Campingbus-Tour ins unberührte Norwegen
Surfen und Wildcampen im hohen Norden

Wandern ist zu öde? Zum Glück kann man in Norwegen auch surfen, klettern und baden! Wir haben es während fünf grandioser Wochen in "Norge" ausprobiert.

Wohnmobil-Reise Norwegen
Foto: Timo Wirth

Hinter uns verschwindet langsam die dänische Küste, doch unser Blick ist nach vorne gerichtet, dorthin, wo bald die Südküste Norwegens auftauchen müsste. Wir befinden uns auf der Fähre "HSC Fjord Cat", die uns in zwei Stunden und 15 Minuten vom dänischen Hirtshals ins norwegische Kristiansand bringt. Fünf sehnsüchtig erwartete Urlaubswochen liegen vor uns, in denen wir uns die Süd- und Westküste Norwegens anschauen wollen. Mit dabei: mein Freund Timo und natürlich "JJ", unser ausgebauter Mercedes-Benz 207D, Transportmittel und fahrendes Zuhause in einem.

Alles für Ihr Camping-Abenteuer
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Timo Wirth
Viel Holz und praktischen Stauraum bietet das Innere von „JJ“. Musikalische Untermalung darf natürlich auch nicht fehlen.

Der skandinavische Süden begrüßt uns grau, nass und ungemütlich, also flüchten wir uns schnell auf Brusand Camping, den ersten und einzigen Campingplatz unserer Tour. Bei einer warmen Dusche können wir die fünftägige Anreise durch Deutschland und Dänemark abspülen. Während sich die Wäsche in der Maschine dreht, lichtet sich das Wetter, und einer der vielen nordischen Regenbogen strahlt uns entgegen. Die Sonne taucht die umliegende Natur in ein faszinierendes Farbenspiel, sodass Wetter und See gar nicht mehr so rau erscheinen und Timo einen ersten Surfkontakt mit den Wellen wagt. Norwegen hat nicht nur auf dem Land viele Abenteuer zu bieten, sondern gilt auch als Geheimtipp unter Wellenreitern. Kälteempfindlich sollte man zwar nicht sein, dafür wird man in Norwegen oft mit menschenleeren Buchten und top Wellen belohnt.

In Norwegen ist Wildcamping angesagt

Bis zum Surf-Mekka Hoddevik haben wir aber noch viele Kilometer vor uns, und so brechen wir am nächsten Morgen von Brusand auf und schlängeln uns weiter die Westküste entlang. In Norwegen gilt das Jedermannsrecht. Dieses besagt, dass sich die Menschen in der Natur und zum Teil auch auf privatem Landeigentum frei bewegen können, ohne dafür eine Erlaubnis einholen zu müssen. Allerdings darf dabei weder der Natur noch anderen Menschen Schaden entstehen.

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Timo Wirth
Früher ein blauer Transporter, jetzt Surfmobil. Inzwischen hat „JJ“ 400 000 km auf dem Buckel und ist somit quasi gerade erst eingefahren.

Das Jedermannsrecht gilt für alle Spaziergänger, Wanderer oder Zeltcamper – nicht aber für motorisierte Fahrzeuge. Wenn man sich jedoch an ein paar grundlegende Wildcamping-Regeln hält – zum Beispiel keinen Müll hinterlassen, kein unnötig lautes Verhalten, nicht zu nah an fremdem Eigentum parken –, wird man auch mit fahrendem Untersatz von vielen Einheimischen freundlich und interessiert begrüßt. Auch heißt einen Norwegen mit vielen öffentlichen Toiletten und Raststätten – teils inklusive warmer Dusche – willkommen. Einen dieser "Luxusparkplätze" testen wir in der Nähe von Sele. Er entpuppt sich als ein großer ebener Parkplatz mit einem Toilettenhäuschen, das regelmäßig gereinigt wird; zwar gibt es hier keine Dusche, dafür direkten Zugang zum Meer mit einer kleinen Bucht.

Nach einem dreitägigen Aufenthalt in der Bucht treibt uns eine Schlechtwetterfront weiter ins Landesinnere. So lassen wir den berühmten Preikestolen im Nebel links liegen und steuern den Nationalpark Hardangervidda an. Schon nach wenigen Kilometern auf der Straße wird unsere Entscheidung belohnt. Die Sonne versüßt uns die Fahrt, und die Landschaft lädt an jeder Ecke zum Verweilen ein. Der Blick aus dem Fenster wird niemals langweilig. Steuert man in anderen Ländern bestimmte Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte gezielt an, so erscheint Norwegen wie ein einziges gewaltiges Naturschauspiel. Zudem ändert sich die faszinierende Landschaft alle 50 Kilometer und wird noch atemberaubender, je nördlicher wir kommen. Weite Fjorde, glasklare Seen, türkis schimmernde Gletscher, funkelnde Wasserfälle, tiefe Wälder, hohe Berge, steile Klippen – ein Traum.

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Timo Wirth
Naturerlebnis pur – der Nationalpark „Hardangervidda“ verzaubert seine Besucher bei jeder Wetterlage.

