Große Reifen auf schicken Alus sehen auch auf Reisemobilen toll aus. Was bringt eine Umrüstung auf 18-Zoll-Räder? Wir haben’s getestet.
Große Reifen auf schicken Alus sehen auch auf Reisemobilen toll aus. Was bringt eine Umrüstung auf 18-Zoll-Räder? Wir haben’s getestet.
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Wer heute einen Golf kauft und ihn etwas sportlicher konfiguriert, landet schnell bei Reifen und Felgen mit 17 oder gar 18 Zoll. Die Ausstattungsgewohnheiten haben sich diesbezüglich wesentlich gewandelt. Die Tendenz geht klar zu größeren Gummis, auch weil diese fahrdynamisch Vorteile bieten. Zumindest theoretisch; unsere Tests zeigen, ob die Praxis das bestätigt.
Beim Golf unter den Reisemobilen, dem Fiat Ducato, sind 16 Zoll ab Werk das Maximum. Standard beim Maxi, gibt es seit dem Wechsel zum X 290 auch für die Light-Versionen bis 3,5 t Gesamtgewicht eine Leichtmetallfelge dieser Größe mit Reifen in der tragfähigen Dimension 225/75 R16.
Wer größere Räder möchte, ist auf den Zubehörhandel angewiesen. Neben Borbet bietet auch ORC sowohl für Light- als auch für Maxi-Fahrgestelle und -Kastenwagen einausreichend belastbares 18’’-Leichtmetallradan. Um zu testen, wie sich das Fahrverhalten damit im Vergleich zur Original-Bereifung ändert, montieren wir die ORC-Räder auf unseren Dauertest-Globecar. Auf den ersten Blick ungewohnt,erscheinen die Größenverhältnisse zwischen Rad und Auto auf den zweiten harmonisch. Das Fünf-Speichen-Design, erhältlich in drei Farben, sorgt für einen sportlichen Auftritt, ohne aufdringlich zu wirken. Optisch ein Gewinn, zumal der Globecar als Ducato 35 Heavy bereits üppig aufgemuskelte Radläufe hat. Beim 33/35 Light müssten zusätzlich Kotflügelverbreiterungen montiert werden, damit die Räder nicht über die Karosserie überstehen.
Aus langjähriger Erfahrung empfiehlt ORC als Bereifung den Continental Cross-Contact LX 2 in der Dimension 255/55 R 18, ein Ganzjahresreifen, der auch bei SUV wie Porsche Cayenne oder VW Touareg verwendet wird. Damit steht der Globecar im Vergleich zu den original Michelin Agilis Camping der Größe 225/75 R 16 eine ganze Spur stämmiger da. Der Abrollumfang dagegen ist bei den 18-Zöllern rund zwei Zentimeter kürzer.
Da der Conti Cross-Contact eine geringere Tragfähigkeit hat als der klassische Van-Reifen von Michelin, müssen beim Maxi die zulässigen Achslasten auf 2.060 kg begrenzt werden; die erlaubten Achslasten des Light-Chassis liegen dagegen unter dieser Marke. Jedes Mobil sollte vor der Umrüstung dennoch unbedingt – am besten radweise – gewogen werden. Bei unserem 3.150 Kilo schweren Globecar bleiben gute Reserven von 480 Kilo an der Hinter- und 490 an der Vorderachse.
Der Conti federt merklich geschmeidiger als der steifere Camping-Pneu. Das liegt zum einen an der weicheren Konstruktion des Reifens, der den Fahrkomfort ebenso beeinflusst wie Federn und Stoßdämpfer. Zum anderen daran, dass die 18-Zoll-Räder mit einem viel niedrigeren Luftdruck bewegt werden können. Die Tests fahren wir im leeren Zustand abhängig vom Realgewicht mit 2,4 Bar vorn und 2,6 hinten. Ein himmelweiter Unterschied zum Original-Rad, das wir auf 4,5 Bar aufpumpen.
