Mercedes Marco Polo, VW California im Vergleich
Gemischtes Doppel

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Sie sind die Crème de la Crème der Kompakt-Campingbusse: VW California Comfortline und Mercedes Viano Marco Polo fahren als Werksbusse und Verkaufsschlager in einer eigenen Liga. Doch welcher kann mehr?

Mercedes Marco Polo/ VW California, Vergleichstest
Foto: Ingolf Pompe, Frank Eppler

Treten im Fußball Italien und Deutschland gegeneinander an oder auf der Straße Porsche gegen Ferrari, ist Spannung garantiert. Es gibt ewige Duelle, die nichts von ihrem Reiz verlieren. Spitzenleistungen sind garantiert. Ganz ähnlich bei VW California Comfortline und Mercedes Viano Marco Polo: Hier begegnen sich die meistverkauften Wohnmobile, unter den Kompaktbussen vielleicht die besten, sicher die automobilsten. Die Nummer eins heißt VW, doch Mercedes täte nichts lieber, als dem VW California die Luft aus den Reifen zu lassen.

Fahren & Sicherheit

VW California wie Mercedes Marco Polo sind mehr Auto als Wohnmobil. Busse für 365 Tage, jede Stunde davon ist hinter dem Steuer ein Genuss. Vor allem in den Sahnestücken mit Top-Motorisierung. Schon die Konzepte sind unterschiedlich: Längsmotor und Antrieb auf die Hinterachse beherrscht Mercedes aus dem Effeff. Der Antrieb kostet indes Platz, für ein vergleichbares Raumangebot greift Mercedes zur mittleren Variante des Viano, sie streckt sich auf gut fünf Meter Länge.

Quermotor und Frontantrieb sind typisch für VW. Das spart im Vergleich rund zehn Zentimeter, gilt jedoch nicht unbedingt als technisch fein. Im Alltag spielt dies keine Rolle, beide deklassieren ihre Wettbewerber, aber auf unterschiedliche Weise.

So reagiert der VW California Comfortline etwas harsch auf kurze Unebenheiten, taucht andererseits bei scharfer Fahrweise mit der schwer belasteten Vorderachse magenunfreundlich ein. Die aufpreispflichtige geschwindigkeitsabhängige Lenkung verblüfft bei geringen Geschwindigkeiten mit Leichtgängigkeit, lässt dann allerdings Feinfühligkeit vermissen. Bei flottem Tempo reagiert der VW California straff und sicher auf die Führhand.

Dem Mercedes Viano Marco Polo hat man Komfort erst kürzlich beigebracht, aber nahezu perfekt. Souverän filtert er kleine und große Unebenheiten, spricht sanft an, bleibt dabei verbindlich. Die Lenkung arbeitet straff und präzise, für manche etwas stramm, generell leicht synthetisch. Typisch Mercedes: Man fährt in einer eigenen Welt, egal, was draußen passiert.

Das gilt auch für den Diesel im Maschinenraum, hier der Dreiliter-V6 CDI. Technisch ein Bravourstück, in der Laufkultur famos, im Antritt explosiv. Der V6 arbeitet spielerisch leicht, säuselt kaum hörbar im Hintergrund. Spannt er die Muskeln an, klingt er wie eine seidige Turbine. 224 PS Leistung und 440 Nm Drehmoment verlangen keine Kommentierung. Der Schritt vom Reisemobil zum Rasemobil ist kurz.

Der VW California Comfortline fährt mit 180 Pferdestärken und 400 Nm nominell nicht weit entfernt - und doch klafft eine spürbare Lücke. Nur zwei Liter Hubraum, nur vier Zylinder - es ist aller Ehren wert, was VW mit Doppelaufladung aus dem Triebwerk kitzelt, gute Feinkost. Doch der Mercedes Viano kommt aus dem Delikatessengeschäft.

Der VW California trumpft mit seinem Siebengang-DSG-Getriebe auf. Blitzschnell und ruckfrei wechselt es die Gänge. Rutscht nach dem Anfahren hurtig in die zweite Stufe, gönnt sich einen drehzahlsenkenden höchsten Gang. Mitunter könnte der VW mehr aufs Drehmoment vertrauen statt aufs Schalten, es geht etwas nervös zu.

