Die Marke Spacecamper gehört zu den Pionieren im Campervan-Segment. Jahrelang bauten sie Campingbusse auf Bulli-Basis. Doch mit dem neuen Kurs von VW standen auch sie vor Herausforderungen. Wie sie diese bezwungen haben und welche weiteren Hürden es für Spacecamper zu meistern gilt, verrät Ben Wawra, Geschäftsführer von Spacecamper, im Interview.
Das war die Idee von Markus Riese (vom Fahrradhersteller Riese und Müller, Riese ist der andere Chef von Spacecamper, Anm. d. Red.). Der dachte sich: Warum nicht auch mal da oben sitzen? Darauf hatten wir zehn Jahre einen Schutz. Mittlerweile haben das fast alle übernommen – man kann sagen: Das ist heute Standard.
Die Sitzbank hat den Vorteil, dass man sie einfach ausbauen kann – auch sehr leichte Menschen mit 50 kg Körpergewicht. Rekordzeit: 20 Sekunden. Tolle Sache für den Kunden, aber für uns als Produzenten sehr teuer in der Herstellung. Flugzeugaluminium, aufwendige Verbindung mit der Karosserie. Für die meisten Konkurrenten ist das in ihrer stark wirtschaftlichen Ausrichtung keine Option. Uns ist die Funktion so wichtig, dass es auch nach 20 Jahren ein Alleinstellungsmerkmal ist – darüber freuen wir uns.
Nach 20 Jahren organischen Wachstums kamen hier und da Gebäude und Hallen dazu. Logistisch nicht optimal. Jetzt passt der Zeitpunkt, mit neuen Modellen, uns auch als Firma und Hersteller neu aufzustellen. Als Spacecamper 2.0. Wir bekommen eine effizientere Fertigung, ein besseres Arbeitsklima und werden auch ökologischer – mit Solardach und ordentlicher Dämmung. Derzeit heizen wir uns im Winter zum Beispiel noch tot.

Der Reporter im Gespräch mit Wawra auf der Baustelle der neuen Fertigung, Verwaltung, Ausstellung. Plus Campsite.
Anfangs war ich nicht wirklich glücklich über die Entscheidung von VW. Andererseits hatten wir Glück, 20 Jahre auf einer Karosse zu bauen. So konnten wir z. B. bei unserer Sitzbank auch 20 Jahre lang die technische Abnahme beibehalten und mussten da nicht dauernd neu prüfen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, unser ganzes Wissen aus 20 Jahren in die neuen Modelle einfließen zu lassen.
Also tatsächlich derzeit viel in der Natur – ich bin sehr naturaffin. Meistens im Bus.
Das wäre eine sinnvolle Idee (lacht).
Ja.
Als ich vor 15 Jahren für ein Jahr im Bus gewohnt habe, war das eine gute Werbestrategie. Einfach um zu zeigen, dass wir unsere Produkte testen und in der Praxis entwickeln. Das Experiment ist ziemlich schiefgegangen, weil ich ziemlich hängen geblieben bin (lacht). Aber ich merke: Ein Buch zu lesen entspannt mich eher. Der Input von durchaus spannenden Medien wie Instagram stresst mich eher.
Die Leute bereiten sich heute mit digitalen Medien sehr gut vor. Messen verlieren an Bedeutung. Sie schauen sich vorher in Ruhe Videos an. Die Bedürfnisse haben sich auch verändert. Durch Corona haben viele Menschen die Möglichkeit bekommen, mobil zu arbeiten.
Und wenn man z. B. CAD oder Videoschnitt macht, braucht man heute viel mehr Strom als früher. Große Autarkie, Internet überall – das ist heute viel wichtiger geworden. Wir bieten 500 Ah Lithium. Früher waren wir stolz, wenn wir 80 Ah nutzbar anbieten konnten.
Corona hat auch dazu geführt, dass viele Campingplätze überfüllt sind – da wird das Thema Autarkie auch für die "alten Hasen" wieder relevant.
Ich mag dieses Planen nicht so gern. Dann irgendwo anrufen und sagen: Ich komme vom 12. bis 14. für viel Geld. Und absagen kann auch kosten.
