Für die grobe Orientierung: Die Oberlausitz ist eine Region in Sachsen. Sie liegt am äußersten Zipfel von Deutschland und erstreckt sich bis in den Südwesten von Polen hinein. Hier gibt es nicht nur die östlichste Stadt des Landes oder den wahrscheinlich leckersten Senf der ganzen Republik. Hier gibt es auch über 1.000 Seen und Teiche, eine ganz besondere Form der Fachwerkbauweise, viel Tagebauvergangenheit und einen Dialekt, bei dem man zu Kartoffelbrei "Mauke", zum Schornsteinfeger "Feuerriepl" und zum Tablett "Hietroibratl" (wortwörtlich: Hintragebrettchen) sagt. Dann wäre da noch die Mentalität der Leute, die sich wohl ziemlich gut mit diesem Ausruf beschreiben lässt: "Oack ne jechn!" Was so viel heißt wie: Immer mit der Ruhe!
Erster Stopp: Bautzen, Heimat der Sorben
Genug der Theorie, los geht’s mit einem Roadtrip durch die schöne Oberlausitz (oberlausitzisch: Äberlausitz/obersorbisch: Hornja Łužica) mit meinen ganz persönlichen Lieblingstipps für die gesamte Region. Von der A4 kommend, ist der erste Stopp Bautzen. Bautzen ist die Hauptstadt der Sorben, des kleinsten slawischen Volkes. Die Sorben haben schon vor über 1.400 Jahren den Osten besiedelt, ihr heutiges Siedlungsgebiet erstreckt sich von Bautzen und den umliegenden Gemeinden bis in den Süden Brandenburgs hinein.

Viele kleine Stell- und Campingplätze, schöne Straßenführungen und eine einmalige Architektur machen die Oberlausitz zu einem kleinen Roadtrip-Paradies.
Die offensichtlichste Begegnung ist wohl die mit der sorbischen Sprache, Orts- und Straßenschilder sind hier nämlich zweisprachig ausgeführt. Zu christlichen Festlichkeiten oder den unterschiedlichen Jahreskreisen werden dann die sorbischen Traditionen sichtbar, in Trachten ausgeführt und mittels Brauchtum gepflegt. Wer mehr erfahren möchte, der stattet dem Sorbischen Museum einen Besuch ab.
Zweiter Stopp: Biosphärenreservat
Nach einem kurzen Stopp im Senfladen – für den Bautz'ner Senf – fahren wir weiter ins UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Der perfekte Ausgangspunkt für Erkundungen in dieser Gegend ist der Naturcampingplatz am Olbasee. Von hier ist auch das "Hausdertausend Teiche" fußläufig erreichbar, das ist das Informationszentrum rund um die Entstehung dieser Nationalen Naturlandschaft. Gleich hinter dem Gebäude startet der hübsch gemachte und größtenteils barrierefrei gestaltete Naturerlebnispfad Guttauer Teiche & Olbasee.

Im Unesco-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft kommen Naturliebhaber auf ihre Kosten.
Diverse weitere Rad- und Wanderwege erstrecken sich netzartig über die gesamte Heide- und Teichlandschaft, wie z.B. der Seeadlerrundweg mit knapp 90 km. Mein Highlight ist immer wieder der Zug der Vögel, besonders natürlich der der Kraniche. Wenn ihre Rufe über die Wiesen und Sümpfe hallen, fühle ich mich der Natur besonders verbunden. Psssst: Fernglas nicht vergessen!
Foto-Highlight: die magische Rakotzbrücke

Die Rakotzbrücke im Rhododendronpark Kromlau ist sicherlich einmalig in ihrer Form.
Auf dem Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit kommt man am Rhododendronpark Kromlau vorbei, dessen Besonderheit das Rakotz-Ensemble ist. Eine um 1860 erbaute Brücke, die Rakotzbrücke, spannt sich über einen kleinen See. Deren Spiegelung wiederum ergibt im Wasser eine vollständige, Kreisform. Diese Aussicht ist ein Traum für jeden Fotografen, zu jeder Jahreszeit, wobei die letzte Sanierung der Anlage dem Ganzen leider ein bisschen den Charme genommen hat.
Stopp drei: Zeit für Natur im Fürst-Pückler-Park
Nachdem man dann ein paar Kilometer weiter den Camper am Bad Muskauer Wohnmobilstellplatz abgestellt hat, kann man für ein oder zwei Tage viel Draußenzeit im Fürst-Pückler-Park verbringen. Das ist der größte Landschaftspark Zentraleuropas im englischen Stil, es ist ein Unesco-Weltkulturerbe und ein staatenübergreifendes Zusammenspiel aus Architektur, Landschaftsgestaltung und Geschichte.

