Ende März 2016 ist Ostern. Bis dahin sind es noch ziemlich genau fünf Monate. Und wenn Sie dann mit Ihrem brandneuen Reisemobil in die Osterferien starten wollen, ist es höchste Zeit, das Gefährt endlich zu bestellen. Sie wollen die Eindrücke des Caravan Salons noch in Ruhe verdauen oder womöglich sogar die eine oder andere Frühjahrsmesse 2016 zur Entscheidungsfindung mitnehmen? Keine Chance, denn je nachdem, welches Fahrzeug ihr Favorit wäre, könnte es selbst bei sofortiger Bestellung sein, dass Ihnen kein Händler einen Liefertermin sogar zu den Sommerferien garantieren kann.
Die Zeiten, als zahlreiche Wohnmobile gewissermaßen auf Halde produziert wurden, sind längst passé. Die Branche boomt, die Auftragsbücher sind rappelvoll und die Produktionskapazitäten nicht selten am Limit. Die Folge davon: Lieferzeiten. Und die können nach heutigem Stand der Dinge durchaus auch deutlich mehr als ein halbes Jahr betragen. Philipp Komers, Key Account Manager bei Niesmann + Bischoff, verdeutlicht: „Obwohl wir unsere Produktionskapazität nach oben gefahren haben und unsere Mitarbeiter die Wochenarbeitszeit bis an die vereinbarte Grenze ausschöpfen, hat unsere Produktionsplanung derzeit schon Juni/Juli 2016 erreicht.“ Eine stichprobenartige Umfrage bei verschiedenen Reisemobilherstellern führt zu ähnlichem Ergebnis. Kurzum: Vor allem bei frei konfigurierten Fahrzeugen ist mit Wartezeiten von drei bis zehn Monaten zu rechnen.

Für den Käufer ist wichtig, die Hintergründe zu kennen. Der boomende Markt ist dabei nur eine Sache, die Logistik der Fahrzeugfertigung eine andere. Erstens hängen die Liefertermine natürlich von der Verfügbarkeit der Basisfahrzeuge und der Überführung zum Ausbauer ab. Torsten Wagner von Ford erläutert: „Etwa zwei Monate dauert es ab Bestellung, bis ein Transit in unserem Werk am Schwarzen Meer das Band verlässt. Der Transport zu Westfalia beansprucht in etwa weitere sechs Wochen. Und erst dann kann der Ausbau zum Nugget erfolgen.“ Auch Jörn Koch, der französische Chausson-Wohnmobile nach Deutschland importiert, geht von mehreren Monaten aus, bis ein individuell zusammengestelltes Basisfahrzeug überhaupt beim Aufbauhersteller zur Verfügung steht.
Zweitens gilt: Je spezieller Grundrissvariante und Ausbauwünsche, desto länger kann es dauern, bis das Fahrzeug vom Band läuft. Zwar gilt heute praktisch überall die auftragsbezogene Fertigung von Reisemobilen statt Produktion auf Halde, dennoch sind die Hersteller bemüht, möglichst identische Fahrzeuge nacheinander über das Band zu schicken.
Obwohl an vielen modernen Produktionsstandorten die Herstellung einzelner unterschiedlicher Fahrzeuge in direkter Folge möglich wäre, sind die Hersteller bemüht, größere Losgrößen übers Band zu schicken. Das ist rentabler, hat aber zur Folge, dass nicht jedes Modell zu jeder Zeit auf Abruf hergestellt wird. In der Zwischenzeit heißt es warten.
Den Sommer über entstehen primär die Ausstellungsfahrzeuge für den Handel, der angehalten ist, ein gewisses Grundkontingent vorzuhalten, das er potenziellen Interessenten vorführen kann. Vorführfahrzeuge aus diesem Pool werden allerdings erst gegen Ende der Saison abverkauft.
Dennoch gibt es Lösungen, etwas zügiger an ein Neufahrzeug zu kommen. Die Zauberformel lautet: Erfahrung und Flexibilität. Entscheidender Faktor hierbei ist der kompetente Fachhandel, denn er ist es, der Fahrzeuge nicht nur nach exakter Kundenvorgabe, sondern gewissermaßen auf Verdacht ordert.
