wenige skeptisch, ob Hymer tatsächlich die spektakuläre Studie Vision Venture von 2019 in ein bestellbares Serienprodukt verwandeln könnte.
Nun ist der Venture S also da und ist nicht nur in der Grundidee, sondern auch in vielen Details erstaunlich nahe dran am damaligen Messeexponat. Freilich blieben auch ein paar Besonderheiten auf der Strecke, wie die fast unsichtbar verbreiterte Front, die aber angesichts der großen technischen Herausforderungen zu wenig Vorteile versprach. Oder der temperaturregulierende Speziallack von BASF, der das ohnehin hochpreisige Fahrzeug nochmals deutlich verteuert hätte.
Dafür konnten aber auch noch ganz praktische Verbesserungen mit eingearbeitet werden. Beispielsweise wuchs das Fahrzeug um rund zehn Zentimeter in die Länge. Neben weiteren Optimierungen wurde so zwischen Sitzgruppe und Bad ein raumhoher, 30 Zentimeter breiter Kleiderschrank möglich, der das Stauraumangebot spürbar verbessert. Ein anderes Beispiel sind die Airline-Schienen an der Heckklappe, die mit passenden Trägersystemen bestückt den Transport von Fahrrädern und anderen Sportgeräten ermöglichen.
Der Hymer Venture S ist ein Teilintegrierter, der manche Ansätze aus anderen Reisemobilarten aufgreift und sie zusammen mit eigenen Ideen zu etwas wirklich Neuem verbindet. Ein Beispiel dafür ist die Hecksitzgruppe: Sie gilt als besonders gemütlich und komfortabel.
Der Venture S würzt das Ganze zudem mit einer Extraportion Aussicht und Luftigkeit nach: Die Echtglas-Panoramafenster wölben sich um die hinteren Aufbauecken herum; das große Heckfenster lässt sich weit aufstellen.
Die Heckklappe verwandelt sich geöffnet in eine Veranda, inklusive ausziehbarer Außentreppe. Mit echtem Bambus belegt wird die Klappe zum exklusiven Sonnendeck wie auf einer Luxusyacht. Falls der Sitzgruppentisch im Weg ist, kann er mit ein paar Handgriffen zusammengeklappt, abgesenkt und unter die rechte Bank geschoben werden. Etwa wenn Surfboards im Gang transportiert werden sollen. Dafür gibt es vier Zurrösen am Boden.
Die Wände an der Sitzgruppe und in der Küche sind mit Holzdekor-Paneelen verkleidet, die durch schwarze Aluschienen unterbrochen sind. Diese "Nadelstreifen" sind aber nicht nur für die Optik gut; in den Schienen lassen sich verschiedene Zubehörteile befestigen – ob Haken, Gewürzstreuer oder Ablageschalen in der Küche oder Lautsprecher, Minibeamer und Leinwand in der Sitzgruppe.
Die Küchenarbeitsplatte ist mit einem speziellen Material belegt, das sich seidig weich anfühlt, aber trotzdem kratzfest ist, Fingerabdrücke verhindert und antibakteriell wirkt. Falls es an Arbeitsfläche mangelt, kann zudem eine stabile Schublade ausgezogen und ein Schneidebrett aufgelegt werden – fertig ist die Winkelküche. Der 115-Liter-Kompressorkühlschrank ist in die Küchenzeile integriert.
Besonders pfiffig: Nach vorn ist die Küche mit der Dachbetttreppe verschachtelt und bietet einiges an Stauraum in größeren und kleineren Fächern. Während bei Campingbussen mit Aufstelldachbett meist eine wenig komfortable Aluleiter erklettert werden muss, steigt man im Hymer Venture S gemessenen Schrittes in die Dachmansarde hinauf.