Der Mercedes Marco Polo muss mit den fünf Gängen einer etwas angejahrten Wandlerautomatik auskommen, komfortabel, aber nicht zeitgemäß. Das Drehzahlniveau liegt zu hoch, der Wandler schluckt Sprit, sechs Zylinder verlangen ihr Futter. Macht 10,5 Liter Verbrauch auf der Testrunde, der VW liegt einen Liter drunter. Ohne dessen Allradantrieb wäre der Unterschied noch größer ausgefallen, obwohl die Redaktion das Mehrgewicht des VW durch Sandsäcke ausglich. Für beide gilt: Wer die Pferde galoppieren lässt, sollte einen Spritzuschlag einkalkulieren. In der Preisklasse des Duos weiß man dies und kann es sich leisten.

Unterschiede werden auch im Cockpit deutlich. Im Mercedes Viano Marco Polo sitzt man tiefer - aber nicht besser. Die Sitzposition passt nicht recht, bei den Vordersitzen haben Entwickler den Seitenhalt vergessen. Nach Art des Hauses trägt der Mercedes den Pelz offen: Chrom und Holzdekor sollen der Besitzerseele schmeicheln. Der VW California Comfortline tritt sachlicher auf: perfekte Instrumente, dezente Aluminium-Zierde, das wirkt technischer. Die höhere Sitzposition passt perfekt, der Sitz hüllt den Körper ein, Fahrer und Auto bilden eine Einheit. Es ist eine alte Weisheit: Den VW fährt man, im Mercedes wird man gefahren.

Das Duo brilliert mit umfangreicher Sicherheitsausstattung. Standfeste Bremsen - im VW etwas bissiger -, ESP mit diversen Unterfunktionen, im VW sechs Airbags und im Mercedes deren vier - mehr kann in dieser Klasse keiner. Eine Notfallreserve, falls die besten Fahrwerke ihrer Klasse tatsächlich an ihre Grenzen stoßen.

Sitzen & Schlafen

VW California Comfortlin sowie Mercedes Viano Marco Polo setzen auf den Grundriss-Klassiker mit Klappsitzbank und Schrank- und Küchenzeile linker Hand. Trotz des verblüffend teuren hellen Bodens in Yachtoptik wirkt der Mercedes insgesamt dunkler, macht mit silbrigen Verblendungen auf vornehm - doch sein Schmuck ist nicht echt. Kunststoff und Sperrholz dominieren, in guter Qualität, aber eben nicht perfekt. Der VW tritt als Kontrast dazu hell und kühl auf, das Holzdekor kann die Aluminium-Konstruktion der gewölbten Möbel nicht verbergen. Deren Sandwich-Bauweise wirkt felsenfest.

Die VW-Sitzbank flutscht leichter in den Führungsschienen, doch der Sitzkomfort der kaum konturierten Bank ist nur durchschnittlich. Klappen hier zum Bettenbau Kopfstützen auf Knopfdruck ab, muss man sie im Mercedes umstecken. Aber dessen Einzelsitze mit aufblasbaren Sitzwangen und elektrischer Verstellung sind die Schau. Mehr als das - man sitzt schlicht bequemer.

Der VW California Comfortline kontert mit seinem Frühstückstisch - einfach nach vorne schieben, klappen - fertig. Ein zweiter Tisch steckt in der Schiebetür, für Besuch oder draußen. Dazu profitieren Urlauber von Campingstühlen in der Verkleidung der Heckklappe. Im Mercedes muss man mühsamer mit dem Tisch hantieren, der sich ebenfalls in der Schiebetür verbirgt.

Die Bettengröße ist hier wie dort eher dürftig: Doppelnutzung der Liegeflächen bedeutet Nähe. Im Erdgeschoss des Mercedes Viano Marco Polo liegt man von Haus aus passabel, der VW benötigt eine aufpreispflichtige Auflage - sonst pieksen die Gurtschlösser unangenehm.

Das Paradebett findet sich jeweils im Dachgeschoss: punktelastische Federung im Marco Polo, Lattenrost im California - spitze. Aber nur mit Kletterkünsten über die Vordersitze zu erreichen. Unter dem Dach dreht sich der optische Eindruck: Dort wirkt der VW gedämpfter und der Mercedes hell - Vorteil VW, in dem man’s morgens länger aushält.

