Der Knaus Sport-Liner 650 UF im Test
Freizeit-Sport

Als günstigen Einstieg in die Integrierten-Klasse positioniert Knaus den markanten Sport-Liner. Über 3000 Testkilometer bringen seine Stärken und Schwächen an den Tag.

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Foto: Foto: Konstantin Tschovikov

Knaus ist wieder da. Nach dem Sinkflug der Schwalben aus dem Bayerischen Wald, den Turbulenzen um die Insolvenz der Knaus-Tabbert-Group und der Notlandung unter dem Dach des niederländischen Investors HTP scheint vorerst Ruhe eingekehrt. Gut so – nicht nur für die verbliebene Belegschaft der Traditionsmarke.

Auch das Angebot an Freizeitfahrzeugen wäre ohne Reisemobile von Knaus ärmer. Besonders die jüngeren Integrierten haben der Marke ein eigenständiges Gesicht gegeben. Die markante, etwas grimmige Miene scheint namentlich am besten zum Sport-Liner zu passen. Doch der Beiname steht nicht für olympische Absichten, sondern nach alter Sitte nur für die günstigste Modellreihe der jeweiligen Aufbauform.

Der schicke Sport-Liner verdreht Passanten die Köpfe. Die Verarbeitung des konventionell aufgebauten Integrierten kann jedoch nur teilweise begeistern. Funktional gibt’s wenig zu meckern. Im 650 UF wäre mehr Platz an der Sitzgruppe und im Bad wünschenswert. Die Preistreiberei durch die Hintertür nervt.

Fahren

Der kompakte Sport-Liner fährt sich wendig und ist übersichtlich. In dem sportiven Dress steckt ein kreuzbraver Fiat Ducato. Der allerdings dank optionalem Drei-Liter-Motor zu Werke geht, als gäbe es kein Morgen. Besonders an Steigungen zeigt er sein Können, das sich in Sachen Geschwindigkeit indes nicht ausnutzen lässt. Konfiguriert als Viertonner, ist für den Testwagen bei 100?km/h Schluss. Spaß macht das fraglos. Der Spargesellschaft entspricht der serienmäßige Multijet 130 eher.

Besohlt ist der Knaus optisch passend mit 17-Zoll-Walzen, die sich trotz niedrigerer Flanken nicht wesentlich un­kom­moder benehmen als die Serienbereifung. Längsrillen spüren die brei­ten Gummis jedoch zuverlässig auf, was spontane, direkt übermittelte Rich­tungs­­korrek­turen fordert. Die Ducato-Federung teilt Fahr­bahnmängel recht trocken mit.

Der kurze Radstand macht den 6,64 Meter langen 650 UF im Stadtverkehr wendig, bei höherem Tempo aber auch anfällig für Seitenwind. Die Übersichtlichkeit ist prinzipiell gut, bei Regen tut das große Wischerfeld ein Übriges. Ge­wöhnungs­bedürftig klein sind die Spiegel, die zudem Weitwinkelfelder vermissen lassen. Cupholder fehlen im Cockpit. Nützlich wären auch Schalter, um die Fahrerhauslampen im Sitzen bedienen zu können.

Wohnen

Das Raumgefühl gefällt, die Platzverhältnisse nicht immer. Der offene Grundriss lässt den 650 UF von innen größer wirken als von außen. Grund dafür ist die Sitzgruppe, die aus einem Einzelsitz mit Gurt links, einer kleinen Längsbank rechts und den etwas umständlich zu wenden­den Pilotensesseln besteht. Letztere lassen sich nicht auf das Niveau der hinteren Sitzgelegenheiten anheben, sind aber dennoch am bequemsten; die Lehnen der Plätze im Fond sind steil. Die Beinauflage des Sitzes in Fahrt­richtung ist unbequem kurz. Zudem sitzt man dort abgewandt vom Geschehen um den gro­ßen Tisch, der verschieb- und drehbar ist, aber zum Passieren nur eine ­schmale Gasse lässt.

Gut klappt die Verdunkelung mit von unten nach oben zu schließenden Hohlkammer-Faltrollos, abgesehen davon, dass der Deckel des rechten Rollofachs mit dem Rahmen des Seitenfensters kollidiert. Halb hochgezogen, schirmt das Frontscheiben-Plissee Blicke ins Innere ab, lässt Licht gleichwohl herein. Die Stehhöhe im Fahrerhaus und damit auch das Raumgefühl profitieren vom Verzicht auf das optionale Hubbett. Für eine Viererbesatzung oder getrennt schlafende Paare wäre es freilich eine Option, die mehr Platz böte und schneller hergerichtet wäre als das letztlich doch unbefriedigende Sitzgruppen-Notbett.

Das Doppelbett längs im Heck liegt relativ hoch, was dem Stauraum darunter zugute kommt, den Einstieg aber erschwert. Der Schlaf­komfort der weichen Kaltschaummatratzen lässt dank punkt­elastischer Unterfederung allerdings keine Wünsche offen; serienmäßig ist ein Lattenrost. Am Fußende wird die Liegefläche schmaler, doch 1,30 Meter Schulterbreite gehen für ein Längsdoppelbett in Ordnung.

Zur Ausstattung zählen Textilverkleidungen der Wände, eine Stofftasche und zwei Leselampen. Mit der in Griffweite montierten Schal­tereinheit lassen sich bequem auch einige Lichter im Wohnraum ausschalten, ohne dass man noch mal aufstehen müsste. Eine zweite Einheit befindet sich im Einstieg. Die Taster sollten jedoch größer, ihr Druckpunkt besser erfühlbar sein.