Zuvor muss lediglich ein Taster am Kompressor angetippt werden, dann füllen sich die luftmatratzenartigen Wände, und die Dachschale reckt sich in den Himmel. Wer sich übrigens wie Majestix ängstigt, dass ihm plötzlich der Himmel auf den Kopf fallen könnte, dem versichert der Hersteller: Die Wände sind aus extrem stabilem Textilmaterial, ähnlich wie Airbags, aber sollte trotzdem mal ein Leck auftauchen, gibt es zur Sicherheit zwei Luftkammern.
Auch die Matratze im Dachbett hat neben Kaltschaumlagen noch eine Luftkammer integriert. So kann sie per Handy-App gesteuert, weicher oder härter aufgepumpt werden. Die Liegefläche ist üppige 2,10 Meter lang und 1,48 Meter breit. Am Fußende verjüngt sie sich jedoch auf 80 Zentimeter wegen des Treppenaufstiegs. Hier finden sich auch ein Ablagebrett für Brille und Bettlektüre, ein Mehrfachlichtschalter sowie 230-Volt-, 12-Volt-, USB-A- und USB-C-Steckdosen.
Am Kopfende des Dachbetts, wo die Kopffreiheit stattliche 1,50 Meter erreicht, gibt es ein großes Folienfenster, das man zum Lüften und Herausschauen öffnen kann. Auch ein Fliegengitter ist vorhanden und zudem eine Thermomatte für den Einsatz im Winter.
Waschbecken, Spiegel, Kassettentoilette, Fenster und Hängeschrank sind in dem eher kompakten Raum geschickt platziert – zum Duschen ist es aber zu eng.
Wenn man nach dem Aufstehen die Treppe hinunterschreitet, wartet direkt gegenüber das Bad zum Frischmachen. Darum gibt es einen cleveren, doppelten Umbaumechanismus. Zum einen schwenkt die Waschtischwand über die Toilette, zum anderen lässt sich die Badfrontwand in den Gang ausziehen, sodass sich die Tiefe der Dusche tatsächlich von 41 auf 82 Zentimeter verdopppelt. Eine eigene Duscharmatur und zwei Ablageschalen für Duschgel und Waschlappen vervollständigen die Ausstattung.
Neben dem Kleiderschrank mit Schuhauszug und der Schublade in der linken Sitztruhe steht über dem Fahrerhaus noch ein großes, offenes Fach mit drei Filzkörben zur Unterbringung von Reiseutensilien bereit.
Praktisch ist zudem der schlanke, hohe Schrank zwischen Beifahrersitz und Aufbautür. Im unteren Fach ist der Kompressor für das Aufstelldach installiert. Aus dem oberen lässt sich eine kleine Tischplatte ausklappen als eine Art Minischreibtisch, etwa um schnell mal die E-Mails auf dem Notebook zu checken.
Auf eine Heckgarage muss man wegen des speziellen Modellkonzepts verzichten. Es gibt aber drei kleinere Außenfächer. Das eine rechts hinten ist jedoch von der Fünf-Kilo-Gasflasche belegt, die den Kocher versorgt. Außerdem ist hier der Einfüllstutzen für das Frischwasser integriert. Im Fach links hinten können Zubehörteile untergebracht werden. Zudem ist darin eine Außendusche und der Netzstromanschluss installiert. Das größte Staufach findet sich links hinter einer Schürzenklappe, aber auch hier passen allenfalls Faltcampingmöbel hinein.
Der Aufbau ist in der hymer-typischen PUAL-Bauweise konstruiert. Wie bei der verwandten ML-T-Baureihe gibt es keinen Doppelboden, aber abgesenkte, isolierte Fächer für die Wasserinstallationen.
maximal 5 Punkte
Betten: 3,5
Sitzgruppe: 4
Küche: 3,5
Sanitärräume: 3,5
Möbelbau: 5
Die Mercedes-Sprinter-Basis ist serienmäßig mit fast allem ausgestattet, was die Preisliste hergibt. Trotzdem sind 225.000 Euro für den Hymer Venture S eine stattliche Stange Geld.