Die Digitalisierung in Reisemobilen nimmt zu. Das Ziel ist, für alle Komponenten der Bordtechnik nur noch eine zentrale Steuerung zu verwenden. Die Entwicklung könnte sogar darüber hinaus gehen.
Die Digitalisierung in Reisemobilen nimmt zu. Das Ziel ist, für alle Komponenten der Bordtechnik nur noch eine zentrale Steuerung zu verwenden. Die Entwicklung könnte sogar darüber hinaus gehen.
Kaum ist der letzte Tropfen Gas aus der Hauptflasche aufgebraucht, da funkt das Reisemobil seinen Besitzer schon an. Auf dessen Smartphone erscheint eine Info, die ihn auf Tour noch Kilometer entfernt erreicht. Sorgen muss er sich nicht. Denn die elektronische Steuerung hat automatisch auf die Ersatzflasche umgestellt und beim nächsten Händler via Internet eine Gasflasche reserviert.
Eine Vorstellung, die zum Teil schon Realität ist. Die automatische Umstellung zwischen den Gasflaschen gibt es längst. Genauso wie Sender, die ihrem Besitzer Statuswarnungen schicken und die Steuerung der Geräte im Reisemobil per Smartphone oder Tablet ermöglichen. Nur selbst neuen Brennstoff oder gar Ersatzteile anfordern können solche Systeme noch nicht. Aber auch das ist eine Vision, die mancher Entwickler nicht völlig unrealistisch findet. Die Digitalisierung und die Vernetzung der Komponenten, Füllstandsanzeigen und Lichter könnte selbst das in ferner Zukunft möglich machen. "Die Entwicklung in diesem Bereich geht gerade exorbitant schnell voran, wir dürfen hier nicht den Fehler machen, den Kunden gleich zu viel zuzumuten", sagt Alexander Wehrmann von Knaus.
Eine zentrale und komfortable Steuereinheit für die technische Ausstattung im Reisemobil statt vieler Bedienteile ist der Grundstein, den Reisemobilhersteller wie Hobby und Knaus bereits erreicht haben und jetzt noch einmal weiterentwickeln. Möglich macht das ein gemeinsamer Standard, den die Caravaning-Industrie vor einigen Jahren entwickelt hat: der CI-BUS. Da jeder Zubehörhersteller des Zusammenschlusses wie Dometic, CBE, Reich oder Schaudt seine Gerätesteuerung daran anpasst, dürfen die Fahrzeugbauer wie Knaus oder Hobby darauf zugreifen. Auf dieser Grundlage entstehen Bedienteile, die alle Geräte im Mobil kontrollieren können.
"Die Grundstruktur ist dann bei allen gleich, nur die Bedienpanels und die eingefügten Funktionen unterscheiden sich", sagt Andreas Vogt von Hobby. Das gilt sowohl für die Optik als auch für den Funktionsumfang. Vom Hobby-Kontrollbord aus sind zum Beispiel nur die wichtigsten Einstellungen der Heizung wie die Zieltemperatur steuerbar. Um die zentrale Steuereinheit nicht zu unübersichtlich zu machen, hat Hobby die Hintergrundeinstellungen weggelassen.
Die können dann über das Bedienteil des Heizungsherstellers aufgerufen werden, das an einer unauffälligen Stelle montiert wird. Die Original-Steuereinheiten der sicherheitsrelevanten Geräte müssen trotz CI-BUS eingebaut werden, anders als bei Zusatzkomponenten wie zum Beispiel Klimaanlagen. "Die Heizung funktioniert also auch dann noch, wenn unsere Steuerung den Geist aufgibt", sagt Andreas Vogt von Hobby.
Dank des CI-BUS kann die Zentrale an Bord den Camper aber auch über den Status seiner Geräte informieren. "Wir können damit aus dem System am Bedienpanel oder über unsere Smart-CI-App viele Funktionen abfragen", sagt Jürgen Thaler von Knaus. Dazu gehören Innen- und Außentemperatur, Ladezustand von Starter- und Bordbatterie, erweiterte Funktionen von optionalen Batteriesensoren oder Füllstände der Tanks.
Noch nicht in die zentrale Steuerung integriert haben Hobby und Knaus Fernseher oder Radio. Die Multimediaexperten von Alphatronics sind diesen Schritt bereits gegangen. Ihre Mobile Home Automation (MHA) im Frankia-Modell Lounge Edition erregte auf dem Caravan Salon aufsehen, weil man per Tablet sogar den Fernsehsender wählen konnte. Gerätesteuerung als Basis und Multimedia und Beleuchtung als optionale Elemente.