Über solche Kritik erhaben ist der Lichtschalter im Bad, in das eine ­schmale Tür führt. Im vorne liegenden Waschraum geht es nicht gerade großzügig zu, aber die Bewegungs­freiheit in der Dusche gefällt durchaus. Dicht schließt sie obendrein, und durch zwei Abläufe in der hohen Bodenwanne fließt das Wasser zügig ab. Das passt.

Die leicht zu reinigende Keramikschüssel des WCs dürfte den Herren der Schöpfung beim opportunen Sitzpinkeln vorn jedoch etwas zu flach sein. Pfiffig ist die Anbringung des Klorollenhalters an der Innentür des Unterschranks. Stauraum gibt es ausreichend, Spiegelfläche reichlich. Eine Dach­haube mit Zwangsbelüftung lässt feuchte Luft entweichen.

In der Küche wälzt optional ein elektrischer Lüfter Dunst um. Auf der Arbeitsplatte, die keinerlei Abdichtung zu den angrenzenden Stehwänden auf­weist, versammelt sich Standardequipment: eine Spüle mit billig wirkender, für hohe Töpfe zu niedriger Armatur und drei Kochflammen, die an der Wand in Reihe positioniert für ein brauchbares Stück Arbeitsfläche davor sorgen. Kühlkost findet im 100-Liter-Eisschrank Platz. Gut nutzbar sind die Hängeschränke und die Besteckschublade. Der Platz im tiefen Unterschrank wäre aber mit Auszügen besser zugänglich. Die Halter der Zwischenböden sind für schwere Töpfe leicht unterdimensioniert.

Beladen

Stauraumangebot und Zuladung passen gut für zwei Reisende. Das Mobiliar gefällt einerseits durch den unaufdringlichen Schick der soliden Hängeschrän­ke im Bug, enttäuscht andererseits durch die sparsame Machart derjenigen über dem Heckbett. Handliche Metallgriffe haben alle. Ein uneinheitliches Bild gibt auch die Verarbeitung ab, die robuste Kunststoff-­Um­leimer neben solchen mit aufgeklebter Dekorfolie zeigt.

Zwei Reisende verfügen über angemessen viel Gepäckraum. Besonders tut sich der große, viertürige Kleiderschrank hervor. Den unbeleuchteten Stauraum unter dem Bett ergänzt über die ganze Fahrzeugbreite eine flache Durchlade, die durch eine Schürzenklappe rechts hinten deutlich besser erreichbar wäre.

Wer auf Extras verzichtet, dürfte beim 3,5-Tonnen-Serienchassis zu Wasser und Gas noch rund 600 Kilo Fracht laden. Wer auf der sicheren Seite sein will, weil er sich aus der reichhaltigen Extraliste großzügig bedient hat, ist gut beraten mit einer Auflastung auf vier Tonnen Gesamtgewicht.

Technik

Design und konventionelle Technik sind kein Widerspruch. Von allem etwas bietet der Aufbau, zuvorderst die aufwendige, zweiteilige GfK-Bugmaske mit der dynamisch im Wind liegenden Frontscheibe. Optisch weniger gelungen ist der obere Übergang zur Kabine. Während Radläufe und Metallschürzen sauber anliegen, finden am Heck nicht alle Anbauteile passgenau zusammen.

Unter dem edlen Metalliclack verbirgt sich traditionelle Technik: Filigrane Kantenleisten verbinden Alu-Sandwichwände mit Holzstruk­tur und Styropor-Dämmung.

Der Boden besteht aus gewöhnli­chem Holz. Ein hagelresistentes GfK-Dach gibt es wie solide Rahmenfenster gegen Aufpreis. Eine Fahrertür kostet ebenfalls extra.

Die bordtechnischen Kapazitäten sind durchschnittlich. Frisch- und Abwassertank stecken in auf Wunsch isolierten Bodenwannen. Das Wasser fließt durch lebens­mit­tel­echte Rohr­e. Die sinnvoll verteilten Halogenlampen sind teilweise dimmbar. Dass sich beim Testwagen zwei Lampen an der Küche nur über den Hauptschalter ausschalten lassen, was gleichzeitig die Heizung außer Betrieb setzt, entspricht laut Knaus nicht dem Serienstand. Davon abgesehen funktionierte die Technik auf 3180 Testkilometern problemlos.

Kosten

Unentbehrliche Extras treiben den Preis schnell in die Höhe. 56990 Euro Grundpreis für einen schicken Integrierten sind zunächst mal nicht viel. Wie bei anderen Herstellern kostet aber auch bei Knaus teils unentbehrliche Ausstattung extra; die elektri­sche Trittstufe zum Beispiel oder die Fahrer­hausverdunkelung. Pakete machen den Erwerb günstiger, aber unterm Strich summiert sich’s: beim Testmobil auf stolze 76776 Euro. Nun ja, Knaus ist wieder da, und in dem Punkt voll auf der Höhe der Zeit.

Modelle: Die Sport-Liner sind die günstigere von zwei Integrierten-Baureihen von Knaus. Vier Grundrisse vom kompakten Dreibettmodell 600 MG bis zum reinen Viertonner 700 MEG mit Einzelbetten stehen zur Wahl.

Preis:70.000 bis 80.000 €Typ:IntegrierteSchlafplätze:4

Technische Daten
Knaus Sport Liner
Grundpreis55.980,00 €
Maße664 x 230 x 293 mm
Motor2,3 130 light