Gerade ältere Reisemobile haben oft nur einteilige Außenspiegel, auf denen der Nahbereich rund ums Fahrzeug nicht zu sehen ist. Weitwinkelspiegel schließen diese Lücke im Sichtfeld.
Gerade ältere Reisemobile haben oft nur einteilige Außenspiegel, auf denen der Nahbereich rund ums Fahrzeug nicht zu sehen ist. Weitwinkelspiegel schließen diese Lücke im Sichtfeld.
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Der tote Winkel ist eine der tückischsten Gefahrenquellen. Sein Ausmaß wird oft unterschätzt. Aber zwischen dem direkten Sichtfeld durch die Seitenscheiben und dem Beginn des über die Außenspiegel einsehbaren Bereichs klafft oft eine gewaltige Lücke. Viele Reisemobile haben deshalb einen zusätzlichen Weitwinkelspiegel am Außenspiegel. Bei älteren Modellen – gerade bei Integrierten – fehlt der allerdings oft. Da sich Weitwinkelspiegel nachrüsten lassen, ist das kein Problem. promobil hat zehn davon getestet.
Im Handel findet man zwei Arten von Zusatzspiegeln. Reisemobilisten werden wegen der Größe ihres Fahrzeugs vermutlich eher zu den Modellen greifen, die auf den Außenspiegel aufgesteckt oder auch im Cockpit befestigt werden – schon allein wegen der größeren Fläche der Spiegel.
Darüber hinaus gibt es auch kleine Weitwinkelspiegel, die mit einem Klebestreifen fest auf der Glasfläche des Fahrzeugspiegels haften. Grundsätzlich sind sie für flachere Autos entwickelt worden. Manche sind deshalb für Reisemobile schlichtweg ungeeignet. Ein paar der aufklebbaren Spiegel sind jedoch durchaus reisemobiltauglich.
Trotzdem wäre es unfair, die Klebespiegel ins direkte Duell mit den Aufsteckspiegeln zu schicken. Welcher Spiegeltyp der richtige ist, hängt von der Person hinterm Steuer ab.
Aufsteckspiegel fordern vom Fahrer wegen ihrer großen Fläche weniger Konzentration. Das Auge stellt sich recht schnell auf das Bild ein, egal ob der Blick von der Windschutzscheibe oder vom Fahrzeugspiegel auf den Zusatzspiegel wandert. Für Reisemobilisten, die auf der Autobahn oft zum Überholen ansetzen und deshalb häufig die Spur wechseln, ist es ein wichtiger Vorteil, die Bewegungen auf der Nebenspur auf den ersten Blick zu erkennen. Gleiches gilt für Fahrer, die sich weniger vorausschauend einschätzen.
Drei der fünf getesteten Modelle sind in Sachen Montageort theoretisch sehr flexibel und können an allen Seiten des Außenpiegels befestigt werden. Praxistauglich ist dies aber nicht. Gegen die Montage an der Außenseite spricht, dass sich das Fahrzeug so nochmals um circa 20 Zentimeter verbreitert. Beim Milenco Aero fällt auch die Befestigung an der Unterkante weg. Das Gehäuse ist so dimensioniert, dass die Befestigungsschraube vom Arm des Fahrzeugspiegels verdeckt wird. Am Ende bleibt nur die Montage am oberen Rand. Da sind der Emuk Safe Sight und der Repusel Banana deutlich flexibler.
Montiert sind die Spiegel alle relativ schnell. Wobei das Modell von Repusel an diesem Punkt die Nase vorne hat. Hier müssen die Klemmschrauben nur mit einem Schraubendreher angezogen werden. Beim Emuk Safe Sight wird erst das Gehäuse festgeschraubt und der Spiegel darin montiert, beim Milenco Aero wird dagegen das Gehäuse auf den befestigten und eingestellten Spiegel geschraubt.
Die beiden anderen Modelle tanzen hier ganz aus der Reihe. Der Emuk Safe Sight Unten kann fast als kleine Version eines Zusatzspiegels für Gespannfahrer bezeichnet werden. Ein kleiner Aluminiumarm mit zwei Schraubklemmen trägt den Spiegel. Die Unterkante des Außenspiegels eignet sich ideal zur Befestigung, an der Oberkante rutschen die Klemmen aber auch nicht ab.
Der Tote Winkel Spiegel von Reimo wird dagegen im Inneren des Fahrzeugs mit einem Saugnapf im Cockpit oder an der Seitenscheibe befestigt. So ist er schnell greifbar, wenn der Fahrer ihn verstellen möchte. Auf der anderen Seite haftet der Saugnapf auf dem Kunststoff des Armaturenbretts im Testwagen nur schlecht. Es empfiehlt sich also, eine glatte Unterlegscheibe aufzukleben, wenn man den Spiegel nutzen möchte.
Obwohl alle getesteten Modelle ein großes Sichtfeld bieten, verdient ein einfach verstellbares Spiegelglas einen Bonus. Schließlich muss der Spiegel eigentlich bei jedem Fahrerwechsel neu eingestellt werden. Das funktioniert bei vier Modellen wunderbar, beim Milenco Aero jedoch nur leidlich. Dessen Neigungswinkel verstellt sich durch das Anziehen der Schraubklemmen, mit denen das Spiegelglas befestigt wird. Allerdings wird daran abschließend das Gehäuse mit einer Schraube montiert. Nachträglich justieren lässt sich der Spiegel also nicht.