Auch wenn der Sprint von 0 auf 100 km/h sicher nicht die Standarddisziplin von Reisemobilfahrern ist, ergibt sich beim Test ein leichter Vorteil zugunsten der 18-Zöller. Eine Sekunde gewinnen die größeren Reifen zudem bei der Elastizitätsmessung von 60 auf 100 km/h im fünften Gang. Sportlich ambitionierte Fahrer werden diese Randnotiz wohlwollend zur Kenntnis nehmen.
Naturgemäß ist die Kontaktfläche des Breitreifens größer als beim 225er. Anders als erwartet genügt der kleine Unterschied aber nicht, den Bremsweg bei unseren Messungen signifikant zu verkürzen. Vielmehr kann man die minimale Positivtendenz zugunsten der 18-Zöller auch als Kompliment an den deutlich älteren M+S-Reifen von Michelin lesen.
In Sachen Fahrdynamik ermitteln wir beim Slalom kaum Vorteile für die 18-Zöller. Trotz der verbreiterten Spur, bedingt durch die kleinere Einpresstiefe der Felgen, sind die Unterschiede zur Original-Bereifung marginal. Allerdings sehen die Contis schon nach wenigen Runden arg malträtiert aus, während die Michelin von der starken Beanspruchung ziemlich unbeeindruckt bleiben.
Die vermutete Anfälligkeit für Spurrinnen durch den sich weiter ins Positive verschiebenden Lenkrollradius bleibt nahezu aus. Nur dezent stärker als zuvor läuft der Conti Furchen auf der Autobahn nach. Mehr als mit den 16-Zoll-Rädern wirken bei 18-Zoll-Bereifung Kräfte aufs Lenkrad, was der Fahrer indes eher positiv als Rückmeldung von der Straße empfindet denn als störenden Richtungsimpuls. An der Fahrstabilität gibt es nichts auszusetzen.
Also was bringt die Umbereifung auf 18-Zoll-Räder? Auf den Punkt gebracht: was fürs Auge. Und für den Popo.
promobil-Testwertung von Chefredakteur Dominic Vierneisel:
"Mehr als coole Optik"
Nicht nur ästhetisch sind die 18-Zöller ein Gewinn für den Dauertestwagen. Auch die Fahreigenschaften der montierten 255/55 R 18 sind der Original-Bereifung in einigen Punkten überlegen. Klar sindmarginal bessere Fahrleistungen und theoretische Dynamikvorteile nur für die wenigsten Fahrer wirklich relevant. Entscheidend ist aber aus meiner Sicht das Komfort-Plus, das Fahren auf großem Fuß angenehmer macht. Die geringere Traglast wirkt sich beim Maxi-Chassis geringfügig aus, beim Light-Chassis, wo meistens ebenfalls Reifen mit Lastindex 109 montiert sind, gar nicht. Meiner Meinung nach gute Gründe für die 18-Zöller. Doch ganz günstig ist das Vergnügen nicht.
Welche Reifen sind zulässig? Bei Änderungen der Radreifen-Kombination an einem Fahrzeug sind bestimmte Kriterien und Vorgaben des Fahrzeugherstellers und Gesetzgebers einzuhalten. Besonders der Abrollumfang der neuen Räder sollte nicht zu stark vom Original abweichen; andernfalls ist eine Tachoangleichung notwendig. Ein breiterer Reifen muss also ein kleineres Flankenverhältnis haben. Liegt vom Felgenhersteller ein Teilegutachten für das Basisfahrzeug vor, ist die Eintragung der neuen Räder in die Papiere reine Formsache. Mit einer Einzelabnahme beim TÜV (ca. 85 Euro) lassen sich auch abweichende Radgrößen realisieren. Dabei werden unter anderem Einpresstiefe und Tragfähigkeit der Felge sowie die Freigängigkeit des Reifens im Radhaus geprüft.
Wie misst man Fahrkomfort? Das Popometer ist immer noch unverzichtbar für die Beurteilung des Fahrkomforts. Schließlich ist entscheidend, was Fahrer und Beifahrer im Hintern spüren. Neben etlichen Testkilometern auf der Straße führten wir – mit Unterstützung von Fahrwerksspezialist Goldschmitt – ergänzend Messungen mit einem sogenannten Beschleunigungssensor durch. Dieser ermittelt genauestens kleinste Auf- und Abbewegungen des Fahrzeugs.