Das Neue Schloss liegt mitten im Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau.
Etwa ein Drittel des Parks liegt in der sächsischen Oberlausitz, der größte Teil befindet sich in Polen. Dank mehrerer Brücken kann man über der Neiße zwischen den Ländern wandeln und sich in der gestalteten Wegführung gedanklich verlieren. Das neue und das alte Schloss am Schlossteich, die Orangerie, Vorwerk und Marstall sind die gebauten Schmankerl, wobei für mich die Natur hier die größte Beachtung verdient.
Zwei optionale Stopps: das nachgebaute Heiddorf...

Vergangenheit im Jetzt erleben: Das funktioniert ganz hervorragend im Erlichthof Rietschen, dem Nachbau historischer Schrotholzhäuser.
In Richtung einer meiner liebsten Städte in ganz Deutschland (und eigentlich auch darüber hinaus) gibt’s noch zwei Stopps, die man einlegen kann. Zuerst wäre da der Erlichthof Rietschen, der Nachbau eines typischen Heidedorfs aus Schrotholzhäusern. Was beim Drüberlesen vielleicht erstmal unspektakulär klingt, entpuppt sich als richtig schöner Ausflug mit regionaler Küche, Kaffee und Kuchen, Naturladen und Webhaus, Töpferei und Wolfsausstellung.
Dank des dazugehörigen Wohnmobilstellplatzes muss man nicht hetzen und kann in Ruhe auch noch durch die umliegende Teichlandschaft wandern.
... und der Freizeitpark Turisede
Etwas weiter gen Süden, direkt an der polnischen Grenze gelegen, gibt es dann noch einen Ort, der Andersartigkeit verspricht. Die Geheime Welt von Turisede, mit grüngeringeltem Freizeitpark, ist vor allem für Familien gedacht und gemacht.
Hier ist alles ein bisschen anders, alternativ und wundersam, der Fantasie keine Grenzen setzend. In meiner Kindheit habe ich es geliebt, durch die unterirdischen Geheimgänge zu kriechen und die versteckten Orte vom Volk von Turisede zu entdecken. Normalerweise meiden wir Städte. Sie sind uns oft zu laut, zu hektisch, zu austauschbar – mit zu vielen Reizen für Körper und Geist. Es gibt aber drei Ausnahmen: Dresden, Tbilisi … und Görlitz.
Nächster Stopp: Görlitz und Umgebung
Görlitz ist eigentlich nur eine mittelgroße Stadt, hat aber rund 4.000 Bau- und Kulturdenkmäler und ist damit das flächengrößte zusammenhängende Denkmalgebiet Deutschlands. Das macht sich besonders gern die Filmbranche zu Nutze und dreht hier regelmäßig in unterschiedlichem Ausmaß. "In 80 Tagen um die Welt", "Grand Budapest Hotel", "Der Vorleser", "Inglourious Basterds", "Die Bücherdiebin" sind nur einige der Filme, die der Stadt den Spitznamen Görliwood verpasst haben.

Der Untermarkt in Görlitz sorgt immer wieder für ein besonderes Flair.
Wenn wir Besuch haben, veranstalten wir immer wieder kleine Food-Touren durch die Altstadt.
- Mittagessen gibt’s im Kochwerk oder in Jakobs Speiselokal,
- Kaffee und Kuchen genießen wir im Café Herzstück oder im Caféhaus Lucullus,
- Zum Abendessen kehren wir entweder im Tbilisi, in der Obermühle oder auf der polnischen Seite in Zgorzelec im Miódmaliny ein.
Und zwischendurch schlendern wir durch die Gassen und zeigen die Besonderheiten der Europastadt.
Der perfekte Campingplatz bei Görlitz
Als Ausgangspunkt empfehle ich immer wieder gerne den Campingplatz am alten Kühlhaus. Auf dem Gelände des Industriedenkmals steht man vorstädtisch mitten im Grünen, das Flair ist unkonventionell, die Ausstattung selbstgemacht und rudimentär. Das Kühlhaus selbst ist ein soziokultureller Ort der Begegnung und des Austauschs und zeigt, dass der Osten auch bunte Vielfalt leben kann.
Weiter geht's: Berzdorfer See

