Über einen zehn Kilometer langen Damm gelangt man nach Rømø. Die endlosen Sandstrände auf der Insel sind teilweise frei zugänglich für Autos und Wohnmobile. Übernachten ist hier zwar verboten, aber zum Frühstück lohnt es sich herzukommen. Morgens ist man hier fast alleine beim Blick aufs Meer. Unser Campingplatz Kommandørgården hat aber auch Stellflächen direkt am Wasser, Pferde grasen friedlich auf der Weide und die Abendstimmung lässt sich hier so richtig schön genießen. Weniger gut gefallen uns die sanitären Einrichtungen des Platzes, die ziemlich in die Jahre gekommen sind.
Ganz neu dagegen ist der Stellplatz mit Glamping-Zelten auf der anderen Seite des Damms. Auf dem Gelände des Marsk Camp steht das neue Wahrzeichen der Marsch: der Marsk Tower. Nach 146 Stufen weht uns der Wind um die Nase und Südjütland liegt uns zu Füßen. Je nach Wetterlage sieht man Ribe, die älteste Stadt Dänemarks, Sylt und Rømø. Vögel fliegen aus dem Marschland auf. Hier gibt es Austernfischer, Rohrweihen, Rohrdommeln, Bartmeisen und ab und zu Trauerseeschwalben. Das Wattenmeer, Unesco-Weltnaturerbe, ist das weltweit größte zusammenhängende Gezeitensystem. Die Wattflächen, die zweimal am Tag trockengelegt werden, bieten Nahrung für Millionen von Vögeln. Ein besonderes Schauspiel "Sort Sol", übersetzt Schwarze Sonne, erlebt man hier im Frühjahr und Herbst. Dann verdunkeln unzählige Stare in riesigen Formationen die Sonne. Im Pulk schützen sie sich vor Feinden. Gemeinsam lassen sie sich dann auf den Bäumen für die Nacht nieder.

Nationalpark Thy & Aarhus
Da das Wetter heute noch einmal schön sein soll, fahren wir auf einen kleinen Stellplatz bei Lemvig am Remmer Strand und bekommen auch noch eine der drei Flächen mit Blick auf den Hafen und die Bucht. Am Strand gehen wir auf Austernsuche. In Dänemark dürfen die Schalentiere für den Eigenverbrauch gesammelt werden. Unser heutiges Ziel ist der Nationalpark Thy, der älteste Dänemarks. Über die Landzunge Agger Tange fahren wir bis zur Fähre, die hier den Limfjord überquert, verzichten aber auf die Überfahrt und wandern auf dem Deich entlang – auf der Suche nach Seehunden, die hier eigentlich immer zu sehen sein sollen. Heute lässt sich aber kein einziger blicken. Links ist das Meer und rechts von uns der stille Fjord. Beide waren ursprünglich von einer Sandzunge getrennt, welche die Nordsee am Ende durchbrach. So wurde der Limfjord salzig. Während des Vogelzugs sind hier Schwäne, Blesshühner und Tauchenten anzutreffen. Da sich die Sonne für die nächsten Tage verabschiedet, fahren wir weiter Richtung Aarhus anstatt in den nördlichen Teil des Nationalparks. Unser Stellplatz für die Nacht ist wieder am Wasser, und zwar in Thisted an der Vilsundbrücke. Sie führt über den Vilsund im Limfjord. Oft liegen die dänischen Stellplätze an Häfen, wo es Sanitäranlagen für die Segler gibt, die von den Campern mitbenutzt werden können.
Knapp 150 Kilometer sind es am nächsten Tag bis nach Aarhus. Da nicht übermäßig viel Verkehr herrscht, ist es eine gemütliche Fahrt in die größte Stadt Jütlands und die zweitgrößte des Landes. Aarhus hat viele Namen, darunter die glücklichste Stadt, die kleinste Großstadt der Welt, die jüngste Stadt. Bei unserem Spaziergang wird klar, die Stadt hat Flair. Links und rechts des Flüsschens Aarhus Aue liegen kleine Restaurants, Cafés und Bars. Einen spektakulären Blick auf die Stadt und den Hafen bietet die Aussichtsplattform des Kaufhauses Salling. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte den Blick durch den Glasboden nach unten lieber bleiben lassen. Noch ein paar Kilometer sind es zum Stellplatz bei Odder, mit einem kleinen Fischrestaurant – und wieder am Wasser.
