Aufbauboden im Reisemobil
Tief geschürft

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Der Aufbauboden eines Reisemobils findet oft wenig Beachtung. Tests unter Extrembedingungen klären die Standfestigkeit verschiedener Bodenkonstruktionen.

Test: Aufbauböden

Ein ohrenbetäubendes Prasseln erfüllt den Kellerraum, den die Mitarbeiter vor Ort liebevoll ihre Folterkammer nennen. Zwei, drei Minuten, dann ist der Spuk bereits wieder vorbei. Routinemäßig werden hier lackierte Blechstücke malträtiert, um neu entwickelte Autolacke auf ihre Haltbarkeit gegenüber Steinschlag zu prüfen. Ohrenschützer sind Pflicht, wenn der Beschussapparat mit seiner Arbeit beginnt und eine Ladung Stahlschrot, genauer ein Kilogramm, per Luftdruck im 45-Grad-Winkel auf Probenplatten abfeuert.

Übrigens schwören die verschiedenen Autobauer bei diesem Testverfahren jeweils auf ihr ganz spezielles Beschussmaterial. Während Opel rundliche Kieselsteine mittlerer Größe vorschreibt, verlangt Mercedes scharfkantigeren Schotter als Prüfstein für neue Lacke. Das gängigste Material ist aber sogenannter Stahlschrot, der von Herstellern wie VW, BMW und eingen anderen eingesetzt wird. Dieses Metallgranulat hat sowohl gerundete als auch scharfe Kanten und simuliert damit unterschiedlich­ste Einwirkungen. Dieses Granulat sollte deshalb auch für die erstmals durchgeführten Materialtests von Reisemobilböden zum Einsatz kommen.

Aus den Augen, aus dem Sinn – was der Volksmund weiß, gilt oft auch für die Bodenkonstruktionen von Wohnkabinen. Mit der Verschraubung oder Verklebung der Bodenplatte auf dem Fahrgestellrahmen beginnt in der Regel der Aufbau eines Reisemobils. Sind darauf erst alle Möbelmodule platziert sowie Wände und Dach montiert, ist von der Sandwich-Bodenplatte kaum noch was zu sehen.

Die Praxis

Nur wenige machen sich über die Bodenplatte Gedanken. Während eines Reisemobillebens ist der Boden unterschiedlichsten Belastungen ausgesetzt. Vor der direkten Witterung bleibt der Boden zwar verschont, während der Fahrt, besonders bei Regenwetter, kommt er aber unvermeidlich mit Schmutz und Feuchtigkeit in Berührung. In der Regel trocknet der Fahrzeugboden anschließend wieder, ohne dass Schäden zurückbleiben. Kritischer wird es vor allem im Winterbetrieb, wenn die Reifen Schneematsch und Splitt von der Straße aufwirbeln und gegen den Unterboden schleudern und zur Feuchtigkeit auch noch Salz- und Frosteinwirkung hinzukommt.

Wenn Wasser eindringen kann und dann gar gefriert oder sich Salzkristalle bilden, kann es zur Schädigung der Holzstruktur führen und damit auch Schimmelpilzbefall begünstigen. Bei regelmäßigem Wintereinsatz sollte der Kon­struktion des Aufbaubodens und dessen Schutz und Pflege also deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Die Konstruktion

Hölzerne Unterböden sind die Regel, nicht die Ausnahme. Ein Großteil aller Reisemobile setzt im Prinzip auf folgende Bodenkonstruktion: Unter dem PVC-Fußbodenbelag folgt eine Sperrholzplatte, die mit einer Isolierschicht aus Styropor und verstärkenden Holzlatten verklebt ist. Auf der Unterseite folgt erneut eine, in der Regel wasserfest verleimte Sperrholzplatte, die mit einem Schutzanstrich zusätzlich vor Feuchtigkeit gewappnet ist. Für diesen Schutzanstrich gibt es zwei Philosophien. Entweder wird ein Material aufgetragen, das eine praktisch wasserdichte Schicht als Oberfläche bildet, oder ein dünnerer, diffusionsoffener Anstrich, der nur wasserabweisend wirkt. Hinter der zweiten Variante steht die Überlegung, dass eingedrungene Feuchtigkeit so auch wieder austrocknen kann. Übrigens sollte man bei der regelmäßigen Erneuerung des Schutzanstrichs (siehe Kasten unten) darauf achten, dass wieder das gleiche, oder ein möglichst ähnliches Material zum Einsatz kommt.