Sonnenuntergang am Berzdorfer See, wo sich einst ein großer Tagebau befand und heute ein Naherholungsgebiet zum Faulenzen einlädt.
Wenn man Görlitz Richtung Süden verlässt, kommt man direkt am Berzdorfer See vorbei. Dieser See bzw. das, was er einmal war, prägt so ziemlich jede Familiengeschichte der Umgebung. Er ist nicht nur einer der größten Seen in Sachsen, er ist vor allem der ehemalige Braunkohletagebau Berzdorf. Bis 1997 wurde hier Braunkohle gefördert und im Kraftwerk nebenan in Strom umgewandelt, es war außerdem der größte Arbeitgeber in der Region. "Den kenne ich aus der Grube", höre ich meinen Schwiegervater immer mal wieder sagen, wenn wir über Hinz und Kunz reden.
Von diesem riesigen dunklen Loch, das ich noch aus meiner Kindheit kenne, ist mittlerweile nichts mehr zu sehen. Stattdessen glitzert jetzt die Wasseroberfläche sanft im Licht der untergehenden Sonne, mit der Landeskrone im Hintergrund und einer Art ‚Dolce Vita‘ auf sächsisch. Ein Campingplatz im Süden und insgesamt drei teilweise kostenpflichtige Stellplätze im Norden machen das Naherholungsgebiet auch zu einem Campingidyll.
Der besondere Tipp: die deutsche Fachwerkstraße
Bevor man das große Finale am südlichen Zipfel erreicht, habe ich noch einen besonderen Tipp: die Oberlausitzer Umgebindehausstraße als Teilabschnitt der Deutschen Fachwerkstraße. Als Rundtour angelegt, fährt man 112 km durch die Orte in der Oberlausitz, deren Straßenbild von dieser einmaligen Architektur geprägt ist. Ein Umgebindehaus vereint Blockbau-, Fachwerk- und Massivbauweise und zeigt eine ganz besondere Handwerkskunst, die Jahrhunderte überdauert hat.

Bei einem Spaziergang durch den Denkmalort Obercunnersdorf kann man über 250 Umgebindehäuser bewundern und dabei bei den vielen hübsch angelegten Gärten ins Schwärmen kommen.
Möchte man auf dieser Route auch noch eins der schönsten Dörfer Ostsachsens besuchen, dann stoppt man im Denkmalort Obercunnersdorf. Zu Fuß kann man hier auf markierten Wegen knapp 250 Umgebindehäuser bewundern und sich von der Farbenpracht der angelegten Gärten verzaubern lassen. Wenn mich bei diesem Anblick das Gefühl überkommt, bei einem Tippel Kaffee auch in einem dieser Gärten sitzen zu wollen, auf diesen geschwungenen Gartenmöbeln in reinem Weiß, dann kehre ich am Ende noch ins Café Brumme ein.
Ein Ort für die Seele: das Zittauer Gebirge
Naturliebe wird aus Sandstein gemacht, zumindest wenn man sich in den Naturpark Zittauer Gebirge begibt. Das hier ist mein Ort für die Seele! Malerische Sandsteinformationen treffen auf märchenhafte Flora, in tiefgrünen Wäldern leuchten rundgelutschte Felsen in fantasievollen Formen. Meine Lieblingswanderung startet in Oybin und führt einmal um den Ort und den gleichnamigen Berg herum, mit massenhaft Waldmomenten und Sandsteinaussichten.

Eine Fahrt mit der Schmalspurbahn von Zittau ins Gebirge ist fast schon ein Muss.
Ein paar Kilometer weiter westlich kann man von Jonsdorf aus die Lausche besteigen, den höchsten Berg östlich der Elbe. Eine Rundwanderung durch die Jonsdorfer Felsenstadt sollte auch auf jeder Wunschliste für die Oberlausitz stehen. Das Zittauer Gebirge ist Naturgenuss pur und um diesem großen Highlight noch das i-Tüpfelchen aufzusetzen, reist man von Zittau aus mit der Zittauer Schmalspurbahn an.
Wenn noch Zeit ist, dann empfehle ich den Besuch folgender Orte:
- Königshainer Berge mit drei neuen Naturlehrpfaden (wo früher Granit abgebaut wurde)
- Gusseiserner Turm auf dem Löbauer Berg (wo es eine 360°-Sicht auf die Oberlausitz gibt)
- Gröditzer Skala (wo man durch ein Felsental und Naturschutzgebiet wandert)
- Bio-Berggasthof "Beckenbergbaude" (wo saisonale Küche auf eine öko-regionale Slow-Food-Philosophie trifft)
- Oder-Neiße-Radweg (wo man abschnittsweise auf einem Fernradweg radelt)
- Krabat-Mühle Schwarzkollm (wo die sorbische Krabat-Sage fast ihren Ursprung hat)
Stellplatz-Tipps für die Oberlausitz
Naturcampingplatz am Olbasee
Campingplatz Tonschacht e.V.
Camping in der Lausitz bei der Welt von Turisede Kulturinsel
Camping am Kühlhaus
Wohnmobilstellplatz am Waldbad
Stellplatz am Schanzberg in Oberseifersdorf
SeeCamping Zittauer Gebirge