2017 feiert er seinen 70. Geburtstag, der Citroën Typ H, der 1947 auf dem Pariser Automobilsalon seine Weltpremiere erlebte – und für staunende Gesichter sorgte. Denn ein derart aufs Wesentliche reduziertes Nutzfahrzeug, dazu noch mit dünnem Wellblech beplankt, das musste einfach Aufsehen erregen. „Und daran hat sich bis heute nichts geändert“, versichert Bernd Schmidt schmunzelnd. Je nun, er hat auch gut lachen: Immerhin wird seine „Wellblechhütte“ ihrem Namen wirklich gerecht. Denn schon in den 50er Jahren wurde der Kleinlaster zum Wohnmobil umgebaut. Mit richtig pfiffigen Details.
- Schöne Details im 60er-Jahre Wohnmobil
Die Details haben sich auch deshalb erhalten, weil der Wagen Mitte der 60er in einer Scheune im Département Loiret mitten in Frankreich verschwand – für mehrere Jahrzehnte. „Mangels Papieren mussten wir das rekonstruieren“, erklärt Bernd. „Wir fanden im Wagen nur einige Modezeitschriften, einen Kalender und eben die Steuerplakette von 1966. Das war dann aber auch schon alles. Nicht mal einen Schlüssel gab es. Entsprechend knifflig war 2004 die deutsche Zulassung.“
Immerhin war der „H“ hierzulande schon immer ein Exot – ganz anders als bei unserenFreunden jenseits des Rheins. Dort gehörte die „Schweinsnase“, wie der „H“ wegen seiner Charakterfront gerne genannt wird, über Jahrzehnte zum Alltag. Und auch heute sieht man „nez de cochon“ allenthalben, wenn auch oft halb in der Wiese eingewachsen oder gleich als Hühnerstall genutzt.
„Das ist dann meist auch das Ende. Denn so einfach die Technik gestrickt ist, so knifflig wird es, wenn man dem Blech den Gilb austreiben will“, versichert Bernd, der selbst eine auf Citroën spezialisierte Werkstatt betreibt und um die Eigenheiten der dünnen Haut weiß. „Einmal mit dem Schweißgerät nicht aufgepasst, schon hat man ein Loch groß wie ein Teller eingebrannt.“
So stabil und fahrsicher ist das Wellblech-Wohnmobil
Das dünne, aber in gewellter Form eben auch stabile Blech – es erinnert nicht ohne Grund an das legendäre Flugzeug „Tante Ju“ – war ein Markenzeichen des frontgetriebenen Kleintransporters, als der Nachfolger des extrem seltenen Citroën „TUB“ im Juni 1948 endlich auf die Straßen kam. „Und weil die im Hinterland gerne mal holprig waren, spendierte man dem H eine solide Drehstabfederung. Die sorgte für eine ordentliche Straßenlage und einen hohen Federungskomfort.“ Das muss man freilich aus der Sicht der damaligen Zeit sehen, heutige Maßstäbe darf man an diesen sympathischen Oldie nicht anlegen. Apropos Maßstäbe: „Um eine möglichst niedrige Bauweise zu erzielen, wurden die hinteren Drehstäbe voreinander gelegt. Deshalb ist auch der Radstand links mit 2.500 Millimetern genau 36 Millimeter kürzer als rechts.“
Beim Fahren achtet man auf solche Details natürlich nicht, dafür hat man definitiv anderes im Sinn. Das beginnt schon mit der Raumaufteilung im Fahrerhaus, in dessen Mitte sich der innere Motordeckel wölbt, hinter dem ein immerhin schon wassergekühlter Reihen-Vierzylinder thront. „Den spendierte der Citroën Traction Avant – mitsamt der vorderen Antriebsachse.“ Konzerneigene Komponenten sollten Kosten sparen.
Entsprechend müssen auch drei Gänge reichen, die von einem bis in die Sitzhöhe ragenden Schaltknüppel – die Betonung liegt hier bitteschön auf „Knüppel“ – sortiert werden. Aber erst, wenn die Handbremse gedreht und entriegelt ist. Dann aber darf der überraschend kultivierte Zweiliter seiner Arbeit nachgehen, wobei das Aggregat fein am Gas hängt.
