Eine der größten Freiheiten beim Reisen mit dem Wohnmobil ist wahrscheinlich die Wahl des Reiseziels. Freistehen in Skandinavien? Kein Problem, wir haben eine Toilette und eine Dusche an Bord – in einem kompakten Camper auf Ford Tourneo-Custom-Basis wie dem Dreamer Cap Land, der als Dauertester die Redaktion mobilisiert!
Das eigentliche Problem: Wir haben nur ein verlängertes Wochenende geplant und die Wettervorhersage ist nicht sehr erfreulich. Nahezu überall oberhalb des 45. Breitengrads wurde scheinbar schon der Herbst eingeleitet: Bewölkt, windig, nachts 10 Grad. Und wegen der Sommerferien wollten wir uns nicht in Richtung Italien oder Südfrankreich wagen – um die Gefahr zu umgehen, mehr Zeit im Stau zu verbringen als auf dem Campingplatz.
Nach langer Recherche in der Stellplatz-Radar-App haben wir uns entschieden, auf einen Campingplatz in Alf (ja, die Stadt heißt wirklich so) an der Mosel zu fahren – schade eigentlich, dann brauchen wir die integrierte Toilette und Dusche gar nicht. Freitagnachmittag machen wir uns auf den Weg von Stuttgart in Richtung Norden nach Rheinland-Pfalz.
Assistenzsysteme ‒ Fluch und Segen
Die Sitzposition fällt mir direkt positiv auf, in anderen Kastenwagen saß ich schon deutlich unbequemer. An der ersten Ampel geht der Motor sofort aus und beim Wechsel auf Grün geht beim Anfahren ein Ruckeln durchs ganze Fahrzeug – den Grund erfahren wir später.
Weiter unterwegs, raus aus Stuttgart, stößt selbst der disziplinierteste Mensch an seine Grenzen: Die Verkehrszeichenerkennung meldet sich mit drei markanten Pieptönen und einem blinkenden 10-km/h-Schild. Auf dem Tacho stehen 76 – bei erlaubten 80 km/h. Die Schildererkennung hatte die auf der Fahrbahn angebrachte Orientierungshilfe, dass man sich aktuell auf der B10 befindet, als Tempolimit interpretiert. An dieser Stelle die Kritik an den Basisfahrzeug-Hersteller: Bitte noch einmal nachbessern.

Der Camper passt ganz entspannt auf normale Parkplätze.
Bei einem Zwischenstopp gehe ich das Projekt "Assistenzsysteme" an: Die Einstellung geht nur über den Touchscreen. Ins Assistenten-Untermenü kommt man immerhin durch eine Schnellwahltaste unterhalb des Displays. Hier kann man die Start-Stopp-Automatik und die Auto-Hold-Funktion deaktivieren. Letztere war der Grund für das Anfahr-Ruckeln: Wenn Auto-Hold aktiviert ist, springt der Motor erst wieder an, sobald man auf Gas tritt. In einem weiteren Untermenü und nach Bestätigung einer Info-Meldung lässt sich das Piepen bei Übertreten des Geschwindigkeitslimits ausschalten.
So fährt sich der Dreamer Campervan
Auf der Autobahn beschleunigt der Dreamer ausreichend schnell und das Automatikgetriebe schaltet die Gänge sauber durch. Bodenwellen werden gut weggefedert und ich höre kein Scheppern oder Quietschen von den Möbeln. Auch die Schubladen bleiben alle geschlossen – nachdem der Hersteller die magnetischen Verschlüsse noch einmal nachjustiert hatte.
Am entspanntesten fährt sich der Dreamer zwischen 100 und 120 km/h. Fährt man auf unbegrenzten Autobahn-Abschnitten deutlich schneller, fängt der Kastenwagen schnell an, sich bei Bodenwellen aufzuschaukeln. Die Lenkung ist angenehm direkt, das Lenkrad liegt mit seiner großzügigen Polsterung gut in der Hand und auch die Bedienung mit haptischen Lenkradknöpfen geht gut von der Hand.
Praxis-Test auf dem Campingplatz

Die Verwandlung in den Camping-Modus geht blitzschnell.
In Alf angekommen, melden wir uns am Check-in-Automaten an und öffnen die Schranke zum Campingplatz via Zahlencode. Auf der Parzelle ist der Wohn-Modus schnell aufgebaut: Aufstelldach aufklappen, Vordersitze drehen, fertig. Mit hochgeklapptem Dachbett entsteht eine Stehhöhe, von der viele andere Reisemobile nur träumen können. Dadurch, dass das Aufstelldach an der Frontseite angeschlagen ist, muss man nicht über die Vordersitze klettern, um ins obere Bett zu gelangen – allerdings versperrt die Leiter den Weg ins Fahrzeugvordere.
Im Bett angekommen, liegt man bequem auf Tellerfedern. Das größte Manko jedoch: Das untere Viertel der Liegefläche ist nicht mehr tellerunterfedert, sondern besteht aus einer Schaumstofffläche. Dadurch entsteht eine deutlich spürbare Kante auf Höhe der Beine und der untere Teil ist vergleichsweise hart.

Unangenehm: ein Teil des Bettes ist mit Schaumstoff gepolstert.
Nachts macht sich der angekündigte Herbst bemerkbar: Bei neun Grad Außentemperatur kommt die spärliche Isolierung der Zeltwände an ihre Grenzen, wodurch es recht kalt im oberen Bett wird. Mit der Kraftstoffheizung kann man hier gut gegensteuern, ohne sich Gedanken um leere Gasflaschen machen zu müssen.
Nix für Sitzriesen
Nach zwei Nächten und mehreren kleinen Ausflügen rund um Alf machen wir uns wieder auf den Rückweg. Nachdem das Aufstelldach eingeklappt und die Vordersitze zurückgedreht sind, setze ich mich testweise auf die Rücksitzbank: Hier ist von der Kopffreiheit leider nichts mehr zu spüren; Sitzriesen sollten sich also auf jeden Fall einen der vorderen Plätze reservieren.
Den Abwassertank leeren wir an der V/E-Station auf dem Campingplatz: An den Gully fahren, Hebel ziehen, ablaufen lassen, fertig. Das Sanitärkonzept gefällt mir im Dreamer richtig gut. Die Kassettentoilette ist fest im Heck verbaut, wodurch sich schnell ein kleines improvisiertes Heckbad aufbauen lässt. Mit Boiler, Duschvorhang und Ablauf könnte man sogar im Fahrzeuginneren duschen.