Neureuther Multicamper vs. Terracamper Tecamp
Offroad-Camper im Vergleichstest

Aufstelldach-Campingbusse überzeugen durch flexiblen Einsatz im Alltag wie auch im Urlaub. Noch mehr begeistern die Offroad-Camper, wie der Neureuther auf VW T6  und Terracamper auf Mercedes Vito 4x4.

Aufstelldach-Campingbusse überzeugen durch flexiblen Einsatz im Alltag wie auch im Urlaub.
Foto: Jacek Bilski

Die beiden schlammverschmierten Campingbusse rollen zurück in die Stadt. Passanten bleiben spontan stehen und lächeln. Seltsam. Wenige Stunden zuvor nahm kaum jemand Notiz von ihnen – in glänzendem Schwarz und Grau. Mit dem Auto ins Gelände zu fahren und im Matsch zu wühlen scheint insgeheim ein Traum vieler zu sein. Und tatsächlich lässt sich ein Grinsen im Gesicht kaum vermeiden, wenn man mal die Grenzen eines Offroad-Mobils in passendem Gelände ausloten darf. 

Beim VW Transporter hat die Allradvariante lange Tradition. Sie startete bereits mit dem T2. Aber spätestens mit dem legendären T3 Syncro wurde der Bulli zum Vehikel für Fernwehgeplagte. Im neuen T6 ist der 4motion-Allrad inzwischen ein Extra wie viele, das man mitbestellen kann, ohne es dem Fahrzeug gleich anzusehen. Doch das lässt sich mit weiteren Optionen wie großen Rädern und Höherlegung ändern. Ähnliches gilt für den Vito 4x4. Beim Mercedes-Transporter reicht die Allrad-Geschichte zwar noch nicht so lange zurück, dafür ist seine Regelungselektronik um so ausgetüftelter. 

Doch zurück in den Steinbruch, wo sich die beiden Busse mal richtig austoben dürfen. Damit dies ohne Probleme funktioniert, wird der T6, neben dem Allrad, auch noch von der werkseitigen Hinterachsdifferenzialsperre, einem Luftansaugschnorchel, Unterfahrschutzplatten und einer Höherlegung um 50 Millimeter von Offroad-Spezialist Seikel unterstützt. Für den Grip sorgen Allterrain-Reifen von BF Goodrich, aufgezogen auf spezielle Beadlock-Felgen von Hutchinson. Dieser, ursprünglich für den militärischen Einsatz entwickelte Felgentyp hat – außer dem martialischen Aussehen – vor allem den Vorteil, dass er etwa auf Sand das Fahren mit extrem niedrigem Luftdruck ermöglicht. 

Der Vito 4x4 ertüchtigt sich zusätzlich durch ein aufwendiges Vollluftfeder-Fahrwerk an Vorder- und Hinterachse von VB Airsuspension. Es verbessert nicht nur den Fahrkomfort auf der Straße, sondern ermöglicht eine Anhebung der Bodenfreiheit um 60 Millimeter, ebenso wie eine Absenkung um 60 Millimeter für niedrige Tiefgaragen. 

Beide Niveaus sind nur für langsame Fahrt bis Tempo 45 bzw. 15 möglich. Dann wechselt die Steuerung selbsttätig in die Normalstellung. Zudem gibt es ein um 30 Millimeter abgesenktes Sport-Niveau, und auch automatisches Nivellieren im Stand ist möglich. 

Auf den Original-Alufelgen sind Grabber-AT-Reifen von General aufgezogen, ein typisches Mischprofil für SUV, das sowohl auf Asphalt wie abseits davon eine passable Figur macht. Als weitere Offroad-Insignien verpasst Terracamper dem Vito zwei potente LED-Strahler über der Windschutzscheibe und einen robusten, spezialangefertigten Heckträger für Ersatzrad, Packtasche und Fahrräder. 

Tiefe Kuhlen und steile Berge – kein Problem für den T6

Beim Klettern über die Felsen oder beim Pflügen durch die Matschkuhlen vermitteln die großen Räder mit grobstolligem Profil dem T6-Piloten ein Gefühl der Unverwundbarkeit. Zusammen mit der Differenzialsperre zieht der T6 auch dann noch stoisch aus dem Schlamassel, wenn der Vito mit der Mischbereifung und der elektronischen Sperrwirkung durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder etwas mehr wühlen muss. 

