Fast alle Basisfahrzeuge für Reisemobile warten in diesem Jahr mit neuen Motoren auf. Kein Wunder, denn schließlich müssen leichte Nutzfahrzeuge ab Herbst die strengere Euro-6-Norm erfüllen. Da machen auch Ford Transit und Transit Custom keine Ausnahme. Doch bei Ford ist der Schritt viel mehr als eine Routineübung. Dort hat man die Euro-6-Hürde frühzeitig zum Anlass genommen, eine von Grund auf neue Dieselgeneration zu entwickeln. Mit den Ford-intern Panther getauften Motoren soll der Transit zum großen Sprung ansetzen.
Da erscheint es nur passend, dass der erste so motorisierte Transit Custom mit Nugget-Ausbau von Westfalia tiefschwarz lackiert vor uns steht. Ein Hinweis auf den Panther-Motor ist das logischerweise nicht. Vielmehr lassen sich alle Euro-6-Transit an einer schmalen Chromleiste unterhalb des vorderen Nummernschilds erkennen. Davon abgesehen hält sich der technisch erneuerte Ford mit optischen Änderungen zurück. Auch der Fahrerplatz wirkt rundum vertraut. Schließlich ist die aktuelle Transit-Generation samt allen Varianten kaum drei Jahre auf dem Markt und zählt zu den modernsten Transportern in ihrem Segment.
Den Fortschritt unterm Blech bemerkt man dagegen sofort, wenn man den Zündschlüssel dreht. Der Panther hat eine andere Tonlage als sein Vorgänger. Schon im Kaltlauf macht er durch seine dezente Geräuschkulisse klar, dass hier kein nerviges Nageltier unter der Haube kauert. Beim Anfahren klappt das Zusammenspiel von Gas und Kupplung gut; ohne nennenswertes Turboloch kommt der Nugget in Schwung und sprintet beim Tritt aufs Gas ab etwa 1300/min munter los.
Im ersten Prototyp stand uns die 130-PS-Ausführung zur Verfügung, die sich schnell als völlig ausreichend für nahezu alle Lebenslagen erweist. Subjektiv fühlt sich die mittlere von drei Leistungsstufen so kräftig an wie der bisherige 155-PS-Motor. Ein Blick in die technischen Daten zeigt den Grund dafür: Mit einem maximalen Drehmoment von 385 Nm erreicht er exakt das Niveau der bis dato kräftigsten Motorisierung.
Damit erschöpfen sich allerdings auch die Gemeinsamkeiten. Der von Ford entwickelte Panther läuft viel geschmeidiger als jener aus einer Zusammenarbeit mit dem französischen PSA-Konzern entsprungene Vorgängermotor. Er spricht außerdem spontaner aufs Gas an und bleibt auch bei höheren Drehzahlen angenehm leise.

Wirklich hohe Drehzahlen wird man dem Panther selten zumuten, denn der Transit Custom ist weiterhin recht lang übersetzt. Bei Tacho 130 liegen im sechsten Gang gerade einmal 2000/min an. Auch 150 km/h bei etwa 2500/min sind im Nugget mit dem neuen Triebwerk ein entspanntes Reisetempo. Der Motor tritt dann akustisch in den Hintergrund und mischt sich ins ebenfalls dezente Rauschen der sonstigen Fahrgeräusche. Vorbildlich klapperfrei und daher leise bleibt weiterhin der Westfalia-Ausbau.
Wenn man den bisher in dieser Leistungsklasse angesiedelten 125-PS-Motor kennt, stellt man zufrieden fest, dass man auf der Autobahn deutlich seltener zurückschalten muss. Sollte es an Steigungen doch einmal nötig sein, bereitet der Griff zum unverändert leichtgängigen Ganghebel keinerlei Mühe. Als weiteres Komfortplus steht demnächst ein vollwertiges Automatikgetriebe mit klassischem Drehmomentwandler zur Verfügung.
Souverän wirkt der Motor ebenso auf kurvigen Landstraßen, wo er die fahrerischen Qualitäten des Transit Custom gut zur Geltung bringt: Hier gefällt die präzise Lenkung ebenso wie der gute Kompromiss aus Fahrwerksdynamik und Federungskomfort. Letzterer sorgt für einen gewissen Ausgleich der harten Sitzpolster im Nugget.