Egal welcher Anstrichtyp nun verwendet wird, besteht bei dieser Bodenkonstruktion grundsätzlich die Gefahr, dass diese wenige Zehntelmillimeter dicke Schutzhaut etwa durch Steinschlag beschädigt wird und dann Feuchtigkeit ins Holz eindringen kann und über kurz oder lang ein Struktur- und damit Stabilitätsverlust der Bodenplatte eintritt. Dass ein maroder Aufbauboden eine teure Reparatur nach sich ziehen oder gar den wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten kann, ist aufgrund seiner tragenden Wirkung für den gesamten Aufbau leicht vorstellbar. Schon bei einem Teilaustausch müssen meist Möbel und Anbauteile zeitaufwendig demontiert werden, was die Arbeitskosten entsprechend in die Höhe treibt. Auch wenn Holz in der Konstruktion von Reisemobilböden am stärksten verbreitet ist, gibt es Alternativen. Einige Hersteller verwenden Böden, die wie Dach und Wände auf eine Außenhaut aus Aluminium oder GfK setzen. Teils verzichten diese Bodenplatten völlig auf Holz in der Sandwich-Konstruktion, teils finden sich Sperrholz-Innenschichten oder vereinzelt auch Holzverstärkungen in der Mittellage – so oder so scheinen diese Konstruktionen durch die Außenhaut besser vor eindringender Feuchtigkeit geschützt.

Der Schlagtest

Was richten mechanische Belastungen am Boden an? Wie machen sich die Unterschiede in der Konstruktion auf Dauer bemerkbar? Ein umfangreicher Test sollte Antworten geben. promobil ließ dafür typische Bodenkonstruktionen in einem zertifizierten Lacklabor untersuchen. In vier Testverfahren mussten die Bodenproben ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen.

Als erste Prüfung stand der Steinschlagtest nach VDA 621-427 auf dem Programm, bei dem, wie schon beschrieben, Stahlschrot mit zwei bar Druckluft auf die Testplatten geschleudert wird. Das Ergebnis teilt die acht Proben klar in zwei Lager. Während die Holzunterböden mit mittleren bis schwereren Blessuren deutlich ihre Empfindlichkeit gegen­über dieser Art von Einwirkung erkennen ließen, kamen die vier GfK-Unterböden mit oberflächlichen Kratzern davon. Unter den Holzunterböden zeigte sich die Hymer-Variante am widerstandsfähigsten. Aber auch hier blitzt nach dem harten Beschuss an vereinzelten Stellen das Sperrholz hell durch die schwarze Außenhaut. Der dünne Dethleffs-Anstrich, bei dem die Holzmaserung deutlich durchscheint, kam an diese Schutzwirkung nicht heran. Die Bodenproben der beiden italienischen Trigano-Marken, Arca und Ci, reihen sich unter den Holzkonstruktionen im Mittelfeld ein.

Größere Unterschiede offenbart der Vergleich mit GfK-bewehrten Platten. Sie quittieren die rüde Behandlung durchweg mit leichten Macken an der Oberfläche, die überwiegend nur die äußerste Schicht, das sogenannte Gelcoat, angreifen. Dieser Schutzlack dient normalerweise vor allem als Filter für schädliche UV-Strahlung, die am Wagenboden aber keine Rolle spielt.

Die oberflächlichen Verletzungen stellen also keine unmittelbare Gefahr dar. Langfristig kann aber auch hier ein prüfender Blick nicht schaden, denn die Strukturfasern des GfK liegen häufig relativ dicht unter der Oberfläche – außer beim Frankia-Boden sind sie äußerlich erkennbar. Wenn durch die kleinen Macken Glasfaserenden freigelegt werden, kann durch Kapillarwirkung etwas Feuchtigkeit einziehen, die dann bei Frost zu kleinen Abplatzungen führen kann. Solche Prozesse laufen aber langsam und punktuell ab, so dass sie sich während eines Reisemobillebens eigentlich kaum negativ auswirken sollten.