In Griechenland darf man weiterhin 24 Stunden stehen. So habe ich das gelesen. Aber dort gibt es tatsächlich wunderschöne Orte, an denen dann irgendwelche Camper-Wracks vor Müllbergen stehen – und genau die sind damit gemeint. Neben den Einzelfällen von Wohnmobilisten, die sich nicht gut benehmen.
Ich halte das aber nicht für eine schlechte Entwicklung. Man nimmt die Leute damit ja auch an die Hand. Man kann nicht von jedem erwarten, dass er wie ich 15 Jahre im Bus wohnt. Und so kann man auch den Unerfahrenen, den etwas Unsicheren die großartige Welt zeigen. Hier ist ein Winzer, da kannst du was trinken, essen – und dort übernachten.
Wir haben da keine große Taktik. Für uns ist der Bus eine Hilfe beim Übergang vom Alltag ins Abenteuer. Und unsere Kunden sind so drauf, dass sie uns zum Beispiel bei Messen helfen – ohne Geld zu nehmen. Die machen das aus Spaß. Es ist eher wie eine Familie. Woher das genau kommt, kann ich gar nicht sagen. Vieles, was Marketing angeht, machen wir eher intuitiv.
Da steckt richtig viel Arbeit drin. Aber durch die Entscheidung des VW-Vorstands waren auch wir gezwungen, den Hintern hochzukriegen. Und haben dann ein richtig gutes Entwicklerteam aufgebaut – das war eine tolle Herausforderung. Ich bedaure, dass der T6 so nicht weitergebaut wird – aber es macht keinen Sinn, ihm nachzutrauern. Die neueren Modelle haben auch ihre Vorzüge. Da lassen wir uns voll drauf ein.
Eine große Tradition bei VW ist ja: Wenn was Neues kommt, wird erst mal geschimpft. Man erinnere sich – vom T2 auf T3 und noch schlimmer: vom T3 auf T4, wo der Motor plötzlich vorne war (lacht). Bei den ersten neuen Multivans, die wir gebaut haben, kamen die Leute und sagten: "Das ist doch kein Bus mehr!"
Und inzwischen gibt es immer mehr, die ihn richtig gut finden. Da entwickelt sich was. Ich finde ihn mittlerweile auch gut – vor allem für lange Strecken. Und wer mehr "Bulli" will, für den gibt’s den Ford. Da steckt übrigens mehr VW-Technik drin, als man denkt.
Ich dachte, wir werden gesteinigt – aber dem war nicht so. Viele mögen das Bullige und seine Fahreigenschaften. Das passt.
Es ist anstrengender geworden. Unser Anspruch ist, dass man in so einem Van auch wirklich leben kann. Da muss man manchmal in Details gehen, die sehr teuer sind. Tisch reinschrauben, Bett rein – das kann jeder. Und die sehen dann auch schick aus. Aber die Frage, warum wir teurer sind als ein ähnlich aussehendes Auto mit gleicher Motorisierung, ist aufwendiger zu beantworten als früher.
Nein. Mich stresst es wahnsinnig, wenn unsere Kunden im Urlaub irgendwo hängen bleiben. Oder sonst was haben. Wir wollen, dass der Ausbau das Auto überlebt. Es muss qualitativ das Beste sein, was geht. Wir bauen die Autos so, als wären sie für uns selbst. Das macht einfach mehr Spaß.

Hybrid aus Aufstelldach und Dachzelt. Abnehmbar und offen fahrbar.
Die Idee des Daches ist sehr gut – ich mag sie. Es geht wieder um Alltag und Urlaub: Wenn das Dach oben bleiben kann, stellt man es vor Ort auf und fährt mit eingeräumtem Dach einfach weiter. Aber das ist technisch Neuland für uns. Es muss am Ende wirklich funktionieren – von minus 30 Grad in Norwegen bis plus 40 in Griechenland.
Ich baue mir gerade ein Dach mit den neuesten Erkenntnissen – und fahre es mindestens ein Jahr lang, um sagen zu können: Das hält. Und dann geht der Test weiter.
Ja. Und dann gehen die ersten Dächer in die Vermietung – damit noch mehr Verrückte das ausprobieren können. So sammeln wir noch mehr Erfahrungen. Da kommen dann Fehler raus, die wir nie selbst finden würden. Und wenn es ein Leihdach ist, ist man entspannter – weil man den Fehler dann beheben kann.