Oder ist das Beispiel von Wernigerode eines von etlichen? Schamloses Ausschlachten des Camping-Booms? Oder akzeptabel etwa angesichts der Corona-Verluste?
Welche Erfahrungen machen Sie derzeit mit Preiserhöhungen auf Stellplätzen?
Sie sind unterwegs, suchen sich für die Nacht eine Bleibe und wundern sich, dass der Obolus, den Sie entrichten sollen, deutlich höher ausfällt, als Sie es nach den zuvor eingeholten Informationen erwartet hätten? In der Tat: So rasant, wie sich derzeit die Übernachtungspreise auf Wohnmobilstellplätzen ändern, haben die MitarbeiterInnen unserer promobil-App "Stellplatz-Radar" alle Hände voll zu tun bei 22.000 Stellpätzen. Noch schwieriger ist es für die Redakteure und Redakteurinnen, die unser monatlich erscheinendes Magazin promobil, unsere promobil-Stellplatz-Sonderhefte und den promobil-Stellplatz-Atlas betreuen – Preise, die zum Redaktionsschluss noch feststehen, ändern sich schneller als man "Korrektur" rufen kann.
Das Spiel von Angebot und Nachfrage
Im Grunde ist es ja nichts Besonderes für die Wirtschaftsordnung der Welt, in der wir uns bewegen, dass begehrte und rare Güter einen höheren Preis erzielen als solche, die reichlich vorhanden und kaum gefragt sind. Die tatsächliche Qualität dieser Güter spielt dann oft nur eine untergeordnete Rolle. Trotzdem kann die Frage aufgeworfen werden, ob es dabei Grenzen des Anstands gibt.
Im Fall der Wohnmobilstellplätze muss man außerdem differenzieren, ob es sich um Einrichtungen handelt, die sich allein aus den eingenommenen Gebühren wirtschaftlich tragen müssen, oder um solche, die aus Steuergeldern errichtet und betrieben werden, auf die Förderung des örtlichen Tourismus zielen und auf die Erwirtschaftung von Gewinnen im Grunde locker verzichten können. Eine goldene Nase, das soll hier aber auch deutlich gesagt werden, konnte sich bisher noch niemand mit einem Wohnmobilstellplatz verdienen – von ganz wenigen Ausnahmen vielleicht abgesehen.
Sind die Begründungen plausibel?
Wir alle haben es hinnehmen müssen, dass etliche Dienstleistungen und Produkte in Zeiten der Pandemie mit einem "Corona-Aufschlag" versehen worden sind – teilweise aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Ob Friseurbetrieb, Restaurant oder Freizeitpark: Alle haben sie zum Beispiel einen erhöhten Hygieneaufwand oder dürfen nur wenige KundInnen pro Zeiteinheit und/oder in den vorhandenen Räumlichkeiten bedienen, erleiden auf diese Weise schmerzliche Einbußen beim Verdienst, müssen um ihre wirtschaftliche Existenz bangen oder im schlimmsten Fall gar ihr Geschäft aufgeben.

Andererseits sind aber auch unter ihren KundInnen solche, die wegen Corona ihren Job verloren haben oder zumindest finanziell schlechter dastehen, trotzdem keine staatliche Unterstützung bekommen und beim besten Willen nicht für die Verluste anderer aufkommen können, weil sie doch die eigenen kaum verkraften. Und wenn dann noch mancherorts der Eindruck entstehen mag, als sei Corona nur ein Vorwand, um per Preiserhöhung richtig absahnen zu können, dann kommt richtig Freude auf.
Höhere Preise nur bei besserer Gegenleistung?
Die Inflation schreitet unaufhaltsam voran, vieles wird teurer, warum also nicht auch die Stellplatzgebühren? In manchen Branchen gleichen Lohnerhöhungen die Teuerung vielleicht ganz passabel aus. Eine Vervierfachung der Gebühren von heute auf morgen lässt sich so aber kaum schlüssig rechtfertigen. Da sollte man schon eine entsprechende Verbesserung des Angebotes erwarten dürfen, nicht wahr?