Der Härtetest

Wie verhält sich das Material im ungünstigsten Fall? Noch deutlicher differenzierte sich das Bild nach dem verschärften Testverfahren, das der Steinschlagsimulation noch einen Tropentest nach DIN 50017 vorausschickte. Dafür wurden die Proben zunächst 240 Stunden, also zehn volle Tage einem typischen Tropenklima mit 40 Grad und 98 Prozent Luftfeuchtigkeit ausgesetzt und anschließend dem Steinschlagtest unterzogen. Wärme und Feuchtigkeit sorgten dafür, dass die Holzunterböden bereits etwas aufweichten und damit nochmals empfindlicher auf den anschließenden Beschuss reagierten.

Die Folge waren noch deutlichere Schadwirkungen mit Erweichungen und Verwitterungen. Lediglich der Hymer-Unterboden stemmte sich erneut vergleichsweise wacker gegen die massiven Stressfaktoren. Fairerweise muss dabei allerdings gesagt werden, dass die Probenstücke auch an den Schnittkanten dem Tropenklima ausgesetzt waren und sich die Feuchtigkeit also ihren Weg auch von der Seite ins Sandwich suchen konnte. In der Praxis dürfte diese Art von Extrembeanspruchung die Ausnahme sein. Dennoch: Die vier GfK-Bodenproben gaben sich beim Tropentest ähnlich unbeeindruckt wie schon beim ersten Testprogramm.

Der Wintertest

Salzwasser macht den Böden zusätzlich zu schaffen. Im mitteleuropäischen Einsatz spielen die Bedingungen im Winter keine unwesentliche Rolle. Weite Teile der Aufbauböden kommen unvermeidlicherweise mit Salzwasser in Berührung. Darum sollte ein Salzsprühtest nach DIN 50021 weitere Erkenntnisse bringen. Neue Testplatten wurden dazu 240 Stunden lang bei 35 Grad und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit permanent mit fünfprozentiger Salzlösung besprüht. Da die Proben auch hier nicht nur an der Unterseite, sondern ringsum, also auch an den Schnittkanten, der Salzlösung ausgesetzt waren, stellt dieser Test ein Worst-Case-Szenario dar, den ungünstigten aller denkbaren Fälle. Erwartungsgemäß gingen diese Torturen nicht spurlos an den hölzernen Konstruktionen vorüber.

Alle Holzteile zeigen mittlere bis starke Aufquellungserscheinungen. Zudem kommt es bereits innerhalb der zehntägigen Testdauer zu einer leichten bis starken Sporenbildung an der Oberfläche, teils sogar zu einem deutlichen Pilzbewuchs und damit zu ersten Anzeichen der Holzzersetzung. Offenbar wird das Pilzwachstum durch die Salzbehandlung zusätzlich gefördert, denn nach dem reinen Tropentest, unter sonst ähnlichen Klima­be­dingu­ngen, war dies nicht in der Form zu beobachten.

Die GfK-Böden mit Holzinnenseite von Carthago und Frankia zeigten hier ebenfalls erste Befunde mit leichten Quellungen, Verwitterungen oder sich lösendem Kleber. Allerdings muss nochmal betont werden, dass diese Ergebnisse in der Praxis nur bei einer deutlich beschädigten Außenhaut, oder bei einem Wasserschaden im Aufbau, etwa durch eine Leckage im Leitungsnetz, denkbar wären. Nur die beiden Bodenproben ohne erkennbaren Holzanteil erhielten sich auch hier ihre weiße Weste.

Der Dieseltest

Wie empfänglich sind Böden gegenüber Lösungsmitteln? Die Außenhaut eines Fahrzeugs kommt nicht nur mit Wasser und Salz in Berührung. Ein abschließender Chemikalientest sollte deshalb zeigen, wie die Unterböden auf die Einwirkung von organischen Lösungsmitteln reagieren. Es lag nahe, hier Diesel als Testsubstanz zu wählen. Im Extremfall kann man sich beispielsweise vorstellen, dass verschütteter Kraftstoff an der Tankstelle von den Reifen tropfenweise an den Boden geschleudert wird. Auch bei diesem Test galten härteste Bedingungen, um mögliche Unterschiede herauszufinden. Auf die Unterseiten der Bodenproben wurde darum jeweils eine dieselgesättigte Tamponage aufgebracht und mit einem Uhrglas abgedeckt um die Verdunstung zu vermindern. Nach 24 Stunden wurde der Testansatz entfernt und das Ergebnis begutachtet.

