Sie liebten sich und hassten sich. Aktuell lieben sie sich wieder – notgedrungen? Fiat und die französischen PSA-Marken Citroën und Peugeot verbindet eine jahrzehntelange Geschichte der gemeinsamen Transporter-Produktion. 1978 gründeten sie ein Jointventure und das Werk Sevel Süd in Italien unter Fiat-Ägide für die großen Transporter. Später kam für die kleineren Vans ein zweites Werk, SEVEL Nord, in Frankreich unter PSA-Leitung hinzu.
Citroën fordert Fiat heraus im Camping-Segment
Letztere Zusammenarbeit ist bereits seit ein paar Jahren passé und auch in der Zweckehe für die "großen Kinder" kriselte es zunehmend. Seitdem vor allem Citroën preisaggressiv im Fiat-Revier Reisemobilbranche wildert, wurde immer wieder gemunkelt, dass auch hier die Scheidung droht.
Doch plötzlich ist wieder alles anders. Fiat, die sich vor ein paar Jahren mit Chrysler vermählten, und PSA, zuletzt wegen der Übernahme von Opel in den Schlagzeilen, wollen nun zum viertgrößten Autokonzern der Welt fusionieren. Die Zusammenarbeit auf allen Ebenen wird dann wohl von höchster Stelle verordnet.
Und was hat das mit der Wahl des Basisfahrzeugs bei meinem Reisemobil zu tun? Auf jeden Fall soviel, dass diese Kooperation nun sicher weitergeführt wird, wahrscheinlich sogar noch intensiver, und die Produkte womöglich irgendwann tatsächlich nur noch im Emblem auf dem Lenkrad und am Kühlergrill differieren.

Verschiedene Leistungsstufen und Getriebearten
Die aktuellen Unterschiede sind deutlich wesentlicher. In erster Linie betrifft es die Motoren. Seit letztem Herbst sind die Aggregate beider Hersteller nach Norm Euro 6 d-Temp zertifiziert und kommen damit beide nicht mehr ohne SCR-Kat mit Ad-Blue-Einspritzung aus. Dass es sich dennoch um jeweils eigene Konstruktionen handelt, zeigt sich schon am abweichenden Hubraum – 2197 ccm bei Citroën, 2287 ccm bei Fiat.
Die Franzosen basteln daraus drei Leistungsstufen. Den Citroën Jumper gibt es mit 120, 140 und 165 PS. Die Italiener spreizen die Skala noch ein Stück weiter mit vier Varianten zu. Der Fiat Ducato ist erhältlich mit 120, 140, 160 und 178 Pferdestärken. Für unseren Test haben wir die beliebten Versionen um 160 PS gewählt, die sich bei den typischen Sieben-Meter-Mobilen als souveräne Antriebseinheit anbieten.
Zum Antrieb gehört aber auch das Getriebe. Und da offeriert Fiat eine besondere Option, die für viele der wesentliche Grund ist, doch den Ducato statt des meist günstiger angebotenen Jumper zu wählen: das neue, "echte" Automatikgetriebe. Von dem eher ungeliebten automatisierten Schaltgetriebe hat sich Fiat zur letzten Modellpflege verabschiedet und ist auf eine klassische Wandlerautomatik von ZF mit neun Gängen umgestiegen.
Seitdem gibt es für Komfortfahrer bei Fiat eigentlich keinen Grund mehr gegen die Automatikoption – außer natürlich den happigen Aufpreis von mehr als 3000 Euro. Angeboten wird die Automatik nur in Kombination mit den beiden höchsten Leistungsstufen; der 160-PS-Motor stellt also die günstigste und vernünftigste Alternative dar für alle, die sich das Schalten sparen wollen – oder auch müssen, etwa durch eine körperliche Beeinträchtigung.

Der Vergleichstest bezieht beide Getriebevarianten mit ein. Auch in einem anderen Punkt unterscheiden sich die Testvehikel. Es handelt sich zwar jeweils um Teilintegrierte mit sieben Meter Länge, die inklusive Fahrer auf 3500 Kilo beladen wurden. Doch weil das Citroën-basierte Fahrzeug aus der Matrix-, das Fiat-basierte aber aus der schmaleren, flacheren Compact-Baureihe stammt, ist ein gewisser Einfluss der kleineren Querschnittsfläche etwa auf den Verbrauch nicht auszuschließen.
Deutliche Unterschiede in puncto Motoren
Der Charakter der beiden Motoren ist spürbar unterschiedlich, nicht nur was die Geräusche anbelangt – der Citroën klingt etwas heller, kerniger. Auch die Leistung entfaltet sich different. Der Ducato schiebt früher von unten heraus an, während der Jumper nach mehr Drehzahl verlangt. Das spiegelt sich auch in den technischen Angaben wider: Der Fiat-Motor erreicht seine Leistungs- und Drehmomentmaxima schon bei etwas niedrigeren Drehzahlen als das Citroën-Aggregat.

