Campinggläser im Test
Bar auf Rädern

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Wenn abends Wein, Sekt und Bier auf den Tisch kommen, sollte es auch an der Sitzgruppe stilecht zugehen. Die promobil-Redaktion hat die vierzehn schönsten Gläser aus Kunststoff getestet.

Campinggläser im Test
Foto: Ingolf Pompe

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Wenn die Sommersonne am Abend langsam dem Horizont entgegensinkt, kehrt auf den Stellplätzen noch längst nicht strikte Nachtruhe ein. In oder vor so manchem Wohnmobil sitzen Parzellennachbarn zusammen und erfreuen sich am schönen Leben. Genossen werden Bier, Wein, Sekt und Spritz. Getränke, die aus Pappbechern bekanntlich nur halb so gut schmecken. Also müssen ordentliche Gläser her.

Echte Wein- und Sektgläser eignen sich nur bedingt für Urlaube mit dem Reisemobil. Ihre zerbrechlichen Stiele und Wände sind dem ständigen Gewackel der Fahrt nicht gewachsen. Und selbst wenn sie die Anreise – in Zeitungspapier oder Handtücher eingewickelt oder sonst wie standfest verstaut – überstehen, gehen sie spätestens beim Herunterfallen zu Bruch.

Wie gut sind Campinggläser aus Plastik?

Wer sich durch die Kataloge von Frankana, Camping Profi, Fritz Berger, Movera oder Reimo blättert, findet schnell passende Alternativen. Wein-, Sekt- oder Cognacgläser aus Kunststoff haben den Campingfachhandel erobert. Es sind – wenig verwunderlich – die Geschirrhersteller Brunner, Gimex oder Waca, die den Markt dominieren. Reimos Eigenmarke Camp4 gehört auch zum Teilnehmerfeld. Außerdem beliefert die Import- und Vertriebsfirma D. Lübeck GmbH aus München manchen Campingversand wie Movera mit Geschirr und Gläsern.

Trinkbehälter aus den Kunststoffen Styrol-Acrylnitril (SAN) und dem hochwertigeren Polycarbonat (PC) versprechen robust, nahezu unzerstörbar und außerdem deutlich leichter als Gefäße aus echtem Glas zu sein. Das ist für einfache Gläser für Saft, Wasser oder Limo längst bewiesen. Ihre Böden und Wände sind aber relativ dick und die Formen gradlinig, mitunter plump. Das trifft auf Weingläser, Sektkelche, Cognacschwenker oder Bierkrüge nicht zu. Daher stellt sich die Frage, ob die Barausstattung für das Wohnmobil die Vorzüge ihrer Materialien wirklich ausspielen kann. Auf den ersten Blick fällt die Antwort positiv aus: Den Herstellern sind bei der Verarbeitung der durchsichtigen Kunststoffe in den letzten Jahren große Fortschritte gelungen. Die Zeiten dünner Einwegsektbecher, die schon bei leichtem Druck brechen und deren scharfe Kanten die Lippen aufkratzen, sind bei hochwertigen Fabrikaten längst vorbei.

Gimex, Camp4 und Brunner formen aus Kunststoff sehr elegante und teils verspielte Gläser. Die Wände sind immer noch ein wenig voluminöser als bei Versionen aus Mineralglas, aber keinesfalls unangenehm dick. An sehr bauchigen Rotwein- und Cognacschwenkern fallen in Rundungen mitunter noch recht deutliche Schlieren auf. Sie verschwinden aber, sobald Rotwein oder Weinbrand dem Behältnis ihre Farben aufprägen. Das gilt auch für die Pressnaht, die an den Gläsern von Lübeck Import noch deutlich erkennbar ist, an den etwas besseren Trinkgefäßen von Gimex und Brunner aber fast verschwindet und bei Camp4 und Waca teilweise gar nicht mehr existiert.

Optisch kaum mehr zu unterscheiden: Echtes Glas und Polycarbonat

Rein optisch ist der Unterschied zwischen Mineralglas und Polycarbonat also kaum noch erkennbar. Die Haptik ist jedoch ein nicht zu unterschätzender Faktor, den promobil ebenfalls bewertet hat. Hier schlägt sich der Vorteil nieder, dass Gläser aus Kunststoff durchweg leichter sind als ihre Gegenstücke. Was dagegen fehlt, ist die angenehme gläserne Kälte beim Griff zu den Stielen und Henkeln der Campingableger. Der Kunststoff liegt insgesamt weniger schmiegsam in der Hand.

Sobald die Gläser an den Lippen sitzen, verschwindet das Kunststoffgefühl allerdings. Sauber gearbeitete Ränder sind bei den meisten Testmustern Standard. Gimex und Brunner haben bei ihren Sekt- und Weingläsern sogar den hauchzarten Rundschliff hinbekommen, der von manch hochwertigem Glas bekannt ist. Die rauen Kanten an den Rändern verschwinden komplett. Die Konkurrenz schafft es immerhin, die Grate an den Rändern weichzuzeichnen. Weit und breit nichts zu spüren ist dagegen von der beschriebenen Scharfkantigkeit vieler Einwegbecher.

Die Pressnaht, die optisch ins Auge fällt, hat promobil auch bei der Bewertung der Haptik untersucht. Zu spüren ist die Fuge bei fast allen Herstellern. Bei einigen Gläsern müssen die Tester aber gezielt an ihr entlangfahren. Mit einem blinden Griff sind sie nicht aufzuspüren. Gut gearbeitet haben in dieser Hinsicht Camp4 und Waca bei ihren Biergläsern. Brunner und Gimex liegen nur eine Kleinigkeit dahinter. Ein wirklicher Störfaktor ist die Naht nur bei den Gläsern von Lübeck und am Körper der Bierkrüge von Brunner und Gimex. Wobei an deren Henkel die Presskante wiederum deutlich angenehmer in der Hand liegt als die Nähte an den gläsernen Bierkrügen aus dem Festzelt.

