Derzeit ist das Thema Abgasnormen wieder in aller Munde. Die aktuelle Bundesregierung hat in Brüssel unlängst die Abstimmung über eine Verschärfung der Grenzwerte wieder einmal platzen lassen. Wie es mit den für 2020 geplanten Neuerungen aussieht, steht also noch in den Sternen. Konkreter ist die Lage für die nähere Zukunft, denn schon ab 2014 treten Änderungen in Kraft.
Zunächst jedoch sollten die Begriffe sortiert werden, denn häufig fängt hier bereits die Verwirrung an. Grundlegend ist es so, dass jedes Wohnmobil einer Abgasnorm zugeteilt ist, in der EU sind das die Euro-Normen. Diese werden in Light- und Heavy-Duty unterschieden. Die Euro-Norm eines Fahrzeugs kann übrigens nicht durch den Einbau eines Partikelfilters verbessert werden. Wichtig ist das zum Beispiel bei der Mautberechnung für Wohnmobile über 3,5 Tonnen in Österreich: Wer hier beim Kauf der Go-Box eine falsche Euro-Norm angibt, muss mit empfindlichen Bußgeldern und Nachzahlungen rechnen.
Die Euro-Norm ist aber nicht nur bei der Mautberechnung ausschlaggebend, sondern bedingt auch die Schadstoffklasse eines Fahrzeugs. Insgesamt gibt es vier Schadstoffklassen von S1 bis S4, wobei letztere die beste und günstigste ist. Neben dem Fahrzeuggewicht ist die Schadstoffklasse für die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer maßgeblich. Ein Wohnmobil mit Euro IV gehört zum Beispiel in Schadstoffklasse S4. Aber Achtung: Ein Reisemobil mit Euro 4 fällt in die ungünstigere Schadstoffklasse S3. Warum?
Fahrzeuge wie der Fiat Ducato, die nach der Light-Duty-Norm zugelassen sind, werden automatisch eine Schadstoffklasse heruntergestuft. Bei aktuellen Reisemobil-Jahrgängen, die die Euro-Norm 5 erfüllen, ist diese Herabstufung freilich egal. Denn eine günstigere Klasse als S4 gibt es bislang nicht. So weit der Status Quo – doch an der Abgasnormen-Front tut sich einiges.
Was ändert sich?
Zum Jahresende 2013 läuft beispielsweise die Norm Euro 5b aus. Neue Wohnmobile, die über diese Einstufung verfügen, müssen dann über die Regelung der „auslaufenden Serien" zugelassen werden. Für Deutschland bedeutet dies, dass die Chassis-Hersteller bei den Wohnmobilherstellern die Anzahl der Euro 5b-Reisemobile erfragen müssen, die zum 31. Dezember 2013 voraussichtlich noch nicht zugelassen wurden.
Für diese Anzahl von Fahrzeugen wird beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) für 18 Monate eine Ausnahmegenehmigung ausgestellt, mit der die Euro-5b-Reisemobile noch zugelassen werden können. Jost Krüger, Leiter des Referats Technik und Umwelt des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD): „Solche Ausnahmeregelungen sind in der Reisemobilbranche nicht ungewöhnlich. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass Reisemobile durch die Basisfahrzeughersteller und die Aufbauhersteller mehrstufig gefertigt werden und dabei von der Produktion des Chassis bis zur Zulassung einige Monate ins Land gehen können."
Ohne Ausnahmegenehmigung können ab 2014 nur noch Wohnmobile mit Euro 5+ zugelassen werden. Die Bedingungen dazu sind in der EG-Typgenehmigung – Rahmenrichtlinie 2007/46/EG – geregelt. Bis auf die Einführung einer neuen Abgas-Messmethode ändert sich von 5b zu 5+ nichts, die Emissionswerte bleiben gleich.