Auf dem Testparcours fuhr sich aber keiner der beiden Busse wirklich fest. Zugute kommt dem Vito dabei in der Testkonfiguration seine Motor-Getriebe-Kombination: Mit dem 190-PS-Topmotor und der Siebengang-Automatik lässt sich ein besonders sanftes Anfahren realisieren. 

Der T6 mit 150-PS-Motor und Sechsgang-Schaltgetriebe tut sich da deutlich schwerer. Eine leichte Anfahrschwäche, die dem T6 ohnehin zu eigen ist, wirkt sich – verstärkt durch die großen Räder, die die Übersetzung verlängern – im Gelände nachteilig aus. Eine etwas sensiblere Beinarbeit ist hier nötig. Das optionale DSG-Getriebe wäre hilfreich.

Terracamper Tecamp

Beim Terracamper-Ausbau ist sofort zu erkennen, wofür er gemacht ist: Reisen abseits von Autobahnnetz und Komfort-Campingplatz. Die Möbel aus Alu-Vierkantrohren, Eckverbindern aus Kunststoff und Schichtstoffplatten sind so robust zusammengebaut, dass sie auch tausende Kilometer Waschbrettpiste klaglos überstehen. Die Einrichtung ist modular aufgebaut und damit flexibel einsetzbar: drinnen wie draußen, denn Terracamper-Kunden sind meist Naturliebhaber. Das Modell Tecamp ist speziell für eine Karosserie mit zwei Schiebetüren gedacht, denn dann lässt sich die Küche auch von außen bedienen. Der Zweiflammkocher, wahlweise mit Gas oder Spiritus befeuert, kann außerdem leicht entnommen und auf einem Campingtisch im Freien aufgebaut werden. 

Die 26-Liter-Kompressorkühlbox steht unten im Küchenblock auf einem Auszug und lässt sich sowohl nach innen wie nach außen herausziehen. Auch der, allerdings relativ bescheidene Stauraum inklusive des Abwasserkanisters unter der Spüle ist von beiden Seiten zugänglich. Fürs Spülen selbst gibt es zwei Becken: ein fest eingebautes aus Edelstahl und eine mobile Faltwanne für draußen. 

Als Armatur dient ein flexibler Brauseschlauch, der sowohl am Küchenblock als auch unter der Heckklappe an einer Wasserbuchse angeschlossen und an einem Halter befestigt werden kann. Die komplette Bordelektrik inklusive 90-Ah-Batterie ist hinten rechts im Sideboard untergebracht. Darüber ist das Kontrollbord eingebaut, das – klein, aber fein – selbst den Füllstand der Batterie als Balkendiagramm darstellt. 

Noch bequemer geht’s über das kleine Tablet, das vorn an dem Kasten in seiner Ladestation bereitsteht. Damit kann die komplette Bordtechnik kabellos überwacht und gesteuert werden. Die Lampen lassen sich damit sogar stufenlos dimmen, und selbst die Luftfederung kann aktiviert werden, um das Fahrzeug auf unebenem Grund zu nivellieren. 

Und auch das Heizsystem ist eingebunden. Verwendet wird eine Diesel-Warmwasserheizung, die zunächst den Motorkreislauf erwärmt, über einen Wärmetauscher im Heck aber auch Warmluft erzeugt und optional zudem noch warmes Brauchwasser erzeugen kann. Bequeme, konturierte Einzelsitze mit verstellbaren Lehnen, integrierten Gurten und Isofix-Ösen stehen für die Passagiere bereit. Sie werden in Bodenschienen eingesetzt und sind darin frei positionierbar. Nach Ausbau des Küchenmoduls kann der Tecamp auch leicht als Sechssitzer bestückt werden. Bis auf die Technikkästen seitlich im Heck sind alle Möbelteile ohne Werkzeug in wenigen Minuten entfernbar. 

