Endlich ist es so weit: Die erste Tour mit dem Wohnmobil steht an. Bevor Sie sich ins Vergnügen stürzen, sollten Sie sich aber erst einmal an die neuen Dimensionen gewöhnen.
Je größer, desto umsichtiger
Länge, Breite und Höhe sind im Vergleich zum gewöhnlichen Pkw schon eine andere Hausnummer. Die größeren Dimensionen des Reisemobils sind gewöhnungsbedürftig, für die oder den ein oder anderen vielleicht sogar furchteinflößend. Dabei gibt's eine einfache Faustregel, die alles einfacher macht: Je größer das Fahrzeug, desto gelassener gilt es zu bleiben. Jede noch so knifflige Situation lässt sich mit Ruhe und etwas Umsicht meistern.
Fürchten muss man die großen Fahrzeuge nicht. Ganz im Gegenteil: Genießen Sie die Erhabenheit, die durch die hohe Sitzposition im Wohnmobil vermittelt wird. Damit sind wir auch schon beim Thema Überblick. Vom erhöhten Fahrersitz lässt sich die Verkehrslage normalerweise sehr gut überblicken (siehe unten: Sitz richtig justieren) – vorausgesetzt, die A-Säule ist nicht ungeschickt vom Hersteller platziert.
Neben dem Sitz können Sie die Außenspiegel für sich in die richtige Position bringen. Diese Spiegel sind im Reisemobil und Campingbus vor allem wichtig, da es keinen Rückspiegel wie im Pkw gibt, bzw. dieser durch den Wohnaufbau "blind" ist für das, was hinter dem Fahrzeug geschieht. Besonders bewähren sich zweigeteilte Spiegel, ein gößerer Spiegel oben und ein kleinerer Weitwinkelspiegel unten, sodass Sie auch den Toten Winkel etwas besser überblicken.
Glücklich ist, wer eine Rückfahrkamera an Bord ist, die sich so einstellen lässt, dass sie auch während der Fahrt das Geschehen hinter dem Wohnmobil im Display zeigt. Doch selbst wenn Sie keine Rückfahrkamera haben, ist das Fahren und Rangieren eines Wohmobils mit Geduld und Übung zu meistern.
Wenn Sie unsicher sind, besuchen Sie einen Übungsplatz. Das kann ein Verkehrsübungsplatz sein oder ein leerer Großparkplatz am Sonntag. Dort können Sie in aller Ruhe testen, wie sich das Fahren mit einem Wohnmobil anfühlt. Erkundigen Sie sich aber vorher, ob auf dem Platz Reisemobile erlaubt sind und wie es mit dem Versicherungsschutz aussieht.
7 nützliche Praxis-Tipps

- Der längere Radstand sowie der damit einhergehende größere Wendekreis erfordern ein anderes Fahrverhalten. Zum einen müssen Sie beim Abbiegendarauf achten, dass nicht zu früh einzuschlagen und so unliebsam über den Bordstein polteren. Zum anderen dürfen Sie auch nicht zu weit ausholen, da der Gegenverkehr sonst gefährlich nah rückt.
- Der Hecküberhang verlangt vor allem bei langen Wohnmobilen besondere Aufmerksamkeit, da er weit ausschwenkt und dabei die Fahrzeuge im Gegenverkehr touchieren kann. Beim Abbiegen ist neben einem angemessenen Tempo der prüfende Blick in die Außenspiegel eine gute Idee.
- Vor allem in Alkovenmobilen müssen Sie die Höhe des Fahrzeugs im Blick behalten: Niedrige Äste, Verkehrsschilder oder Unterführungen verursachen sonst schnell ungewollten Kontakt. Wer durch kleine Dörfer und Städtchen gondelt, sollte auf vorstehende Dächer Acht geben.
- Der tote Winkel ist beim Wohnmobil naturgemäß größer als beim Pkw – vor einem Überholmanöver verschafft ein kleiner Schlenker, kombiniert mit einem Blick in die Außenspiegel, den richtigen Überblick.
- Die größere Seitenfläche im Wohnmobil sorgt dafür, dass das Fahrzeug für Seitenwinde eher anfällig ist. Bei stürmischem Wetter macht sich das genauso bemerkbar wie beim Überholen von Lkws. Dann gilt: Lenken Sie sanft gegen. Sollte das Fahrzeug bereits leicht ins Schlingern gekommen sein: Tempo verringern!
- Apropos Bremsen: Denken Sie daran, dass der Bremsweg bei einem größeren und vor allem schweren Fahrzeug wesentlich länger ist als bei einem kleineren und leichteren Pkw.
- Parkt das Wohnmobil am Straßenrand, sollte man die Außenspiegel einklappen. Sonst besteht die Gefahr, dass ein unachtsamer Fußgänger dagegen kommt oder der Spiegel auf der Straßenseite von einem größeren Fahrzeug aus Versehen mitgenommen wird.
Einparken mit dem Wohnmobil
Ein großes Fahrzeug muss in eine kleine Lücke – in diese Situation kommt man immer wieder. Bei genauerer Betrachtung ist Einparken mit einem Wohnmobil jedoch kein Ding der Unmöglichkeit. Stellen Sie zuerst die Außenspiegel ein. Reisemobilspiegel sind oft zweigeteilt, zumindest im Weitwinkelspiegel sollte man das Hinterrad sehen; möglichst auch den großen Spiegel so einstellen.

