Megatest Wohnmobil-Basisfahrzeuge
Antrieb und Fahrkomfort im Test

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Wer zügig und bequem unterwegs ist, kommt entspannter an. Nutzfahrzeuge sind keine
Limousinen, doch in Sachen Fahrdynamik und komfort sind Fortschritte spürbar.

Megatest: Antrieb, Ford Transit
Foto: Karl-Heinz Augustin, Jürgen Bartosch

Ein Wohnmobil ist zum Reisen gedacht, und dazu gehört natürlich auch das Fahren selbst. Der Pilot möchte sein Gefährt stets im Griff haben und wie seine Passagiere bereits unterwegs entspannen – nicht erst am Urlaubsort. Um kommod voranzukommen, sollte der Motor bereitwillig Leistung abgeben, die über ein gut abgestuftes Getriebe und traktionswillige Räder auch auf die Fahrbahn gebracht wird.

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Basisfahrzeuge im Megatest
Stabile Fundamente
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Ein echtes Sahnestück hat Renault dem facegelifteten Master in Form des neuen 163-PS-Top-Motors mit auf den Weg gegeben. Zwei hintereinander geschaltete Turbolader beatmen die ingesamt 2,3 Liter großen Brennkammern so effektiv, dass der Renault bei nahezu allen Messwerten – Beschleunigung, Elastizität und Höchstgeschwindigkeit – die Nase vorn hat. Das eher kurz abgestufte Getriebe hilft dabei, sorgt aber auch dafür, dass bei Tempo 130 im 6. Gang eine relativ hohe Drehzahl anliegt.

163-PS-Motoren mit Doppelturbolader sollen auch bei VW und Mercedes für Schwung sorgen. Trotz sonst enger Verwandtschaft sind die Motoren jedoch Eigengewächse, sichtbar am rund 150 cm3 kleineren Hubraum des VW. Der kann sich gegenüber dem Mercedes durch etwas mehr Agilität hervortun – immerhin prahlt er mit einem Drehmoment von 400 Nm –, wirkt aber auch brummiger und wird von der etwas längeren Übersetzung im 6. Gang ausgebremst.

In puncto Traktion kann diesen beiden Hecktrieblern keiner das Wasser reichen, obwohl bei den drei frontgetriebenen Kontrahenten auf trockener Straße auch kaum Antriebseinflüsse spürbar sind.

Bei Nässe ist bei Fiat und Ford Vorsicht geboten

Auf nasser Piste in Bergaufkurven scharren der Fiat und besonders der Ford immer wieder mit den Hufen – eine Eigenheit, die man schon von der Transit-Vorgeneration kennt. Das gilt im Kern auch für den Motor, der recht kontinuierlich hochdreht. Trotz zweithöchstem Drehmoment im Test fehlt es ihm im langen 6. Gang etwas an Souveränität. Der nominell schwächste Motor im Fiat kann dank seines Turboladers mit variabler Schaufelgeometrie und eines eher kurz gestuften Getriebes ganz gut mithalten, erkauft sich dies aber auch mit höheren Drehzahlen, die sich ebenso wie beim Renault im Geräuschniveau niederschlagen. Außer im Stand profiliert sich der Ford bei allen gemessenen Geschwindigkeiten als Leisetreter, gefolgt vom Mercedes. Dass Schallpegelmessungen nicht alles sind, zeigt die zusätzlich durchgeführte subjektive Beurteilung der sechs internationalen Tester. Hier liegt der Ford nur auf dem dritten Platz, weil ein ziemlich markantes Motorbrummen gezielt ans Fahrerohr dringt. Auch wenn bei Fiat über die letzten Ducato-Generationen hinweg einiges verbessert wurde, bleibt er – subjektiv und gemessen – der Lauteste in diesem Quintett.

Die Fahreindrücke der Testcrew wurden ebenso in den Punkten Antriebsstrang, Fahrwerk, Lenkung, Bedienkomfort und Übersicht zusammengetragen. Gemeinsam mit den Messwerten flossen sie in die Abschlusswertung mit ein. Der subjektive Eindruck gehört auch bei der Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung zu den maßgeblichen Faktoren. Selbst wenn die Geschmäcker teils unterschiedlich sind – der eine mag es lieber direkter und sportlich, der andere eher leichtgängig und sanft –, kristallisieren sich eindeutig bessere oder schlechtere Kompromisse heraus.