Einmal mehr zeigten sich die GfK-Böden von dem Angriff praktisch unbeeindruckt. Bei den Probenplatten mit Holz­unterseite war dagegen schon an den aufgelegten Tamponagen eine Veränderung auszumachen – sie wurden wieder weiß. Der Diesel war mehr oder weniger vollständig in den Sandwich-Aufbau eingezogen.

Aufbauböden im Labortest

Dethleffs und Hymer

Holzunterboden

Marke: Dethleffs und Hymer
Steinschlagtest: deutliche Schäden mittlere Schäden
Tropenplus Steinschlagtest: deutliche Schäden, Erweichungen und Macken mittlere Schäden und Erweichungen
Salzsprühtest: Holz stark angequollen, starke Sporenbildung/Pilz Holz angequollen, leichte Sporenbildung
Chemikalienbeständigkeit (Diesel): Holz quillt deutlich auf Holz quillt deutlich auf

Arca und Ci

Holzunterboden

Marke: Arca und Ci
Steinschlagtest: mittl. bis deutliche Schäden
Tropenplus Steinschlagtest: deutliche Schäden, Erweichungen und Verwitterungen deutliche Schäden
Salzsprühtest: Holz stark angequollen, starke Sporenbildung/Pilz Holz angequollen, leichte Sporenbildung
Chemikalienbeständigkeit (Diesel): Holz quillt auf

Eura Mobil und Frankia

GfK-Unterboden

Marke: Eura Mobil und Frankia
Steinschlagtest: leichte Schäden leichte Schäden
Tropenplus Steinschlagtest: leichte Schäden leichte Schäden
Salzsprühtest: ohne Befund Holz leicht verwittert, Kleber löst sich
Chemikalienbeständigkeit (Diesel): ohne Befund ohne Befund

Carthago und Phoenix

GfK-Unterboden

Marke: Carthago und Phoenix
Steinschlagtest: leichte Schäden leichte Schäden
Tropenplus Steinschlagtest: leichte Schäden leichte Schäden
Salzsprühtest: Holz angequollen ohne Befund
Chemikalienbeständigkeit (Diesel): ohne Befund ohne Befund

Vorsorge ist das A und O

Hölzerne Aufbauböden sind die Regel – sie können ohne Frage ein Reisemobilleben lang halten. Entscheidend ist dabei die Pflege der dünnen Schutzschicht auf dem Holz. Wenigs­tens einmal jährlich sollte der Boden einer genauen Sichtprüfung unterzogen werden. Eine gründliche Reinigung hilft, verborgene Schadstellen zu erkennen. Mit der Daumenprobe lassen sich aufgeweichte Holzstellen entdecken. Finden sich lokal begrenzte Bereiche, kann eine Ausbesserung und Erneuerung des Schutzanstrichs reichen. Ein bewährtes Hilfsmittel für den Unterbodenschutz bleibt übrigens weithin unbeachtet: Spritzlappen.

Kommentar: Zu viel Sorglosigkeit

Die strapaziösen Tests haben klar gezeigt, dass hölzerne Aufbauböden deutlich empfindlicher auf äußere Einflüsse reagieren als GfK-Unterböden. Vor allem wenn hohe Feuchtigkeit und mechanische Einwirkung zusammenkommen, wie etwa im Winterbetrieb, steigt die Gefahr von Schäden. Eine regelmäßige Kontrolle und Erneuerung des Schutzanstrichs ist darum angeraten. Mein Vorschlag: Die Hersteller sollten überlegen, ob die turnusmäßige Erneuerung des Unterbodenschutzes nicht wichtiger Bestandteil einer Dichtigkeitsgarantie sein sollte. Dann könnten auch Besitzer von Holzboden-Mobilen ähnlich ruhig schlafen wie GfK-Bodenbesitzer.

Fazit

Hersteller und Besitzer können aus den Ergebnissen lernen. Der Labortest unter Extrembelastungen zeigt für die Praxis zweierlei: Zum einen können Hersteller mit resistenten Materialien zur dauerhaften Haltbarkeit von Reisemobilen beitragen. Zum anderen sind die Reisemobilbesitzer gefordert: Vor allem die Kombination aus Dauerbelastung und fehlender Kontrolle kann Schäden heraufbeschwören, die sich mit guter Pflege vermeiden lassen.