Erfahrene Händler können abschätzen, wohin die Trends gehen, bestellen nach bestem Wissen das eine oder andere Modell, und können so Kundenwünsche recht rasch bedienen. Gewissermaßen ab Lager. Auf diese Weise kann der Hersteller zudem seine Losgrößen und deren Eintaktung besser planen. Interessanterweise sind zudem teils bis vier Wochen vor Produktionsbeginn noch Änderungenhinsichtlich der Bestellung möglich. Das ist Flexibilität bei der Produktion.

Wenn dann auch noch der Kunde etwas Flexibilität an den Tag legt und zu Zugeständnissen hinsichtlich Polsterstoffen oder Ausstattungsextras bereit ist, kann es sein, dass womöglich sogar nur wenige Wochen von Kauf bis zur Auslieferung verstreichen. Auch Handelsvermittlung ist durchaus üblich und kann die Lieferzeiten erheblich reduzieren. Vor allem dann, wenn das gewünschte – oder zumindest ein vergleichbares – Fahrzeug zwar nicht beim Händler vor Ort, doch aber an einem anderen Standort vorhanden ist und überführt werden kann. Generell gilt, planen Sie den Neukauf eines Reisemobils detailliert mit Ihrem Händler durch. Und das nicht nur hinsichtlich Modell und Ausstattung, sondern auch, wann das Wunschmobil lieferbar ist.
Insbesondere dann, wenn Sie einen fixen Reisetermin einhalten möchten. Wilfried Leupolz von Bürstner betont, dass sich seine Händler „quasi stundenaktuell über die Produktionsplanung informieren können, um so den Liefertermin für den Kunden einzugrenzen“. Allerdings – verbindliche Lieferterminzusagen sind nicht obligatorisch. Obacht zudem bei verdächtig günstigen Messeangeboten, mit denen womöglich viel zu viele Kunden geködert werden und deren Fertigung dann stockt. Denn ohne Fahrzeug bleibt der Urlaub dann garantiert auf der Strecke.
5 Fragen an den Rechts Experten Rüdiger Zipper
1. In der Regel wird eine „Verbindliche Bestellung“ unterschrieben. Was bedeutet das?
Eine verbindliche Bestellung ist das bindende Angebot des Käufers auf Abschluss eines Kaufvertrages. Nimmt der Verkäufer das Angebot an, ist der Kaufvertrag geschlossen. Alle im Vertrag vorgesehenen Regelungen, auch die über die Lieferfristen, werden dann wirksam.
einer gewissen Frist – widerrufen?
Die verbindliche Bestellung ist mit Abgabe bindend, meist wird vertraglich eine Frist bestimmt, binnen derer der Verkäufer das Bestellangebot annehmen muss. Ein Widerrufsrecht besteht in der Regel nicht.
Bei einem unverbindlichen Liefertermin müssen Lieferverzögerungen von rund sechs Wochen toleriert werden. Danach muss der Käufer den Verkäufer schriftlich mahnen und in Verzug setzen. Bei einem verbindlichen Liefertermin hingegen gerät der Verkäufer automatisch mit Ablauf der Lieferfrist in Verzug.
Ist sowohl der unverbindliche Termin verstrichen plus die angemahnte Zusatzfrist oder sogar der fest vereinbarte Liefertermin, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Ein eigenes Fahrzeug hat er dann freilich nicht, und er muss sich an anderer Stelle erneut um den Erwerb eines solchen kümmern.
für einen geplatzten Urlaub einfordern?
Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Unter Umständen können Kosten für einen Hotelaufenthalt oder die Anmietung eines Ersatzmobils verlangt werden. Hier kommt es aber ganz entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Prinzipiell gilt: Nur materielle Schäden sind dem Kunden zu erstatten. Nicht dazu gehören beispielsweise entgangene Urlaubsfreuden oder dergleichen.