Aber was tun? Könnte es helfen, bewusst nur solche Plätze aufzusuchen, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis passend erscheint? So wie manche ja auch bewusst zum Beispiel nur dort tanken oder nur dort einkaufen, wo der Preis stimmt? Oder sind alle, die so denken und handeln, hoffnungslose WeltverbessererInnen?
Das denken unsere LeserInnen darüber
Karsten Kemper, per E-Mail:
Weniger der Stellplatz Preis ist für mich entscheidend. Viel wichtiger sind für mich die Leistung am Platz und Informationen darüber, ob sich eine Anfahrt überhaupt lohnt. Bezüglich der Verfügbarkeit haben alle Betreiber noch Aufholbedarf, um eine Planbarkeit einer Übernachtung zu optimieren und unschöne Ausweichfahrten zu vermeiden. Rentner sind im Vorteil; am Freitagnachmittag anzukommen ist zu spät. Etwa ein Drittel des Preises einer Campingplatzübernachtung wäre für mich angemessen für einen Stellplatz, inklusive Ver- und Entsorgung, exklusive Strom.
Rolf Guba, Kaisheim:
Diejenigen, die jetzt andere ausnutzen, sollten vielleicht auch daran denken: Irgendwann ist es vorbei mit dem Boom. Und dann kann es gut sein, dass sich Unverschämtheiten rächen.
Werner Köcher, per E-Mail:
Leider ist dieses Thema nicht nur in Wernigerode aktuell. Die Preissteigerungen in den letzten zwei Jahren sind immens. Auch ohne Corona wurde schon kräftig hingelangt.
Heinz Peckruhn, per E-Mail:
Wir sind auch entsetzt! Wir könnten mehrere Beispiele nennen, wo die Preise für Strom und Stellplatz auf einmal um 100 Prozent erhöht wurden – plus Kurtaxe. Weitere Plätze haben mindestens um zwei bis fünf Euro erhöht, alle, ohne etwas am Zustand der Anlage zu ändern.
Horst Fink, Schwabach:
Ich bin nicht der Meinung, dass die Stellplatzpreise immer teurer werden. Dies mag in manchen Fällen so sein, aber pauschal kann ich das nicht bestätigen. Was uns in diesem Jahr extrem aufgefallen ist, war das gestiegene Anspruchsdenken vieler Reisemobilfahrer unter dem Motto "viel verlangen und wenig dafür zahlen wollen". Ich kann mir doch nicht auf der einen Seite ein teures Fahrzeug anschaffen und auf der anderen Seite dann plötzlich den Hungertod erleiden.
H. Malik, per E-Mail:
Manchmal sind Preiserhöhungen durchaus nachvollziehbar. So hat einer meiner Standardplätze in Hessen seine Stromanschlüsse auf Verbrauch umgestellt. Zuvor war das pauschal ein Euro für acht Stunden. Da aber so manche damit ihre leistungsstarke Klimaanlage versorgen ließen, hat man auf 0,50 Euro pro Kilowattstunde umgestellt. Nicht nachvollziehbar sind aber die Steigerungen oder die Umwandlung von kostenlos auf gebührenpflichtig bei manchen Plätzen, obwohl sich nichts geändert hat. Solche Plätze fahre ich einfach nicht mehr an.
Sabine und Frank Penkalla, Hannover:
Jeder nimmt, was er kriegen kann. Das gilt für private und städtische Stellplätze. Warum nicht erhöhen? Die Plätze sind übervoll.
Leo Aigner, per E-Mail:
Auch wir in Österreich mussten inzwischen feststellen, dass die Standgebühren kräftig angehoben wurden. Wenn etwas geboten wird, zahlt man gerne einen entsprechenden Betrag, aber nicht gleich gegenüber dem Vorjahr das Doppelte oder noch mehr. Auch auf den Campingplätzen wurden übrigens die Preise deutlich erhöht.
Klaus-Peter Sperling, Graal-Müritz:
Um einen Stellplatz wie in Wernigerode zu finanzieren, sind für mich 20 Euro vollkommen gerechtfertigt. Die Preisentwicklung hat nichts mit Corona zu tun. Eher hat es zu einem Umdenken der Betreiber geführt, die nun durch die neue "Generation" der Reisemobilisten gefordert werden. Eine Gemeinde oder ein privater Betreiber muss unsere Zunft der Mikro-Indianer nicht finanzieren.