Die Küche

Mit Sanitärkomfort ist’s nicht weit her in Kompaktbussen. Fließend Kaltwasser zur Katzenwäsche an der Spüle muss genügen. Ergänzt von einer tragbaren Toilette im Küchenblock, das bedeutet Verzicht.

Auch das Kapitel Küche fällt kurz aus. Mit Zweiflamm-Gaskocher, Spüle und Kompressor-Kühlbox verfügen beide über eine funktionelle Ausstattung. Der Mercedes Marco Polo ist der Praktiker: Abfallbehälter in Reichweite, zwei direkt zugängliche Schubladen, klappbare Abtropffläche - hier kann man haushalten. Der California imponiert mit Verpackungskunst: Die Glasabdeckung der Küche ist schick, die Schiebetüren sehen gut aus. Doch sie verdecken den Zugang zur billigen Plastik-Schublade.

Stauraum & Zuladung

Beim Packen entpuppt sich der VW California als durchdacht. Sind hier wie dort die Sitzbänke zurückgefahren, dann ist sein Heckstauraum spürbar größer. Gilt der Wäscheschrank des Mercedes Marco Polo eher als Sockenfach, so schluckt der des California tatsächlich Kleidung. Der VW California hat auch einen richtigen Kleiderschrank mit Hängeeinrichtung und Spiegel. Im Mercedes trägt der Schrank stets Einlegebretter, Kleiderbügel bleiben daheim. Und die stabile stählerne Sitztruhe des VW fasst mehr als die labilere Plastik-Schublade im Mercedes.

Zurückhaltung beim Packen schadet nicht - beide Busse tragen einen Bauchansatz. Kaum mehr als 500 Kilogramm Zuladung im Mercedes Marco Polo, nur 400 Kilo im VW California - ohne Allradantrieb etwas mehr: für vier Erwachsene mit Gepäck und Fahrrädern dennoch wenig.

Aufbau & Bordtechnik

Dabei punktet der VW California Comfortline  mit einem Aluminium-Hochdach. Es schmiegt sich glatt an die Karosserie. Damit kann das GfK-Dach des Marco Polo nicht mithalten. Die reine Funktion indes unterscheidet sich wenig: Beide öffnen und schließen elektrohydraulisch per Knopfdruck, serienmäßig der VW, gegen Aufpreis der Mercedes.

Der VW trumpft auch mit Doppelverglasung und Rollos als Verdunkelung auf. Zuziehhilfen für Heckklappe und Schiebetür senken die Geräusche auf dem Stellplatz.

Mit zwei stämmigen Bordbatterien setzt der VW ebenfalls Maßstäbe. Die Bedienung der Technikfunktionen ist bei beiden vorbildlich einfach und übersichtlich, das Kontrollbord im VW jedoch moderner als die angestaubte Version im Mercedes Viano Marco Polo.

Ausstattung & Preise

Sonderangebote sind hier wie dort nicht zu erwarten. Die Grundpreise liegen bei gut 50.000 Euro, der Mercedes bleibt etwas unter dem VW. Mit Top-Motorisierung und Automatik vergrößert sich die Differenz zugunsten des Mercedes Marco Polo, obwohl wegen etwas besserer Ausstattung des VW California mehr Extras fällig sind. Wer den Lockungen der Aufpreislisten erliegt, gibt hier wie dort schnell mehr als 70.000 Euro aus - die zwei Superbusse fahren auch finanziell in ihrer eigenen Welt.

In dieser Höhenluft entscheiden persönliche Vorlieben und Geschmack. Wie bei Deutschland gegen Italien oder Porsche gegen Ferrari: Spitzenleistungen sind garantiert, werden aber auf unterschiedliche Weise erzielt.

Fazit

Wohl dem, der wählen kann zwischen California und Marco Polo – sparsam und Fahrerauto der eine, stark und komfortabel der andere. Ihre Einrichtung bleibt Geschmackssache – mit klaren Unterschieden bei Sitzbank, Küche und Stauraum. Ausgereift sind beide, teuer auch. Sondermodelle und Jahreswagen mildern schmerzhafte Preise.