Das ist auch gut so. Denn vom ersten Gang – hinten links – in den zweiten – vorne rechts – zu schalten, das klappt noch recht sauber. Doch der Weg von der zweiten in die dritte und letzte Fahrstufe ist lang, der Motor braucht Touren. „Keine Sorge, das macht er mit“, meint Bernd Schmidt, der den Antrieb wieder auf die 56 PS des Traction Avant brachte. „Ursprünglich war der Motor auf 34 PS gedrosselt, damit die Handwerker das gute Stück nicht zu Klump fahren.“ Lebhaft stellt man sich den Installateur oder Gipser vor, der gerade in Richtung Mittagessen jagt, die gelbe „Gitanes Maïs“ lässig im Mundwinkel …
Der Citroën HZ hat Seltenheitswert – schon damals!
Bei Mittelständlern oder Behörden war der Citroën H enorm verbreitet, Wohnmobile hingegen waren und sind extrem selten. Und wer ein Auto wie jenes von Bernd Schmidt sucht, der sollte unterdessen nicht die Luft anhalten. „Die blieb mir selbst aber auch weg, als ich diesen Innenausbau zum ersten Mal sah. Dieses warme Holz, diese pfiffigen Lösungen mit der Spüle oder dem mit Zinkblech ausgeschlagenen Kühlschrank, der mit Eis betrieben wird.“ Das Schmelzwasser rinnt durch ein Röhrchen nach unten ins Freie. „Dazu noch die Holzläden, die den Wohnbereich abtrennen, und die Innenleuchten mit 6 Volt. Grandios! Schade, dass man nichts zur Geschichte weiß oder wer den Wagen ausgebaut hat. Es muss auf jeden Fall aber ein versierter Tischler gewesen sein, davon gehe ich aus.“
Als Basis kam eine verlängerte Version des Citroën Typ H zum Einsatz – ohnehin ermöglichten der tiefe Einstieg in den flachen Laderaum sowie der U-förmige Versteifungsrahmen unzählige Aufbauten. „Ab Werk gab es den H mit einer Länge von 4,28 Metern oder eben als Fahrgestell mit Fahrerhaus“, erklärt Bernd. Für die Vielfalt auf der Straße wiederum sorgtenKarosseriebauunternehmen wie Charbonnier, Gruau oder Heuliez, wobei die verschiedenen Verlängerungen von Radstand und Überhang eigene Bezeichnungen wie „Modification A“, für 40 Zentimeter Überhang, bis „Modification F“, was für eine Radstandverlängerung von 1,2 Metern stand, bekamen. Auch Dacherhöhungen bis 40 Zentimeter waren möglich und üblich, wobei die Zuladung die verschiedenen Typenbezeichnungen – H, HY, HX, HW, HZ oder 1600 – definierte. „Deshalb sind wir hier auch – das zulässige Gewicht liegt bei 2.300 Kilo – in einem HZ unterwegs“, erklärt Bernd während der abendlichen Rückfahrt in seine Werkstatt bei Bopfingen im baden-württembergischen Osten, in der auch die Restaurierung – die lediglich aus einer technischen Überarbeitung, einer Neulackierung und einer ordentlichen Möbelpflege bestand – durchgeführt wurde.
Unterdessen fächelt der laue Herbstwind durch die Schiebefenster, der Motor brummelt – man beginnt zu sinnieren. Und plötzlich erkennt man, sozusagen mit einem Schlag, dass auch 56 PS, Rotwein, Weißbrot und Käse reichen, um zum Horizont zu rollen. So einfach ist das …
Citroën HZ Wohnmobil mit Wellblechkarosserie
- Baujahr: 1954, Wellblechkarosserie um 62 cm verlängert, Wohnmobilausbau (max. 4 Schlafplätze, Sitzgruppe bis 8 Personen, Küche, Kühlschrank, keine Heizung).
- Motor: Benziner, 4 Zyl., 1911 ccm, 56 PS bei 3800 U/min, Vmax: 115 km/h, Verbrauch: ca. 13 l/100 km.
Der Typ H wurde von 1948 bis 1981 in unterschiedlichsten Varianten angeboten: Gute Exemplare, 490.165 Stück wurden gebaut, werden für rund 25.000 bis 35.000 Euro gehandelt. Eine originale Campingausstattung kann den Wert leicht verdoppeln.