Am Rand der Hardangervidda angekommen, lassen wir uns im Infohäuschen beraten. Europas größte Hochebene hat eine Fläche von zirka 8000 Quadratkilometern, seit 1981 ist fast die Hälfte davon als Nationalpark geschützt. Dieser hält die unterschiedlichsten Erlebnisse bereit. Es besteht sogar die Möglichkeit, mehrere Tage durch das Gebiet zu wandern und in verstreut liegenden Hütten oder im eigenen Zelt zu übernachten.

Wir entscheiden uns für einen kürzeren Rundweg. Das feuchte Klima der letzten Tage hat die Umgebung in einen dichten Nebel getaucht, was der Wanderung ein ganz eigenes, verwunschenes Flair verleiht. Abends werden die unterwegs gesammelten Birkenpilze in die Pfanne gehauen. Anschließend kuscheln wir uns, verzaubert von der Schönheit der Landschaft, satt und zufrieden im Schutz von "JJ" zusammen.

Ein Traum für Surfer

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Timo Wirth
Windstärke 3000 hält nicht von einem Selfie ab: Karolina und Timo auf Tour durch Norwegen.

Der nächste Tag weckt uns mit Sonnenschein. Uns steht eine Fjordüberquerung bevor, denn wer etwas Zeit und Strecke sparen möchte, nutzt die Fähren zur Überfahrt. Nach dieser Abkürzung sind es immer noch einige Stunden Fahrtzeit, sodass wir erst nach einer Nacht am Sognefjord am frühen Nachmittag des folgenden Tages der Bucht von Hoddevik entgegenfahren.

Ein Postkartenpanorama breitet sich vor uns aus, die Straße schlängelt sich die saftig grünen Berge entlang, hinab zum berühmten Surfstrand. Da hier auch eine der wenigen Surfschulen des Landes zu finden ist, sind die Wellen nicht ganz so einsam wie bisher. Viele glückliche Gesichter strahlen uns entgegen, und wir schließen schnell Kontakt zu den Reisenden und Surfern aus aller Welt, die hier versammelt sind.

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Timo Wirth
Von Foami über Evolution bis hin zum Short Board: In „Hoddevik“ trifft man auf Surfer und Bretter in allen Formen und Farben.

Die nächsten Tage sind ein Surfträumchen: in der Sonne liegen, Wellen reiten, gutes Essen, Yoga am Strand, die Seele baumeln lassen. Aber bekanntlich soll man gehen, wenn es am schönsten ist. Außerdem nähert sich eine Wolkendecke und uns locken noch weitere Abenteuer locken. Nach drei entspannten Tagen packen wir also unsere Sachen zusammen. Ein letztes Gruppenfoto, und auf geht’s zum etwas östlicher gelegenen Loen.

Wir wollen den Klettersteig auf den majestätischen Hoven erklimmen. Am nächsten Morgen folgen wir daher einem sportlich ansteigenden Waldweg bis zum Einstieg in die Via Ferrata. Vor uns liegen 1000 Klettermeter, viel Schweiß, alpine Steilwände und am Ende die atemberaubenden Ausblicke auf den steil unter uns liegenden Nordfjord.

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Timo Wirth
Nichts für schwache Nerven – 36 Meter Stahlseil führen alle Schwindelfreien über eine 170 Meter tiefe Schlucht.

Diese Kletterpartie ist trotz des mit Stahlseilen gesicherten Steigs nichts für Anfänger und sorgt für jede Menge Nervenkitzel. Am Ende ist sie aber jeden schweißtreibenden Meter wert. Auf 750 Meter Höhe überqueren wir die vor uns liegende Schlucht über eine Hängebrücke. Die Gjôlmunnebrücke hat eine Länge von 120 Metern und ist somit die längste Klettersteigbrücke Europas. Wer danach noch einen weiteren Adrenalinkick braucht, darf einen Balanceakt über ein Stahlseil wagen. Für weniger Mutige gibt es eine alternative Route auf festem Boden oder die Seilbahn "Loen Skylift", die einen sicher wieder nach unten schweben lässt. Da wir unsere Kondition testen wollen, nehmen wir den Abstieg zu Fuß in Angriff. Verstaubt, fix und fertig, aber voller faszinierender Eindrücke kommen wir nach unserem achtstündigen Abenteuer wieder am Parkplatz des "Hotel Alexandra", unserem Ausgangspunkt, an.

Zum Abschluss in die Zivilisation

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Timo Wirth
Selfmade-Camper vor Gletscher – Norwegen ist voller instagramtauglicher Fotomotive.

Wir können es kaum glauben, als wir nach 3,5 Wochen plötzlich schon unseren "Way Back Point" erreicht haben – den Geirangerfjord, der seit 2005 zum Unesco-Weltnaturerbe gehört.Zum Glück bleiben noch ein paar Tage, um entspannt Richtung Süden zu fahren – so statten wir dem Nationalpark Hardangervidda einen zweiten Besuch ab und finden anschließend an der Westküste in der Nähe von Bremanger einen wunderbar karibisch anmutenden Sandstrand. Jetzt fühlen wir uns auch bereit, der Zivilisation einen Besuch abzustatten und steuern Bergen an.