Im Gegensatz zu den leichten Nutzfahrzeugen (Light-Duty) müssen schwere Nutzfahrzeuge (Heavy-Duty) ab dem 1. Januar 2014 bereits die Euro-VI-Norm einhalten. Das betrifft vor allem neue Wohnmobile, die auf dem Mercedes Sprinter aufgebaut sind. Mit Ausnahmegenehmigung können auch Euro-V-Fahrzeuge noch bis Juni 2015 zugelassen werden. Bei den Pkw wird Euro 6 ab September 2014 verpflichtend. Wohnmobilhersteller haben dank Ausnahmeregelung noch bis Ende 2016 Zeit, Euro 6 umzusetzen.
Steuerlich wirkt es sich nicht aus, ob ein Fahrzeug Euro 5 oder 6 erfüllt, da die beste Schadstoffklasse im Augenblick S4 ist. Ob in Zukunft eine günstigere Klasse S5 oder S6 eingeführt wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist jedoch, dass die Entscheidung für einen Euro-6-Motor im Augenblick nur ein besseres Umweltgewissen, dafür aber keine monetäre Entlastung bringt.
Schwierigkeiten für die Hersteller
Herausforderungen hält der Umstieg auf Euro 6 beziehungsweise VI für die Wohnmobilhersteller bereit. So müssen zum Beispiel die Stickoxidemissionen im Vergleich zu aktuellen Fahrzeugen um circa 80 Prozent reduziert werden. Dies gelingt durch Abgasnachbehandlung mittels Harnstoff/Ad-Blue. So positiv die Auswirkungen auf die Umwelt sind, gibt es jedoch auch Schattenseiten. Jost Krüger vom CIVD führt dafür erhöhten Platzbedarf, mehr Gewicht und höhere Kosten bei der Anschaffung an.
Manfred Kuchlmayr von Iveco sieht es noch kritischer: „Mit Euro VI steigen Kosten und Aufwand bei keinerlei Verbrauchseinsparung. Hohe Abgasrückführraten legen sogar den Schluss nahe, dass es eine Verbrauchserhöhung gibt."
Sollten die Abgasnormen in Zukunft weiter verschärft werden, brauchen die Hersteller neue Konzepte. Marko Stelse, Leiter des Aufbauhersteller-Zentrums von Mercedes Benz Vans, hält diesbezüglich den Ball noch flach: „Welche Normen in Zukunft erfüllt werden müssen und ob es eine Erweiterung unserer Technologie geben wird, kann man heute noch nicht abschätzen." Bei Iveco ist man der Auffassung, dass man mit den Partikelwerten bereits jetzt an der Nachweisgrenze sei, es in Bezug auf CO2-Werte aber noch Verschärfungen geben könnte: „Dann ist wohl Hybridisierung angesagt.” Also eine Unterstützung des Verbrennungsmotors durch einen zusätzlichen Elektroantrieb. „Wir sind mit dem ‚Dual-Drive‘-Konzept dann bereits gut aufgestellt“, so Kuchlmayr.
Mit jeder neuen Stufe der Euro-Normen werden die Spielräume für die Hersteller enger. Man darf also gespannt sein, welche Entwicklung die Zukunft bringen wird – immer vorausgesetzt, die Bundesregierung gibt ihre Blockadehaltung in Brüssel irgendwann auf.
Unterschiedliche Abgasnormen
Für Wohnmobile existieren zwei Abgasnormen: auf der einen Seite die mit Euro 1, 2 usw. bezeichneten Light-Duty-Normen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit Dieselmotor. Auf der anderen Seite die Heavy-Duty-Normen für Lkw mit Dieselmotor, die durch römische Zahlen – Euro I, II usw. – kenntlich gemacht werden. Welche Norm für welches Fahrzeug gilt, hängt von der Typzulassung ab. So ist zum Beispiel der Fiat Ducato nach der Light-Duty-Norm zugelassen, der Mercedes Sprinter hingegen nach der Heavy-Duty-Norm. Tritt eine neue Abgasnorm in Kraft, so sind zuerst die schweren Nutzfahrzeuge an der Reihe. Euro VI wird beispielsweise ab 1. Januar 2014 gültig, während Euro 6 für Pkw erst am 1. September 2014 nachzieht. Reisemobile haben sogar noch bis 2016 Zeit.