Überdies verspricht Ford durch die neuen Motoren geringere Betriebskosten. Der Dieselverbrauch soll je nach Version um 8 bis 13 Prozent niedriger liegen als bisher; die Inspektionsintervalle werden auf 60 000 Kilometer oder zwei Jahre erweitert.
Wohl auch deshalb spricht man in der Marketingabteilung von Ford nicht – wie entwicklungsintern – vom Panther, sondern von EcoBlue-Motoren. Blue steht dabei für die besonders effiziente Abgasreinigung mit SCR-System (Selective Catalytic Reduction). Sichtbar für den Fahrer wird diese Technik durch einen zusätzlichen Einfüllstutzen für den Adblue-Tank, der 21 Liter fasst. Weil die zusätzlichen Komponenten zusammen etwa 40 Kilogramm wiegen, hat Ford konsequenterweise das Gesamtgewicht des Nugget von 3100 auf 3140 Kilogramm aufgestockt.
Mit dem neuen Motor gelangt außerdem noch mehr aktuelle Pkw-Technik in den Transit Custom. Beim Nugget ist ein Start-Stopp-System künftig serienmäßig. Ohne Aufpreis gibt es außerdem einen Seitenwindassistenten. Als begehrenswerte Optionen stehen modernisierte Radio-Navi-Systeme zur Auswahl, die mit elektronischen Hilfen kombiniert werden können, darunter eine praktische Fernlichtautomatik und ein Verkehrsschild-Erkennungssystem – ganz wie in hochwertigen Pkw.

Interview mit Bernhard Schmitz
promobil war traf sich zum Interview mit Bernhard Schmitz, Leiter Nutzfahrzeuge der Ford-Werke, Sven Ludwig, Nutzfahrzeug-Marketing-Leiter, und Torsten Wagner,
Verkaufsrepräsentant Aufbauhersteller.
Der neue 2,0-L-TDCi Ford EcoBlue wurde von vorneherein für strenge Abgasstandards entwickelt. Mit dem SCR-System verfügt er heute über eine anerkannt effiziente Abgasreinigung, die Stickoxide auch im praktischen Fahrbetrieb wirksam reduziert. Mit weiteren Entwicklungsstufen wird dieser Motor auch zukünftigen Abgasnormen gerecht.
Die Neuentwicklung und die zusätzlichen technischen Komponenten verursachen zwangsläufig Mehrkosten. Wie hoch der Mehrpreis für Endkunden tatsächlich ausfällt, hängt letztlich vom Markt und auch von der Kalkulation des Reisemobilherstellers ab. In jedem Fall bekommt der Endkunde durch den neuen Motor einen echten Mehrwert, weil Leistung und Drehmoment gesteigert wurden und gleichzeitig der Verbrauch signifikant reduziert wurde. Darüber hinaus ist der Motor erheblich leiser geworden – 4 dB (A) im Stand. Käufer haben nun zudem eine Möglichkeit zu sparen, indem sie die neue Leistungsstufe mit 105 PS nutzen, deren Drehmomentwert den des bisherigen 125-PS-Motors sogar übertrifft.
Wir gehen von einer Reichweite von etwa 10 000 Kilometern aus, die auch lange Reisen ohne Nachfüllen von Adblue ermöglicht. Lediglich bei sehr häufigen Fahrten im Stadtverkehr, die bei Reisemobilen ja selten sind, können sich die Intervalle verkürzen.
Wir sind weiterhin mit vielen Herstellern im Gespräch und arbeiten an aktuellen Angeboten. Auch das Konzept des Nugget ist mit den beiden aktuellen Varianten noch nicht ausgereizt. Lassen Sie sich überraschen.
Die Sechsstufenautomatik geht noch in diesem Jahr in die Produktion. Wir gehen davon aus, dass die ersten Reisemobile damit im Frühjahr 2017 ausgerüstet werden können. Dabei rechnen wir mit einer lebhaften Nachfrage, weil die neue Automatik als echtes Wandlergetriebe speziell den Komfortbedürfnissen von Reisemobilfahrern entgegenkommt.