Die Sichtfeldmessung der Zusatzspiegel zeigt, dass nicht immer die Größe entscheidet. Im Gegenteil, der Milenco Aero und der Emku Safe Sight Unten bieten als größte Spiegel sogar die kleinsten Sichtfelder. Die volle Nebenfahrbahn ist erst mehr als fünf Meter hinter dem Referenzpunkt zu erkennen. Dabei sind es auf der Autobahn gerade die überholenden Autos direkt neben dem Reisemobil, die der Fahrer im Weitwinkelspiegel erkennen muss. Bei Milenco und dem Emuk Safe Sight Unten erstreckt sich der tote Winkel allerdings etwas weiter nach hinten als bei den Konkurrenzprodukten.
Entscheidend für die Sichtfeldgröße ist die Weitwinkligkeit. Die Gläser aller Spiegel aus dem Testfeld sind nach außen gewölbt – konvex. Dass kleinflächigere Modelle einen größeren Bereich abbilden, deutet darauf hin, dass ihre Wölbung etwas stärker ist.
Dank der konvexen Form haben die Weitwinkelspiegel zwar ein wesentlich größeres Sichtfeld, sie verzerren das Bild aber auch deutlich. Die Distanz zu einem überholenden Auto wirkt auf ihnen immer etwas größer, als sie in der Realität ist. Im dichten Verkehr sollte sich die Verkehrsbeobachtung also auf keinen Fall auf den Weitwinkelspiegel beschränken. Dessen Aufgabe ist dann tatsächlich nur, den toten Winkel einzufangen, nicht die komplette Straße.
Dass kleine Spiegel durchaus ein großes Sichtfeld überblicken, zeigen die Messergebnisse der aufklebbaren Modelle im Test. Drei von fünf müssen den Vergleich mit ihren aufsteckbaren Brüdern nicht scheuen. Ihr Blinkwinkel ist weit genug, damit der Fahrer schon vier oder weniger Meter hinter dem Referenzpunkt die komplette benachbarte Fahrspur erkennt. Überholende Autos verschwinden erst spät aus dem Sichtfeld der Spiegel. Dann genügt schon der Schulterblick durch das Seitenfester, um sie im Auge zu behalten.
Allerdings zeigt sich beim Blick auf die Ausmaße der Sichtfelder auch, dass die Weitwinkelspiegel zum Aufkleben für Autos enwickelt wurden und an Reisemobilen bisweilen an ihre Grenzen stoßen. Am deutlichsten fällt das beim Toten Winkel Spiegel von Herbert Richter auf. Der passt sich recht gut in die äußere Ecke von Autospiegeln ein. Da er am PKW tief unten sitzt, reicht dort schon seine hochgezogene Form, damit der Fahrer die Straße früh erkennen kann.
Wenn der Zusatzspiegel jedoch auf der Glasfläche des hochliegenden Fahrzeugspiegels an einem Reisemobil klebt, ist der Sichtwinkel in der Vertikalen einfach zu gering. Der Fahrer kann die Straße erst zu weit hinten erkennen. So ist der tote Winkel unmöglich einsehbar. Bei den Klebespiegeln gilt also, dass die Wölbung auch in der Vertikalen groß genug sein muss.
Alle anderen Modelle sind auch am Reisemobil brauchbar. Solange der Fahrer sie nur nutzt, um die Abläufe im toten Winkel zu überblicken. Ein Radfahrer neben dem Reisemobil ist wahrzunehmen. Seine genaue Entfernung lässt sich aber nicht abschätzen. Dabei ist der Fahrzeuglenker auf sich gestellt. Details beim Rangieren lassen sich aus dem Fahrerhaus nur relativ schwer erkennen.
Die Montage der Klebespiegel ist im Vergleich zu den Aufsteckvarianten sehr einfach, darf aber nicht völlig unbedarft angegangen werden. Der Heyner Mini Mirror und der Tote Winkel Spiegel vom Online-Versand sind zum Beispiel leicht geneigt. Die höhere Kante muss dann immer nach innen zeigen, sonst sieht sich der Fahrer selbst. Deshalb ist es hilfreich, wenn bei der Montage jemand hinter dem Lenkrad sitzt und bei der Suche der besten Position hilft.
Die beiden besten Klebespiegel sammeln im Übrigen auch Pluspukte, weil der Fahrer sie nachträglich einstellen kann. Der Emuk Safe Sight Mini und der Tote Winkel Spiegel mit Gelenkarm von Herbert Richter können in alle Richtungen gedreht und geneigt werden. Ein Vorteil, wenn nicht immer die gleiche Person das Lenkrad im Griff hat.
Das Sichtfeld macht die Qualität eines Weitwinkelspiegels aus. Je größer es ist, umso kleiner wird der tote Winkel. Vermessen wurde er mit einem Laser. Die Testmuster wurden so eingestellt oder montiert, dass die Fahrzeugflanke ab dem Ende der Fahrertür zu sehen war. Danach wurde die Außenseite angepeilt und das Sichtfeld in etwa 1,35 Meter seitlichem Abstand vermessen. Mit dem Wert ließ sich berechnen, wann die komplette Nebenahrbahn eingesehen werden kann. Dazu wurden Verarbeitung, Einstellbarkeit und Montage bewertet.
Als Fazit bleibt, dass die Zusatzspiegel, die aufgesteckt oder am Armarturenbrett befestigt werden, deutliche Vorzüge haben. Das Auge hat sich schneller auf sie eingestellt und das Bild ist größer. Wer häufig die Spur wechselt und gerne auf
engen Straßen durch die Stadt fährt, kommt nicht an ihnen vorbei. Die getesteten Modelle sind dabei auch gar nicht mal so viel teurer als die kleinen Klebespiegel, die für Reisemobilisten eher zweite Wahl sein sollten. Wer auf der Autobahn die Spur hält und gerne Stellplätze abseits von engen Städten ansteuert, kann mit ihnen ebenfalls leben. Etwas klein ist das Bild vom Fahrersitz aus aber schon.