Bitten Sie, wann immer nötig, jemanden um Hilfe beim Einweisen. Als Faustregel gilt: Wenn die einweisende Person Sie im Spiegel sieht, sehen Sie auch diese. Besprechen Sie die Gesten im Voraus. Der Abstand zum Hindernis zeigt man am Besten mit beiden Händen an – wird die Lücke kleiner, gehen die Hände weiter zusammen. Die Fenster auf beiden Seiten sollte unten sein, sodass Sie gut auf beiden Seiten miteinander sprechen und sich verstehen können. Die oder die Einweisende sollte sich nicht scheuen auch mal von der einen auf die andere Fahrzeugseite zu wechseln, um von außen den Überblick zu schaffen.
Achten Sie vor allem bei Integrierten darauf, dass man weit innen sitzt. Das Vorderende der Karosserie ist daher nicht zu sehen. Damit man nicht aufsitzt, sollte auch bei Rampen eine EinweiserIn parat stehen, denn oft sind Ablasshähne oder Ähnliches der tiefste Punkt.
Noch ein paar Tipps aus der Praxis: Wer keine Rückfahrkamera hat, sollte bei einem Heckträger bedenken, dass dieser sich komplett im toten Winkel befindet. Und bloß nicht verzagen. Mit etwas Übung kriegen Sie bald auch das größte Wohnmobil in Ihre Wunschlücke.
Vorsicht bei Schnee, Eis und Glätte
Wer im Winterhalbjahr mit dem Wohnmobil unterwegs ist, muss mit Schnee und Eis rechnen. Das Reisemobil reagiert aufgrund seiner höheren Masse dabei anders als ein Pkw, was eine angepasste Fahrweise erforderlich macht. Prinzipiell gilt: Winterreifen und auf manchen Strecken auch Schneeketten sind ein Muss. Letztere sind vor allem auf festgefahrenem Schnee hilfreich, bei Glatteis entfalten sie nicht die gleiche Wirkung. Vor Kurven, Kehren oder auch vor dem oftmals vereisten Wartebereich vor Ampeln sollte man deshalb schon frühzeitig bremsen.
Bei Gefälle gilt es, früh genug zurückzuschalten und sanft zu bremsen, sonst kann das Heck ausbrechen. Aquaplaning ist bei starkem Regen eine Gefahr, eine umsichtige Fahrweise und genügend Profiltiefe der Reifen sind der beste Schutz. Eine Schlechtwetterperiode kann auch schon im Sommer den Stellplatz auf der grünen Wiese in ein Schlammloch verwandeln. Traktionshilfen wie zum Beispiel Unterlegmatten aus Kunststoff leisten hier gute Hilfe. In jeder Situation gilt gleichermaßen: Ruhe bewahren.
Wohnmobil-Fahrersitz richtig justieren
Für die korrekte Einstellung des Sitzes sollten Sie sich Zeit nehmen. Probieren Sie aus, was sich einerseits komfortabel und andererseits sicher anfühlt – und scheuen Sie sich nicht, die Position unterwegs zu ändern, falls nötig. Dafür halten natürlich kurz an.
Besonders wichtig: Setzen Sie sich nach hinten in den Sitz, so dass die Lendenwirbel, quasi: der untere Rücken, von der Rückenlehne gestützt werden. Wer auf der Vorderkante sitzt, bekommt schneller Rückenschmerzen und fährt unsicherer.
Der Abstand des Sitzes vom Lenkrad sollte so gewählt werden, dass man die Pedale voll durchtreten kann, ohne dabei die Knie durchzustrecken. Die Arme sollten leicht angewinkelt sein. Bei einem Unfall steigt sonst das Verletzungsrisiko stark an.
Legen Sie beim Fahren die Daumen auf das Lenkrad. Ansonsten kann man sich bei einem Unfall leicht die Daumen oder sogar die ganze Hand brechen.
Sicher fahren: Die wichtigsten Begriffe
- Radstand: Der Abstand der Achsen voneinander. Je länger der Radstand, desto größer ist der Wendekreis.
- Tempo 100: Sonderregelung in Deutschland für Reisemobile über 3,5 Tonnen zGG: Sie dürfen auf Autobahnen maximal 100 km/h fahren.
- Weitwinkelgläser: Je nach Modell in den Außenspiegel integrierter oder nachrüstbarer Spiegel, der den toten Winkel minimieren soll.
- Wendekreis: Kreis, den man für eine 180-Grad-Wendung benötigt. Fahrzeuge mit Hinterradantrieb haben meistens einen kleineren Wendekreis, als vorderradgetriebene.
- zGG: Abkürzung für zulässiges Gesamtgewicht. Rechtlicher und technischer Gewichts-Grenzwert eines Fahrzeugs.
Führerscheinregelungen und Verkehrsbestimmungen für Wohnmobile
Wohnmobile lassen sich grob in zwei Klassen einteilen: Mobile bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (zGG) und die schwereren über 3,5 Tonnen. Wer den Pkw-Führerschein vor 1999 gemacht hat, darf Reisemobile mit bis zu 7,5 Tonnen zGG fahren. Mit dem neuen Führerschein ist das passé, 3,5 Tonnen zGG sind hier die Obergrenze. Wer also eine neuere Fahrerlaubnis hat, braucht einen Lkw-Führerschein, um Wohnmobile über 3,5 Tonnen bewegen zu dürfen.
Das Gewicht des Wohnmobils ist aber nicht nur für die Fahrerlaubnis ausschlaggebend, sondern auch im Verkehr relevant: Reisemobile über 3,5 Tonnen zGG müssen sich in Deutschland an die Lkw-Verkehrszeichen halten. So gilt zum Beispiel auf Autobahnen das Lkw-Überholverbot auch für Reisemobile über 3,5 Tonnen. Außerdem müssen sich diese Mobile an Tempo 100 halten. Auf Raststätten sollte man sie – streng genommen – auf die Lkw-Parkplätze stellen, selbst dann, wenn sie kompakte Maße haben und auf einen Pkw-Parkplatz passen würden.