Die Kreuzung aus Auto und Reisemobil heißt Campingbus. Bei dessen Kauf kommt es auf den menschlichen Körperbau an. Eine Lineallänge unterhalb des Hirns schlägt das Herz. Nochmals 25 Zentimeter tiefer sitzt der Bauch. Bei der Entscheidung für einen Bus haben diese Körperteile manchmal die Zweidrittelmehrheit. Wenn das Hirn abrät, meldet sich prompt und deutlich spürbar das Bauchgefühl. Dazu pulst heftig das Herz. Und nun passiert etwas anderes, als sich das nüchterne Hirn vorstellt. Selbst bei lebensgereiften Buskäufern.
Hymer Car GT-Line
Was ist diese Marke vernünftig. Siehe Vorzeigeintegrierter Hymer B-Klasse: alles durchdacht. Hymer-Reisemobile sind unglaublich erwachsen und ernst. Getrimmt auf höchsten Nutzen. Doch mitten im Club gediegener Reisemobile steht ein bunter Paradiesvogel. Auf der Flanke wildes Streifendekor, drunter große Aluminium-Räder mit dicken Breitreifen, vorn ein neckischer Chrombügel.
B-Klasse-Käufer wenden sich kopfschüttelnd ab. Würden das unnütze Rohr in unbeobachteten Momenten gern abreißen.
Der ungezogene Typ
heißt Car GT-Line, gönnt sich reichlich Kriegsbemalung. „Gran Turismo“ steht unten auf der Flanke. Tritt der adrette Car 322 mit guten Manieren auf, so legt der GT-Line die Füße frech auf den Tisch. Behält dabei gar die Stiefel an. Schminkt sich wie eine Mischung aus Indianer auf dem Kriegspfad und französischer Concierge. Klebt sich fast echte Carbonstreifen auf die Stoßstange, schmückt sich in Orange wie ein BMW der Siebziger, blickt scharf aus LED-Tagfahrlichtern und guckt dabei ein wenig böse. Rollt auf Reifen im Format 255/55 und 17-Zoll-Rädern.
Trotz aller Verzierungen, dieser heiße Typ gehört nicht zu den Rüpeln. Er will nur spielen, das aber gern. Im Kern jedoch ist und bleibt er ein braver Hymer. Innen hat sich der GT-Line richtig fein gemacht. Trägt Lederpolster mit zarten orangefarbigen Kedern. Wichtig sind ein 97-Liter-Kühlschrank, ein Hebe-Kipp-Dach und die Zusatzsteckdosen. Ansehnlich auch der DVD-Spieler mit schwenkbarem 17-Zoll-Flachbildschirm. Die Kinematik ist ebenso ausgefeilt wie die Fächer im Stauraum unter dem vielfältig klappbaren Doppelbett. Vorn unter der Haube arbeitet ein vernünftiger 130-PS-Diesel.
Zubehör für exakt 22.015 Euro ist an Bord des GT-Line mit Zusatzpaket, doch der Aufpreis beträgt nur 9.980 Euro. Da arbeitet das Hirn potenzieller Hymer-Besitzer. 48.880 Euro für einen prächtig ausstaffierten Campingbus, der mit 61.000 Euro in der Liste stehen würde? Gekauft. Aber kann man ihn vielleicht ohne Designbeklebung und Chrombügel erwerben?
Globecar Campscout
Vorbei sind die Zeiten, als Pössl inklusive Zweitmarke Globecar bescheiden brave Günstigbusse unters Volk schwemmte. Der einstige Dacia Logan ist heute der VW unter seinesgleichen. Mit breitem Programm von günstig bis teuer, Marktführer. Das macht Appetit auf mehr. Campingbusse von Pössl und Globecar sind nicht mehr verhärmt, sondern prall ausgestattet. Mit „Style“-Modellen gönnt man sich muntere Busse mit Bullaugenfenstern. Der Roadmaster trägt gar ein Designer-Interieur. Und nun?
Ein einzigartiger Campscout Style als Hingucker. Das Ausgangsmodell kostet verträgliche 40.999 Euro, doch hier hat man hineingepackt, was gut und teuer ist. Ein selbstbewusstes Showcar, voller Extras, die in keiner Liste stehen. Der Preis hat sich in diesem Zug glatt auf imaginäre 80.000 Euro verdoppelt, gäbs den Bus denn so. Da errötet der Globecar in Metallic-Lack – und bläht vor Aufregung die Nüstern. Sie kosten 2.590 Euro.
Gesponnen? Vielleicht, es geht auch ohne die aufdringlich geweiteten Nasenlöcher. Ohne Vollluftfederung von VB-Airsuspension mit voreingestellten Niveaus. Aber bei den richtig feinen Lederpolstern, da könnte man schwach werden. Geschmackvoll zweifarbig ausgeführt und mit Ziernähten abgesetzt. Nicht nur schick, auch funktionell: Die Vordersitze verfügen über eine Massagefunktion. Auf Knopfdruck pulst es zwischen Gesäß und Rücken wie in den Liegesesseln eines Langstreckenjets der feinen Business-Klasse.
