Im Norden Oberösterreichs erhebt sich der Böhmerwald. Dieser Teil des Mühlviertels war die Heimat des Malers und Poeten Adalbert Stifter, der sie mit glühenden Worten beschrieb. Mobilfahrer, die seinen Spuren folgen, entdecken eine Landschaft mit vielen Facetten.
Die guten und bewahrenswerten Traditionen
Es war ein bitterkalter Wintertag im Jahr 1774, als im Böhmerwald der junge Joseph Rosenauer, der Forstingenieur des Fürsten Schwarzenberg, seine irrwitzigen Pläne vorstellte: Sie sahen vor, das immer knapper werdende Brennholz aus entlegenen Waldungen über Bergkämme hinweg auf künstlichen Wasserwegen heranzuschwemmen. Wenngleich der Ankündigungszeitpunkt gut gewählt war, stieß er fast nur auf Ablehnung und schallendes Gelächter. Das verstummte jedoch bald, nachdem der Fürst ihn gewähren ließ und Rosenauer es gelang, mit einem ausgeklügelten Kanalsystem die schwierige Aufgabe zu meistern. In der Blütezeit waren über 1200 Arbeiter bei der Holzschwemme beschäftigt. Später versandeten die Kanäle. Doch das kulturelle Erbe wurde mit Hilfe von fröhlichen Festen wiederbelebt; sie finden mehrmals im Sommer am restaurierten Schwemmkanal statt, der nach Schwarzenberg benannt wurde. Auf dem Programm: Vorführungen in traditioneller schwarzer Trifterkleidung unterhaltsam untermalt mit Musik und farbenprächtigen Tänzen von damals. Termine 2013 unter www.aigen-schlaegl.at
Altes zu pflegen und zu bewahren ist auch das Ziel der Mühlviertler Ölmühle in Haslach, wo seit über 600 Jahren Leinöl aus der zart-blauen Flachspflanze gepresst wird. Darüber hinaus entstehen dort weitere wertvolle Speiseöle, wie etwa Hanf- oder Mohnöl. Leinöl enthält einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Ihm wird nachgesagt, dass es unter anderem den Cholesterinspiegel senkt. Obendrein ist das Öl wunderbar bekömmlich. www.oelmuehle-haslach.at
Die entzückenden Flussniederungen
Große Mühl, Kleine Mühl und Steinerne Mühl, weitgehend naturbelassene Nebenflüsse der Donau, sollen dem Mühlviertel seinen Namen gegeben haben.
Die Region erstreckt sich im Norden von Oberösterreich und bildet dort zusammen mit Ostbayern und Südböhmen ein Dreiländereck. Die Große Mühl etwa, auch Michel genannt, entspringt auf deutschem Gebiet, fließt weiter an der Südflanke des österreichischen Böhmerwaldes, wo sie wenig später in die Donau mündet.
Ihre Ufer sind Lebensraum unter anderem von Fischotter und Biber sowie Weiß- und Schwarzstorch. Wanderer finden schöne Gasthäuser zur Einkehr vor, wie zum Beispiel die Furtmühle in Haslach. Ein beliebtes Wanderziel ist auch der besonders idyllische Abschnitt zwischen Neufelden und der Mündung in die Donau; er liegt etwas unterhalb der Schlögener Schlinge, einem beeindruckenden Durchbruchtal.
Das prächtige Chorherrenstift
Der Subprior im Stift Schlägl, Dr. Stephan Josef Prügl, welcher die Besucher des Öfteren durch die Klosterräume führt, bezeichnet sich selbst als den wohl ältesten Snowboarder in der Gegend. Der agile, in der Tat sehr sportlich wirkende 67-Jährige zeigt sich auch in anderer Hinsicht weltoffen, indem er zum Beispiel die hohe wirtschaftliche Bedeutung des Stifts für die gesamte Region hervorhebt. Zum Besitz der Klostergemeinschaft gehören unter anderem 6500 Hektar Wald. Seit rund 800 Jahren leben und wirken hier am Fuß des Böhmerwaldes Chorherren des Prämons-tratenserordens, der vom heiligen Norbert von Xanten gegründet wurde.
Die gotische Stiftskirche besteht aus drei Schiffen. Altäre, Kanzel und Chorgestühl beeindrucken mit ihren reichhaltigen Schnitzarbeiten. Die Putz-Orgel aus dem Jahr 1634 zählt zu den bedeutendsten Orgeln in Österreich. Über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind die Schlägler Orgelkonzerte. Von den Anfängen des Klosters zeugen die romanische und die gotische Krypta. Die prächtige neubarocke Bibliothek umfasst mehr als 60.000 Bücher und Handschriften; sehr umfangreich ist auch die Gemäldesammlung mit wertvollen Tafelbildern und Porträts.
Die exquisiten Schmankerln
Beim Bier weiß Karl Schiffner Bescheid wie kein anderer vor ihm: Der erste Biersommelier-Weltmeister aus dem Jahr 2009 ist einer von zirka 450 Biersommeliers, die es mittlerweile weltweit geben soll. Wer möchte, darf in Schiffners Gasthaus in Schlägl aus 150 Biersorten auswählen. Zum Menüeinstieg etwa rät der Meister, ein leichtes „Bismarck“ Schluck für Schluck zu genießen. Die Stunde der schweren Trappistenbiere schlägt übrigens erst beim obligatorischen Topfendessert.
Im ebenfalls sehr bekannten und renommierten Adalbert-Stifter-Hof im Erholungsort Schwarzenberg entscheiden sich die Gäste gerne für eine besondere Spezialität aus der Region: die Böhmerwald-Forelle. Vorzüglich tafeln lässt sich des Weiteren im elegant-rustikalen Gasthof Almesberger in Aigen am Marktplatz sowie in zahllosen weiteren Speiselokalen, die landauf, landab den Weg säumen.
Eine Kräuterwanderung mit Fred und Christine von der Klafferalm und eine Führung durch die Erlebnisimkerei Hüttner in Julbach machen Spaß und können Erwachsenen wie Kindern gute und hochwertige Nahrungsmittel nahebringen.
Die verwunschenen Wälder
Zahlreiche Dichter priesen den Böhmerwald in meist überschwänglichen Worten - allen voran der Malerpoet Adalbert Stifter, der 1805 im böhmischen Oberplan geboren wurde. Er schrieb von „Thälern und Bergen, die ihm wohl taten“ und schwärmte von „Tagen, blank vor Glück“. Herrliche Wanderwege durchziehen verwunschene Wälder, führen zu sagenumwobenen Steinformationen oder schlängeln sich über sanfte Hügel hinweg, auf denen Gerste und Flachs heranreifen. Der Böhmerwald, eines der letzten großen Waldgebiete in Europa, konnte seinen rauen Charme bewahren. Und es gibt auch Strecken, die vollkommen eben verlaufen: Sie begleiten den Schwarzenbergischen Schwemmkanal. In Tschechien drüben fraß der Borkenkäfer leider viele Bäume kahl, unter dem Plöckenstein aber kann man „das Dunkel des Waldes“, wie es Stifter erlebte, noch durchwandern.
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