Beim Blick auf diese Werte zeigt sich auch, dass der Citroën zwar mit fünf PS mehr angegeben ist, der Fiat aber satte 30 Nm höher liegt – als Schalter sind es übrigens nur zehn. Beim Beschleunigen kommt der Citroën dennoch etwas zügiger aus dem Quark. Die Kraftübertragung durch den hydraulischen Wandler arbeitet eben doch etwas träger alsein versierter Testfahrer in Kombination mit einer klassischen Reibkupplung.
Bei den Messwerten für die Wiederbeschleunigung des Automatik-Fiat zeigt sich in der Tendenz aber schon, dass das höhere Drehmoment seine Wirkung nicht verfehlt. So oder so ist man mit beiden Antrieben bei Modellen dieser Größe und Gewichtsklasse aber leistungs- mäßig auf der sicheren Seite. Marginal sind die Unterschiede beim erreichbaren Spitzentempo. Drei Stundenkilometer mehr für den Fiat gehen eher aufs Konto der besseren Aerodynamik des schlankeren Adria Compact, die sich bei höherem Tempo zunehmend stärker auswirkt.
Fiat verbraucht weniger
Und beim Verbrauch? Bei beiden Testetappen konnte sich der Fiat einen kleinen Vorteil von 0,5 bis 0,8 Liter pro 100 Kilometer erarbeiten. Da der Unterschied auf der Autobahn-dominierten ersten Etappe sogar kleiner war als bei der mehr Landstraßenlastigen zweiten, scheint der Aerodynamikvorteil nicht allzu groß auszufallen, sondern der sparsamere Verbrauch vor allem durch die drehzahlsenkende Automatik und einen etwas effizienteren Motor bedingt zu sein. Von einem Mehrverbrauch, den man früher Wandlerautomatiken zuschrieb, ist bei diesem modernen Exemplar jedenfalls nichts zu erkennen.
Hat das tendenziell niedrigere Drehzahlniveau des Automatik-Fiat auch positive Auswirkungen auf die Geräuschkulisse? Die Messwerte zeichnen ein zwiespältiges Bild. Während im Stand und bei Tempo 50 der Citroën lauter ist, steigen die Dezibel-Werte des Fiat bei 80 und 100 km/h stärker an – höhere Geschwindigkeiten lassen sich auf der abgesperrten Strecke nicht erreichen. Der subjektive Eindruck sagt jedoch, dass sich bei Autobahntempo die langen Fiat-Gänge dann doch geräuschmindernd auswirken.

Allerdings wünscht man sich dabei, dass die Steuerung der Automatik im Normal-Modus noch etwas zurückhaltender zum Gangwechsel ansetzt und mehr auf das üppige Drehmoment des Motors vertraut.
Wartungsintervalle und Austattung
Gewisse Unterschiede gibt es auch bei den Wartungsintervallen der Motoren. Während die große Inspektion bei beiden Marken mit rund 50.000 Kilometern oder zwei Jahren fast identisch ist, lässt Citroën für den Luft- und Kraftstofffiltertausch bei Wenigfahrern einen vierjährigen Rhythmus zu. Den Wechsel des Zahnriemens, dessen Defekt einen kapitalen Motorschaden verursachen kann, fordert Citroën sogar ultimativ erst nach zehn Jahren. Teurer kommt da die Fiat-Vorgabe, die den Austausch nach spätestens fünf Jahren vorsieht.
Auch in den Ausstattungsdetails finden sich Differenzen. So lässt sich der Tempomat beim Jumper km/h-genau einstellen und zeigt den Wert auch im Kombiinstrument an, das ansonsten beim Ducato komplett baugleich ist. Citroën stattet außerdem alle drei Motorvarianten mit der Start-Stopp-Automatik aus, während Fiat diese nur den beiden stärksten Versionen spendiert. Im Cockpit hat das Klemmbrett oben auf der Mittelkonsole nur beim Fiat eine praktische Handy- und Tablet-Halterung integriert und statt der zweiten 12-Volt-Steckdose ist eine USB-Ladebuchse eingebaut.
Im Pannenfall nicht ganz unwichtig ist auch das Servicenetz. Während Fiat ein dichtes Geflecht an speziellen Nutzfahrzeug-Werkstätten hat, von denen ein Gutteil besonders auf Reisemobile vorbereitet ist, sind vergleichbare Citroën-Strukturen erst im Aufbau.
Alle Wartungsintervalle der beiden Transporter
Citroën Jumper Blue-HDI 165 S&S
- Motoröl und -filter: 50.000 km/2 Jahre
- Luftfilter: 50.000 km/4 Jahre
- Pollenfilter: 50.000 km/2 Jahre
- Kraftstofffilter: 50.000 km/4 Jahre
- Bremsflüssigkeit: 2 Jahre
- Servolenkungsöl: lebenslang
- Zahnriemen: 150.000 km/10 Jahre
- Getriebeöl: lebenslang
- Kühlflüssigkeit: 100.000 (50.000) km/4 (2) Jahre⁵
Fiat Ducato 160 Multijet2
- Motoröl und -filter: variabel¹/2 Jahre
- Luftfilter: 48.000 km²/2 Jahre
- Pollenfilter: 48.000 km/2 Jahre
- Kraftstofffilter: 48.000 km/2 Jahre
- Bremsflüssigkeit: 2 Jahre
- Servolenkungsöl: lebenslang
- Zahnriemen: 192.000 km/5 Jahre³
- Getriebeöl: lebenslang (240.000 km⁴)
- Kühlflüssigkeit: 48.000 km/2 Jahre⁶
1) der anstehende Öl-/-filterwechsel wird in Abhängigkeit von den Einsatzbedingungen im Kombiinstrument angezeigt, spätestens aber nach 2 Jahren; 2) bei Einsatz in staubigen Regionen mit Automatikgetriebe alle 24.000 km; 3) bei besonders starker Beanspruchung alle 4 Jahre; 4) Wechsel nur beim Automatikgetriebe nötig; 5) erstes Intervall: 100.000 km/4 Jahre, Folgeintervalle: 50.000 km/2 Jahre; 6) nur Kontrolle des Kühlflüssigkeitsstandes und gegebenenfalls Nachfüllen
Die Adria-Modelle im Test