Der verlängerte Finger zur Kontrolleinheit sind Tablets oder Smartphones. Sie ersetzen die verschiedenen Fernsteuerungen durch ein einziges Programm, mit dem Camper jede Komponente und jede Statusanzeige kontrollieren können, ohne vom Bett oder Tisch aufstehen zu müssen. Kein Gerät benötigt noch eine Extraanwendung. "Wenn wir für jedes Gerät eine eigene App hätten, wäre das wie früher mit den zehn Fernbedienungen", sagt Markus Schröder von Alphatronics.
Offenes System ist ein Schlagwort, das bei den Digitalisierungsexperten immer fällt. "Wenn sich Teleco zum Beispiel auch dem CI-BUS anschließen würde, wäre es für uns einfach, deren Generatoren zu integrieren", sagt Andreas Vogt. Vor dem Anschluss des Geräts muss nur die neue Software auf den Prozessor der Steuerungszentrale aufgespielt werden. Auch für die Mitarbeiter der Servicewerkstätten wird die Digitalisierung Veränderungen bringen. Arbeiten mit dem Wartungscomputer für die Fehlerdiagnose oder zum Aufspielen der Updates wird für sie immer wichtiger werden. "Deshalb machen wir produktspezifische interne Schulungen mit Technikern und Händlern", sagt Jürgen Thaler von Knaus.
So kompliziert, dass die Fachwerkstätten in Zukunft keine zusätzliche Steckdose mehr anschließen können, sind die digitalen Steuerungen aber nicht. An den Kontrollbords von Knaus oder Hobby hängen neben dem CI-BUS-System zum Beispiel unabhängige Verteiler von denen die Leitungen zu Steckdosen und Lichtern abgehen. Ohne etwas programmieren zu müssen, kann der Techniker daran Stromleitungen anschließen. Das soll sogar einfacher sein als in der Vergangenheit. "Früher hatten sie einen wilden Kabelbaum, jetzt haben sie einen Verteiler, an den sie nur einen zusätzlichen Stecker mit Kabel anschließen", sagt Andreas Vogt.
Wie weit die Entwicklung gehen wird, ist noch unklar. Den nächsten Schritt haben die Experten aber schon vor Augen. "In Zukunft wird es möglich sein, alle Funktionen auch Online zu steuern", sagt Jürgen Thaler. Noch verwendet Knaus als Verbindung zwischen Tablet und Steuereinheit einen W-LAN-Router, der nicht internetfähig ist. Die Geräte können über das Tablet deshalb nur im Nahbereich kabellos bedient werden. Das soll sich bald ändern. Sonst gerät man ins Hintertreffen im Vergleich zu Systemen wie der iNet-Box von Truma oder der Smart-Control von Alde, die die Fernsteuerung der Geräte beider Marken aus großen Distanzen – praktisch weltweit – per Mobilfunknetz erlauben.
Wenn in Zukunft wirklich ein Router im Reisemobil sitzt, der Verbindung mit dem Internet aufnehmen kann, werden die Möglichkeiten des Digitalisierungsprozesses fast unüberschaubar. "Irgendwann ist es so weit, dass das Fahrzeug über Internet Systemupdates selbst lädt oder der Werkstatt meldet, wann es Ersatzteile braucht", träumt Andreas Vogt. Er weiß natürlich, dass das nur möglich ist, wenn die Fahrzeugbesitzer zustimmen. Die Wünsche der Kunden werden der Digitalisierung also am Ende die Grenzen setzen.
Ohne den CI-BUS (= Caravaning Industrie BUS) würde vermutlich jeder Fahrzeug- und Zubehör-Hersteller weiterhin seine eigene Steuerelektronik fortentwickeln. Gegen dieses Durcheinander steuern die Unternehmen des CI-BUS-Konsortiums gegen. Sie haben sich 2011 auf eine gemeinsame Plattform geeinigt, über die sich im Hintergrund alle Geräte der Mitgliedsfirmen steuern lassen. Das macht im Endeffekt nur noch ein einziges
Kontrollbord im Reisemobil nötig, das mit Fachbegriff Master genannt wird. Dieser verschickt seine Befehle über ein zentrales Datenkabel (BUS-Leitung), von dem zu jedem Gerät eine Abzweigung führt. Dabei ist jeder Gerätegruppe eine spezifische Adresse zugeordnet. Deshalb "hören" die Geräte zwar alle Kommandos mit, reagieren aber erst, wenn ihre eigene Adresse angerufen wird. Bei sicherheitsrelevanten Einbauten wie der Heizung muss das Original-Bedienteil aber immer noch montiert werden. Hier fungiert das zentrale Kontrollbord nur als „verlängerter Finger“. Es schickt Signale lediglich an die Steuerung des Geräts, das die Befehle selbst weitergibt. Die CI-BUS-Gemeinschaft wächst. Bei der Gründung im Jahr 2011 bestand sie aus 20 Mitgliedern, mittlerweile sind sechs neue Firmen beigetreten.