In Pausen klappt die mächtige Sat-Schüssel auf dem Dach auf. Oder wie wär’s mit einem Nickerchen auf Einzelbetten mit Gesundheitsmatratzen? Mit einer erfrischenden Dusche im markentypischen Brausebad mitten im Bus? Oder Musikgenuss aus der Pioneer-Anlage? Die elegant-warmtonigen Möbel sehen nicht zufällig nach Dethleffs aus, dort werden die meisten Globecar und Pössl gebaut. Kaum zeigt Globecar den Appetithappen, kommen Neugierige. Wer will, kann die krawalligen Nüstern ja weglassen.
Adria Twin SP GiT
Als Erster des Trios hat es der Adria GiT bisher mit Bild und Text in den regulären Katalog geschafft. Rund drei Dutzend davon setzt Adria im Jahr in Deutschland ab, Respekt. Der GiT fährt als Traum in Orange und Schwarz vor. Außen Metallic-Lack mit dynamischem Dekor, oben eine Dachreling, unten 17-Zoll-Aluminium-Räder. Wer den GiT richtig scharf würzt, greift zu schwarzen 20-Zoll-Rädern mit 255/45er Reifen. Lassen wir die Frage, ob er damit geradeaus fährt und federt. Zum starken Auftritt passen bullige Ducato-Maschinen mit bis zu 180 PS.
Drinnen geht es stilsicher in Orange und Schwarz weiter, vom Cockpit bis zum Bettbezug. Passende Ledersitze gibt’s, ein Raffrollo mit orangenen Streifen, tiefdunklen Teppich. Das Mobiliar im Silberlook stammt aus dem eng verwandten Twin „Titan“, Adria fügt freche orangene Möbelgriffe hinzu. Der Bus ist komplett durchgestylt, einschließlich des Ster-nenhimmels mit glimmenden LED-Lampen.
53.999 Euro ruft Adria für den GiT auf. Darin enthalten ist eine Flut von Komfortausstattungen von der elektrischen Trittstufe über Dachfenster bis zum 97-Liter-Kühlschrank, der Dusche und fast allem, was man sonst zwischen Sitzgruppe und Doppelbett braucht.
Wer sich darüber hinaus Gutes tun will, guckt nach der Unterhaltungselektronik. Da wäre ein kraftvolles Soundsystem mit klangvollen Bose-Lautsprechern. Damit man Gitarrenheld Eric Clapton beim Blues zuschauen kann, klappt oben im Fahrerhaus ein Monitor der DVD-Anlage aus. Eine weitere Steigerung bedeutet das Video-Paket mit 19-Zoll-Monitor plus dicken Lautsprechern im Schlafzimmer. Nicht genug? Dann legt Adria noch einen Monitor in der Schiebetür drauf. Tisch einhängen, Campingstühle raus, Fußball gucken. Champions League, klar, in der auch der Adria GiT spielt.
Er ist ein Fall für Reisende in Lederjacke, Typ Peter Maffay, einschließlich dessen Furchen und Jahresringe. Für Leute mit viel Herz und Bauchgefühl. Und mehr als 60.000 Euro im Geldbeutel, wenn’s die Vollausstattung sein soll. Auch graue Panther sind manchmal richtig tolle Raubkatzen.
Globecar Campscout Style
Preis: Unikat, ca. 80.000 Euro;
Basis: Fiat Ducato 35, Frontantrieb 116 kW (157 PS); Gesamtgewicht: 3500 kg; Länge/Breite/Höhe: 6358/2050/2650 mm. Empfohlene Personenzahl: 2–3; Baureihe: Das Unikat basiert auf dem bekannten Campscout. Eine Vielzahl von Ausstattungen erhebt das Modell zum Einzelstück. Elemente daraus werden in Serie gehen.
Info: Telefon 0 86 54/46 94 0; www.globecar.de
Hymer Car 322 GT-Line
Preis: ab 47.390 Euro;
Basis: Fiat Ducato 35, Frontantrieb 96 kW (130 PS); Gesamtgewicht: 3500 kg; Länge/Breite/Höhe; 5990/2080/2550 mm. Empfohlene Personenzahl: 2–4; Baureihe: Der GT-Line basiert auf dem Hymer Car 322 für 38.900 Euro. Mehr Raum an Bord des Campingbusses schafft ein optionales Aufstelldach mit Doppelbett.
Info: Telefon 0 75 24/99 90; www.hymer.com
Adria Twin SP GiT
Preis: ab 53.999 Euro;
Basis: Fiat Ducato Maxi, Frontantrieb 109 kW (148 PS); Gesamtgewicht: 3500 kg; Länge/Breite/Höhe: 5990/2050/2580 mm. Empfohlene Personenzahl: 2–3; Baureihe: Der Twin SP GiT fußt auf Twin SP und Twin SP Titan. Ohne Paket „Komfort plus“ mit Klima und ESP geht’s nicht, mit Sound- und Video-Paket überschreitet der Preis 60.000 Euro.
Info: Telefon 0 61 03/40 05 81; www.adria-deutschland.de