Das untere Bett ist ebenso ein unabhängiges Modul. Braucht man Platz für Sportgeräte wie Surfboards, kann man die Sitze zu Hause lassen und dennoch das Bett aufbauen, denn es stützt sich hinten auf zwei seitliche Bügel und hängt vorn an vier Gurten, die in den Zurrschienen am Dachrahmen angebracht sind. Diese Zurrschienen finden sich praktisch überall – innen und auch außen am Fahrzeug. Sie dienen nicht nur ihrem nämlichen Zweck und der Fixierung der Möbelmodule, sondern auch zum Aufhängen verschiedenster Zubehörteile wie Zusatzlampe, Wäscheleine, Bestecktasche oder Tablethalterung. 

Als Liegefläche dient unten eine 50-mm-Schaumstoffmatratze auf Lattenrost. Wenn Dach und oberes Bett nicht aufgestellt sind, ist die Kopffreiheit jedoch eher knapp. Mehr Luftigkeit gewährt da das Dachbett mit bequemer punktelastischer Unterfederung. Ganz besonders „offen“ schlafen kann man, wenn man das markeneigene Open-Sky-Schlafdach ordert – mit großer Dachluke und freier Sicht auf den Sternenhimmel. 

Neureuther Multicamper

Ein modulares Konzept beim Ausbau verfolgt auch der Multicamper. Es gibt ihn in den drei Ausbaustufen Light, Medium und Large, wobei die Möbelteile jeweils in mehreren Varianten und vielen Dekors lieferbar sind. Das getestete Modell Adventure wendet sich dagegen mit seinem speziellen Außendesign und zahlreichen Offroad-Optionen von Spezialist Seikel gezielt an abenteuerlustige Kunden. 

Seine Ausbaumöbel unterscheiden sich jedoch nicht vom Modell Large und sind konventionell aus Sperrholzplatten gebaut. Generell wird dabei dem Einfachen, Funktionalen der Vorzug gegeben, gegenüber allzu aufwendigen technischen oder optischen Lösungen. Beispielsweise sind drei der vier Schrankfächer offen gestaltet. Gummibänder schützen beim Fahren den Inhalt vor dem Herausfallen. Das ist simpel zu bauen und leicht zu benutzen – sieht aber voll beladen nicht mehr so aufgeräumt aus. 

Die Aufteilung folgt dem klassischen Muster mit der Schrankzeile links und der Schlaf-Sitzbank daneben. Verglichen mit dem Klassenstandard VW California, ist die Möbelzeile allerdings schmaler gestaltet, sodass die Sitzbank etwas mehr Breite einnehmen und darum drei schlanke Gurtplätze bieten kann. Längere Strecken sind darauf aber kaum bequem zu absolvieren, weil die Schaumstoffflächen völlig unkonturiert sind und unter dem mittleren Polster die optionale Trockentoilette durchdrückt – ja, richtig gehört, für den Notfall liegen hier fest verschließbare Beuteleinsätze bereit. 

Das Umlegen der Bank zum bis zu 1,25 Meter breiten Bett geht mit etwas Übung gut von der Hand, wobei vorn noch zwei Stützfüße ausgeklappt werden müssen. Man liegt darauf ganz passabel, allerdings ohne Unterlüftung. Die gibt es in Form eines flachen Lattenrosts unter der dünnen Matratze (30 mm) im Dachbett. Das Highlight des Oberstübchens sind jedoch – bei Wahl der Grand-View-Version – die drei großen Öffnungen im Stoffbalg mit dem Vordach an der Frontseite, die das Gefühl vermitteln, mitten in der Natur zu liegen.

Die Küche des Multicamper ist relativ konventionell eingerichtet. Der Zweiflammkocher mit Glasabdeckung speist sich aus einer Fünf-Kilo-Gasflasche im Heck. Darunter findet sich eine praktische Schublade, und im Parterre ist ein 48-Liter-Kompressor-Kühlschrank eingebaut. Neben der Edelstahlspüle bleibt noch etwas Arbeits- und Abstellfläche.

Stauraum in Möbelzeile und Sitztruhe gibt es insgesamt etwas mehr als im Terracamper. Ähnlich wie im Vorbild California unterteilt die hochklappbare Bettverlängerung den Stauraum im Heck in einen Kofferraum darunter und eine praktische Ablage obendrauf. Das ist im Alltagsbetrieb ganz geschickt. Die fest verschraubten Möbel für größere Transportaufgaben komplett herauszunehmen ist hier nicht vorgesehen. 