Was halten die Gläser aus?

In Sachen Stabilität schlagen die Campingtrinkgefäße ihre gläsernen Geschwister um Längen. Jedes Glas hat fünf Abstürze im Mobil und fünf auf Asphalt überstanden, ohne Bruchspuren zu zeigen. Auf dem weichen Boden im Innenraum dotzen die Testmuster wie Flummis umher. Zurück bleiben ein paar kaum erkennbare Kratzer. Der raue Asphaltboden ist weniger gnädig mit den Campinggläsern und hinterlässt am Glaskörper hauchdünne Macken, die aber nur im Licht sichtbar sind.

Erkennbarer Schaden entsteht erst, wenn die Gläser mehrfach mit dem Rand auf dem Boden aufschlagen. Je dicker die Kante, umso stärker fällt der Abrieb auf. Wer jedoch in der Praxis seine Kunststoffgläser mehrmals mit der Kante aufdonnert, hat aber definitiv zu viel Zeit an der mobilen Bar verbracht.

Die Bruchsicherheit ergibt sich, weil Polycarbonat trotz seiner glasigen Oberfläche relativ elastisch und weich ist. Daraus folgt allerdings eine höhere Anfälligkeit für Kratzer. Beim Reibetest mit der rauen Seite eines benutzten Küchenschwamms bleiben hauchdünne Spuren zurück. Diese sind aber fast nur unterm Mikroskop erkennbar. Wird zu oft mit einem rauen Schwamm über die Gläser gewischt, werden sie milchig, weil zu viele Kratzer entstehen. Ein Tuch ist zum Spülen besser geeignet. Vorsicht gilt auch in Spülräumen von Campingplätzen, wohin sich bisweilen Sand und Dreck verirren.

Fazit: Auch Wein- oder Sektgläser aus Polycarbonat sehen mittlerweile fast stilecht aus. Robuster als herkömmliches Glas sind sie aber allemal und damit eine gute Alternative für stilbewusste Camper. Minuspunkt sind teils hohe Preise.

So testet promobil

Optik, Haptik und Robustheit sind die drei Kategorien, die promobil überprüft. Unter Optik wurde die Form sowie die Dicke und Klarheit der Gläser bewertet. Dazu gehört auch, ob die Pressnaht sichtbar oder gut verborgen ist. Wobei Letztere in Sachen Haptik auch eine wichtige Rolle spielt. Ob die Pressfuge kaum fühlbar ist oder sich als kleine Kante abhebt, entscheidet darüber, wie angenehm die Gläser in der Hand liegen. Unter dieser Kategorie ist auch zu beurteilen, ob die Gläser stabil stehen, sich in der Hand angenehm anfühlen und wie dick der Glasrand ist. Der Test der Robustheit umfasst zwei Stufen. Zuerst der Falltest: Jedes Glas muss fünf Abstürze im Wohnmobil und fünf Abstürze auf Asphaltboden aus 85 Zentimeter Höhe überstehen. Teil zwei ist ein Kratztest. 30 Mal wischt der Tester mit der rauen Seite eines mehrmals benutzten Spülschwamms über die Außenwand von jedem Glas.

Materialkunde

Der Kunststoff Polycarbonat gehört zur Gruppe der synthetischen Polymere. Er ist transparent und trotz seiner Härte relativ elastisch. Deshalb sind Trinkbehälter aus dem Material bruchfest. Viele Brillenträger tragen zwei Gläser aus dem Material auf ihrer Nase herum. Hersteller von Flugzeugfenstern setzen das Material ebenfalls ein. Laut Angaben der Hersteller ist das Polycarbonat auch hitzebeständig und hält Temperaturen bis 130 Grad Celsius und gelegentliche Einsätze in der Mikrowelle aus. Neben Polycarbonat ist Styrol-Acrylnitril (SAN) ein beliebtes Material für Campinggläser. Es ist ebenfalls transparent, hält aber nur Temperaturen bis 80 Grad Celsius aus. Zudem ist SAN weniger elastisch als Polycarbonat und splittert leichter. Beide Materialien vertragen die im Anis enthaltenen Säuren nicht. Wird trotzdem ein anishaltiges Getränk in ein Campingglas gefüllt, trübt sich letzteres und der Spaß ist vorbei. Schließlich trinkt niemand gerne aus milchigen Gläsern. Wer Pernot, Ouzo oder Absinth mag, sollte also immer ein richtiges Schnappsgläschen einpacken.

Polycarbonat richtig spülen

Bruchfestes Polycarbonat hat auch empfindliche Seiten: Wird es zu oft und heftig mit der rauen Seite der grüngelben Scheuerschwämme gereinigt, verkratzt es leicht. Das macht die Oberfläche stumpf und die Glasoptik geht verloren. Also ist schonendes Spülen gefragt. Auf Reisen wischt man die Gläser am besten mit einem Mikrofasertuch per Hand aus. In der Heimküche geht auch die Reinigung im Geschirrspüler. Polycarbonat ist spülmaschinenfest. Mit Klarspülmittel sollte man sich aber zurückhalten oder darauf achten, dass die Reinigungsmittelhersteller das Konzentrat für den Einsatz an Polycarbonat freigeben. Ähnliche Pflegetipps gelten im Übrigen für Campinggläser aus dem Material SAN. Bei der Reinigung in der Spülmaschine sollte das hitzeempfindlichere SAN aber ins obere Fach gestellt werden, wo es nur einmal heißes Wasser abbekommt.