Ganz vorn in Sachen Fahrwerk landen VW und Mercedes, wobei ersterer etwas feinfühliger, letzterer durch die Tieferlegung eine Spur härter, aber verbindlicher unterwegs ist. Der Ford folgt mit einer rundum fast ebenso gelungenen Abstimmung. Der Fiat legt den Schwerpunkt stark auf die Straffheit, der Renault ist komfortabler, aber etwas teigig.

Mercedes mit super Fahrwerk und Lenkung

Bei der Lenkung ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei der VW in der Rangfolge ein wenig abrutscht. Grund ist ein etwas gefühlloser Bereich rund um die Mittellage der Lenkung.
Der Diesel-Konsum spielt bei der Wohnmobilnutzung zwar nicht die allererste Geige,  doch in so manchem Reiseland reibt man sich angesichts horrender Kraftstoffpreise schon mal die Augen. Zur Ermittlung praxisnaher Verbräuche wurden die fünf Probanden auf einer rund 270 Kilometer langen Testrunde mit 50 Prozent Autobahn, 30 Prozent Landstraße und 20 Prozent Stadtanteil in den verkehrsarmen sommerlichen Abendstunden bewegt.

Licht und Klimaanlage waren dabei eingeschaltet. Außer beim Mercedes, der ohne Klimatisierungsaggregat antrat – was ihm eventuell einen kleinen Verbrauchsvorteil einbrachte. Dass der Mercedes gemeinsam mit dem Ford die Rangliste mit 7,9 Liter pro 100 Kilometer anführt, liegt aber auch an anderen Maßnahmen wie der aerodynamischen Optimierung samt Fahrwerksabsenkung. Beim Ford macht sich hier offenbar der lange sechste Gang positiv bemerkbar.

Nur knapp dahinter reihen sich Fiat und Renault mit 8,1 und 8,2 Litern je 100 Kilometer ein. Schlusslicht bei den Verbrauchsmessungen ist der VW. Zur Überraschung der Tester liegt er mit 9,0 Litern deutlich hinter den Wettbewerbern.

Besonders der große Abstand zum Mercedes ist verwunderlich. VW gab sich damit nicht zufrieden und fuhr die Verbrauchsrunde nach dem Test noch einmal ohne Klimatisierung – nach eigenen Angaben mit 0,3 Litern weniger. Bleiben dennoch 0,8 Liter Differenz, die offensichtlich in den Unterschieden bei Motor und Aerodynamik begründet sind. 

Mercedes und VW im Kopf an Kopf Rennen

Beim großzügigen Raumangebot im langen und hohen Cockpit gehen Mercedes und VW dagegen wieder Seite an Seiten. Fahrer mit langen Beinen finden hier am  besten eine bequeme Sitzposition. Auch im Ford gelingt dies nun deutlich besser als im Vorgängermodell. Das Lenkrad ist serienmäßig weiten- und höhenverstellbar. VW und Mercedes verlangen dafür einen moderaten Aufpreis, Fiat und Renault bieten jeweils nur einen Verstellweg.

Während man sich beim Renault hinter dem Armaturenbrett etwas eingemauert fühlt, sitzt man im Fiat wie auf dem Kutschbock. Daran kann auch die relativ großzügige Höhenverstellung des Fahrersitzes nur wenig ändern. Die Innenbreite im Fiat und Re­nault ist dafür relativ großzügig – das hilft beim Drehen der Sitze im Wohnmobil.

Im Qualitätseindruck der Kunststoff-Oberflächen und Sitzbezüge setzen Mercedes und VW die Maßstäbe, wobei letzterer eine Spur nüchterner wirkt. Der Ford orientiert sich stark an den Pkw-Modellen der Marke. Lenkrad und Mittelkonsole sind jedoch so mit Schaltern überladen, dass die Bedienung leidet. Qualitätseindruck und Funktionalität passen beim Fiat. Der Renault erinnert dagegen sehr daran, dass man in einem Nutzfahrzeug sitzt.

Bei Antrieb, Fahrkomfort und Cockpitausstattung legt der Mercedes insgesamt die Schlagzahl vor. Gleichauf dahinter liegen VW und Ford. Mit etwas Abstand folgen der Re­nault und der Fiat.