Wir lassen uns durch die Gassen treiben, gönnen uns diverse Fischbrötchen, und als kulinarischen Höhepunkt werden wir mit einem Drei-Gänge-Menü im "BARE Restaurant" verwöhnt. Nicht nur die kreativ zubereiteten Gerichte schmecken großartig, auch das Ambiente überzeugt. Am Ende gibt es noch einen herzlichen Händedruck vom Chefkoch obendrauf.

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Timo Wirth
Einer der unzähligen Regenbogen der Reise – vor den grauen Wolken eines vorbeiziehenden Sturmes strahlt er noch viel intensiver.

So können wir sehr zufrieden Norwegens zweitgrößte Stadt hinter uns lassen und steuern die kleinere Schwester Stavanger an. Das Stadtbild überrascht mit einer Vielzahl an Street-Art und kleinen Cafés. Aber Vorsicht, wenn man wie wir die Zeit vergisst und zwei Minuten zu spät am Parkautomaten steht, handelt man sich einen saftigen Strafzettel von über 80 Euro ein. Unsere Stimmung trübt das allerdings nicht lange. Schließlich sind wir randvoll mit unvergesslichen Erfahrungen und einzigartigen Erinnerungen an die Schönheit der vergangenen Wochen.

Reiseinfos für Camping in Norwegen

Anreise
Viele Wege führen zum Ziel. Man kann direkt aus Dänemark mit der Fähre starten – etwa die Fährgesellschaft "Fjord Line" bietet mehrere Verbindungen ab Hirtshals an. Wer den Landweg bevorzugt, kann einen Abstecher über die Öresundbrücke nach Schweden einplanen. Über die aktuellen Zollbestimmungen sollte man sich aber vorab informieren, da diese vor allem bei Tabak- und Alkoholmengen sehr strickt sind. www.fjordline.com

Preise
Norwegen gehört sicherlich nicht zu den günstigen Reiseländern. Im Schnitt kann der Einkaufswagen das Doppelte oder Dreifache kosten. Gerade bei Tabak und Alkohol kann es schnell teuer werden. Am besten bringt man sich einen Vorrat an Grundnahrungsmitteln aus der Heimat mit, Sparfüchse weichen auf die vielen Discounter aus. Der Dieselpreis ist höher als in Deutschland, wir haben für 2000 Kilometer umgerechnet etwa 600 Euro bezahlt. Mit einplanen sollte man auch die ein oder andere Fährverbindung – der Preis richtet sich nach Fahrzeuglänge, Fahrtdauer und Personenzahl, wir haben zwischen 8 und 20 Euro bezahlt – sowie vereinzelte Mautkosten. Diese Gebühren werden auf Autobahnen, Brücken, in Tunneln und auf anderen Straßenabschnitten fällig. Norwegen hat ein Mautsystem, das automatisch bei Durchfahrt das Kennzeichen registriert. Man kann die anfallende Rechnung dann bequem von zu Hause aus begleichen – diese fällt vergleichsweise niedrig aus. Unter www.autopass.no kann man sich für den Auto-Pass-Chip registrieren. Auch Campingplätze sind erschwinglich – die Preise sind mit deutschen vergleichbar, für eine warme Dusche muss man oft einen kleinen Betrag extra zahlen.

Camping
Das Zelten in der Wildnis ist in Norwegen erlaubt, solange man sich an die einfachen Regeln des "Jedermannsrechts" hält. Für Fahrzeuge gilt das nur eingeschränkt. Wer wild stehen will, sollte genügend Abstand zu Häusern einhalten und sich angemessen verhalten. Außerdem gibt es in Norwegen zahlreiche Campingplätze, die man ansteuern kann.

Einkaufen/Verständigung
Da Norwegen als einer der Vorreiter hinsichtlich der Abschaffung von Bargeld gilt, ist Kartenzahlung selbst bei kleinen Beträgen kein Problem. Die Norweger sind ein sehr offenes und hilfsbereites Volk. Mit durchschnittlichen Englisch-Kenntnissen kommt man gut über die Runden. Und nach ein paar Gläschen "Aquavit" wird man an manchen Orten sogar mit ein paar Sätzen Deutsch überrascht. Aber Vorsicht, der Kümmelschnaps hat es ganz schön in sich.

Beste Reisezeit
Das freundlichste Reisewetter findet man in den Sommermonaten Mai bis September, da kann es mancherorts bis zu 25 Grad warm werden. Dies ist aber nicht die Regel, auf Regentage und Nebelschwaden sollte man vorbereitet sein. Wer Nordlichter bestaunen will, sollte seine Reise auf die Monate Oktober, Februar oder März legen. Die beste Reisezeit für einen Skiurlaub ist zwischen November und Februar.

Infos
Das offizielle Reiseportal für Norwegen ist unter www.visitnorway.de erreichbar. Hier findet man viele nützliche Informationen zu Ausflugszielen, Unterkünften und Veranstaltungen.

Camping- und Stellplätze in der Region

5414 Stord(NO)
Langenuen Motel und Camping
2 Bewertungen
24,69 EUR/Nacht