Odense & Kopenhagen
Da Odense auf dem Weg nach Kopenhagen liegt, ist uns auch die drittgrößte Stadt Dänemarks einen Abstecher wert. Im Sommer 2021 eröffnete hier die neue Andersen-Erlebniswelt. Auf unserem Rundgang durchs Museum des wohl bekanntesten Märchenerzählers finden wir die bunten Matratzen der Prinzessin auf der Erbse, des Kaisers neue Kleider und auch das hässliche Entlein. Die kleine Meerjungfrau hat ebenfalls ihren Platz im Museum, das sich über rund 5.600 Quadratmeter meist unterirdisch erstreckt. Oft herrscht eine düstere, melancholische Stimmung, die auch Hans Christian Andersens Märchen prägen. Immer wieder stoßen wir auf Gärten: einen dunklen Garten und einen hellen, einen großen Garten und einen versunkenen. Architektur und Natur verschmelzen, wie vom japanischen Stararchitekten Kengo Kuma beabsichtigt. Nach eineinhalb Stunden im Museum schlendern wir durch Odenses schmale Gassen mit Kopfsteinpflaster, vorbei an alten farbenfrohen Häusern und großen Grünflächen.

Der nächste Stellplatz liegt ausnahmsweise nicht am Meer. Davor geht es allerdings richtig lange übers Wasser: Der insgesamt 20 Kilometer lange Brückenschlag über den Großen Belt ist selbst im Regen beeindruckend. Eine Schar Kanadagänse, auf dem Weg in den Süden, begleitet unsere Fahrt über die Querung zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seeland. Unsere Ankunft in Slagelse auf einem Stellplatz auf der grünen Wiese wird neugierig von Alpakas und Schafen beäugt. Früh am nächsten Tag fahren wir nach Kastrup, ganz in die Nähe des Flughafens von Kopenhagen. Dieser Stellplatz liegt wieder am Wasser. Ein Zug bringt uns ins Zentrum der dänischen Hauptstadt. Da wir uns nur einen Tag Zeit nehmen und uns auf das besser vorhergesagte Wetter in Schweden freuen, konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie Nyhavn mit den bunten Häusern und Schiffen, die kleine Meerjungfrau auf ihrem Felsen und den Freistaat Christiania, eine alternative Wohnsiedlung.
Von Helsingør nach Helsingborg
Zu Beginn unserer zweiten Urlaubswoche fahren wir mit der Fähre von Helsingør nach Helsingborg in Schweden. In nur 20 Minuten bringt sie uns über den Öresund nach Schonen, auf Schwedisch Skåne. Die Region gehörte bis ins 17. Jahrhundert zu Dänemark und ähnelt mit den Holzhäusern und viel Natur dem Nachbarland. Der einzige Fünf-Sterne-Campingplatz in Skåne liegt bei Borstahusen und heißt auch so. Er setzt auf Wellness und gutes Essen, das es im Restaurant am Platz gibt.
Außer einem Besuch in Landskrona mit der Zitadelle konzentrieren wir uns auf die traumhafte Küstenlandschaft und die kleinen Fischerorte. Noch mehr als in Dänemark fallen uns hier die zahlreichen kleinen Manufakturen und Betriebe auf, wie das Tomatens Hus, eine Gärtnerei mit zahllosen unterschiedlichen Tomatensorten in Vallåkra. Gleich gegenüber werden diese bei Miss Alice Krog & Butik zu Tomatenkuchen, -salat und -marmelade verarbeitet und im Glashaus oder im Garten serviert.
Schwedische Töpfertradition

Ein besonderes Highlight in der Gegend ist die Wallåkra Stenkärlsfabrik. Im alten Backsteingebäude mit dem Kohlenhaufen vor der Tür zum Einheizen des Brennofens erlebt man die schwedische Töpfertradition – auf einer Tour oder an der Drehscheibe mit Åsa Orrmell. Es ist ein schönes Gefühl, wenn aus dem lehmigen Klumpen – dank der rotierenden Scheibe und den eigenen Händen – eine Tasse entsteht, die im jahrhundertealten Steinofen gebrannt wird. Schweden zum Anfassen und Mitnehmen.