Das umfangreiche Adria-Programm gliedert sich in fünf Serien aufgebauter Reisemobile, die sich jeweils nochmal in drei Unterlinien auffächern – Axess, Plus und Supreme genannt. Mit Ausnahme der Sonic-Integrierten bauen die günstigen Axess-Varianten stets auf dem Citroën Jumper auf, während alle übrigen Modelle den Fiat Ducato nutzen. Die kompakteste Serie unter den drei Teilintegrierten-Baureihen nennt sich schlicht und zutreffend Compact. Besonderes Merkmal ist der nur 2,12 Meter breite Aufbau, der für ein besonders handliches Fahrverhalten sorgt. Die drei Grundrisse, die ab rund 50.000 Euro erhältlich sind, richten sich vor allem an Paare und haben Doppelquer- oder Einzellängsbetten im Heck. Der Compact DL, der im Vergleichstest die Fiat-Fahne hochhält, stammt aus der mittleren Ausstattungslinie Plus, kostet 58.399 Euro und zeichnet sich durch eine raumweitende Längsbanksitzgruppe aus.

Coral und Matrix heißen die beiden weiteren TI-Baureihen, die sich den gleichen, 2,30 Meter breiten Aufbau teilen. Größter Unterschied: Alle Matrix-Modelle kommen serienmäßig mit einem Hubbett über der Sitzgruppe. Neben drei gängigen Grundrissen mit Doppel- oder Einzelbetten stechen in der Matrix-Axess-Einsteigerlinie zwei besondere Aufteilungen ins Auge. Der nur 5,99 Meter lange 590 ST für 51.999 Euro und der knapp sieben Meter lange 600 DT für 54.799 Euro, der im Test auf Citroën-Basis teilnimmt. Besonderheit beider: Sie haben ein Hubbett als einzige Schlafmöglichkeit. Der 600 DT besticht zudem mit seinem großen Bad und viel Stauraum im Heck.
Fazit
Wer hat die Nase vorn? Nur selten hat man – wie bei ein paar Kastenwagenausbauern – die direkte Wahlmöglichkeit zwischen Citroën- und Fiat-Basis. Häufiger sind sie verknüpft mit einer bestimmten Baureihe oder Ausstattungslinie – so auch bei Adria, die hier die Testwagen stellten. Dennoch kann die jeweilige Basis ein zusätzliches Kriterium sein, sich für das eine oder andere Modell zu entscheiden, denn völlig identisch sind sie eben nicht.
Für den Citroën spricht vor allem der meist günstigere Preis. Aber auch der muntere, drehfreudige Motor macht einen guten Eindruck. Dem etwas bulliger antretenden Fiat-Aggregat springt in erster Linie die komfortable – und exklusive – Wandlerautomatik zur Seite. Diese Kombination kann rundum überzeugen.