40 Liter Frischwasser bunkert der Tank in der Möbelzeile, die sich nach Gebrauch im Unterflur-Abwassertank wieder sammeln können. Die Elektroausstattung umfasst drei 80-Ah-Batterien, eine Kapazitätsanzeige sowie ein fast unsichtbar auf dem Dach installiertes flaches Solarpanel. Vier LED-Spots beleuchten Küche und Sitzgruppe. Zum Lesen am Bett gibt es aber keine passende Lampe. Immerhin erhellen LED-Strips die Schrankfächer – praktisch und stimmungsvoll. 

Testfazit der beiden Offroad-Camper

Neureuther Multicamper Adventure

Der extrovertierte Abenteurer: Wer sich in Holzfällerhemd und zerschlissenen Jeans am wohlsten fühlt und das einfache Leben in der Natur liebt, dem sollte der Multicamper Adventure passen. Er zeigt seine Offroad-Ambitionen gerne her und ist dabei trotzdem eine ehrliche Haut, verspricht nicht zu viel, sondern begleitet seine Besatzung zuverlässig und mit Spaß durch Island oder Marokko. Der Ausbau macht dabei nicht viel Aufhebens um sich, ist recht gemütlich, funktional und bodenständig. Außer der Trockentoilette erwarten Campingbusfans sonst keine Überraschungen. 

 Gute Offroad-Tauglichkeit, günstigerer Preis, Möbelmodule individuell konfigurierbar, Sitzbank mit drei Gurtplätzen, relativ breites Bett unten, große Fenster im Aufstelldach, gewohnte Küchen- und Bordtechnik-Ausstattung, wohnlicher Ausbaustil. 

 Herkömmliche Möbelbauweise, die bei häufigem Offroad-Einsatz leiden könnte, relativ unbequeme Sitzbank, weniger komfortable Liegeflächen (oben und unten), fest eingebaute Möbel wenig flexibel. 

Terracamper Tecamp 

Der perfektionistische Alleskönner: Wer immer alles auf einmal haben möchte, wird sich schnell in den Tecamp verlieben. Es gibt kaum einen anderen Campingbus, der ähnlich überzeugend als sechssitziges Business-Shuttle, als Transporter beim Kleinumzug und als geländegängiges Ex- peditionsmobil auftreten kann. Die Möbelmodule scheinen für die Ewigkeit gebaut und die Bordtechnik-Steuerung per Tablet fasziniert Technikfans. Die dürften auch weder überrascht sein von den entsprechend höheren Preisen, noch sich stören lassen am technisch-kühlen Charme des Ausbaus. 

 Gute Offroad-, beste Allround-Eigenschaften, Möbelmodule individuell konfigurierbar, bis zu vier bequeme und sichere Einzelsitze einsetzbar, pistenerprobter Möbelbau, komfortabel gefederte Betten oben und unten, sehr flexibles, leicht herausnehmbares Mobiliar, aufwendige, moderne Bordtechnik-Steuerung. 

 Höherer Preis, funktionaler, wenig gemütlicher Ausbaustil, eher wenig Stauraum in Schränken und Fächern. 

Die Modelle im Überblick

Terracamper Tecamp 
Gurt-/Schlafplätze: 3/2 
Gesamtgewicht: 2800 kg 
Länge: 5,14 m 
Preis: ab 55.688 Euro 

Neureuther Multicamper 
Gurt-/Schlafplätze: 5/2 
Gesamtgewicht: 2800 kg 
Länge: 4,90 m 
Preis: ab 53.778 Euro 

Fazit

Nur mal angenommen ...

... das Finanzielle würde keine Rolle spielen, dann stünde einer dieser beiden Busse vor meiner Tür. Der Terracamper ist das Schweizer Taschenmesser unter den Campingbussen: unglaublich vielseitig einsetzbar, komfortabel zu fahren, sehr robust und durchdacht, dezent im Auftritt, aber – wenn nötig – trotzdem zupackend im Gelände.
Der Multicamper kehrt sein abenteuerlustiges Wesen mehr nach außen, macht jedem klar, dass ihm die Straße nicht genug ist. Der Ausbau ist vergleichsweise konventionell, relativ schlicht und funktional. Die Frage bleibt nur: Welchen nehmen? Vielleicht erleichtert die Wahl, dass beide Marken ihre Ausbauten für jeweils beide Basisfahrzeuge anbieten.