Auf der Weiterfahrt zur Halbinsel Kullen lassen wir uns Waffeln und Schokokuchen in Minas Chokladstudio schmecken. Schon der Duft im Café macht Lust auf die süßen Köstlichkeiten. Die Waffeln darf jeder selbst ausbacken. Zu essen gibt es so viele, wie man mag. In der Steingutstadt Höganäs auf der Halbinsel Kullen begegnet uns in den Manufakturen wieder das Töpferhandwerk. Durch das Naturreservat Kullen und zur Spitze der Halbinsel führt uns eine Wanderung. Dort steht der lichtstärkste und älteste Leuchtturm Schwedens. Das Wasser des Öresund glitzert vor uns in der Sonne. Am Horizont sind die Umrisse eines Kreuzfahrtschiffs zu erkennen, das langsam vorbeigleitet. Einen besseren Platz für ein Picknick findet man kaum.
Mit dem Boot zu den Schären
Dann verlassen wir Skåne, wenn auch nur für einen Tag, und fahren in die Provinz Blekinge. Karlskrona Skärgård ist mit seinen über 1.500 kleineren und größeren Inseln Schwedens südlichster Schärengarten. Auf der Bootsfahrt zu den Schären erzählt uns der Kapitän viel über das Leben und Arbeiten auf den kleinen Inseln, die besonders im Sommer als Urlaubsziel gefragt sind. Die Winter sind hier lang und ruhig. Über Kivik fahren wir nach Simrishamn. Aus der Region um Kivik stammt die Hälfte der in Schweden gegessenen Äpfel.
Der Campingplatz Tobisvik liegt direkt an einer schönen Meeresbucht. Ganz in der Nähe steht das Weingut Nordic Sea Winery, das besichtigt werden kann. Bevor wir nach Malmö fahren, bietet sich ein Stopp in Ystad an. Hier legt die Fähre nach Rügen ab. Die Kleinstadt, bekannt durch die Wallander-Krimis von Henning Mankell, hat eine lange Geschichte. Auf unserem Stadtspaziergang kommen wir an zahlreichen historischen Gebäuden vorbei, doch so richtig springt der Funke der Begeisterung bei uns nicht über.

Steinkreis bei Kåseberga
Uns zieht es zurück in die Natur und zu Schwedens meist besuchter Sehenswürdigkeit: dem Steinkreis bei Kåseberga. Dort sind schon einige Besucher unterwegs und entlang der Steilküste, die hier bis zu 40 Meter abfällt, wandern wir zur Kultstätte. Ihre jahrtausendealte Geschichte liegt teilweise noch im Dunkeln. Ähnlich wie im englischen Stonehenge üben die Granitblöcke eine hohe Anziehungskraft aus.
Ruhig ist dagegen der Sonnenuntergang am Hafenstellplatz mit Blick auf die Öresundbrücke. Es ist die weltweit längste Schrägseilbrücke für kombinierten Straßen- und Eisenbahnverkehr. Mit Abstand betrachtet wirkt die Brücke wie ein filigranes Kunstwerk, das im Wasser steht. Hier ist es so schön, dass schon bald nach unserer Ankunft alle Stellflächen belegt sind. Immer wieder fliegen ein paar Kanadagänse vorbei, während die Brücke langsam in der Dämmerung verschwindet.
Nicht weit vom Platz befindet sich eine Bushaltestelle. Mit dem Bus kann man bequem nach Malmö fahren. Schon von Weitem ist der Turning Torso zu sehen, das in sich verdrehte Hochhaus des Architekten Santiago Calatrava. Die Fachwerkhäuser im Zentrum erinnern wieder einmal an die dänische Architektur.
Nach einer "Fika", der typisch schwedischen Kaffeepause, wollen wir den letzten Urlaubstag an den Stränden von Falsterbo ausklingen lassen. Barfuß wandern wir am Ufer entlang, vorbei an bunten Badehäuschen. Wir schaffen es nur ein paar Meter in die 17 Grad kalte Ostsee. Sonnenbaden in den Dünen ist viel angenehmer.