Wer die malerischen Orte der Halbinsel von Sorrent erkunden will, muss gut zu Fuß sein. Steile, labyrinthartige Gassen führen bergauf und bergab. Nicht umsonst gilt das Bilderbuchstädtchen Positano als „einziger senkrechter Ort der Welt“. Eine Besichtigung in den Sommermonaten wird schnell zur schweißtreibenden Angelegenheit. Entschädigt wird man mit immer neuen Blicken auf die übereinandergestapelten weißen und pastellfarbenen Häuser an den Berghängen, auf enge Schluchten, üppig grüne Terrassen mit Wein- und Zitronenhainen und natürlich auf einen der schönsten Küstenstreifen Italiens. Dessen geografischer Mittelpunkt ist ein kleines Städtchen, das dieser Region einst ihren Namen gab: Amalfi. Wie ein Keil klemmt es im Valle dei Mulini, im „Tal der Mühlen“. Im Mittelalter war die einstige selbstständige Seerepublik einer der ersten Orte Europas, an dem Papier hergestellt wurde.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde damit begonnen, die wildromantische Küste zu erschließen. Heute zählt die 40 Kilometer lange Amalfitana zwischen Positano und Vietri sul Mare zu den schönsten und spektakulärsten Küstenstraßen der Welt. Sie ist so kurvenreich und eng, dass sie seit 2009 für große und lange Fahrzeuge, also leider auch für Reisemobile, gesperrt ist. Aber halb so wild – völlig stressfrei tingelt man mit Kleinbussen oder auf dem Seeweg von Ort zu Ort.
Am Krater des schlafenden Vulkans
Andrea De Gregorio heißt der nette, ältere Herr mit den weißen Haaren, der uns erzählt, wie er 1944 als 16-Jähriger den letzten Ausbruch des Vesuv erlebte. Seitdem schläft der Vulkan majestätisch, ist aber keineswegs erloschen und gilt immer noch als der gefährlichste „Feuertopf“ Europas. Mit 1132 Meter Höhe ist er weithin sichtbar und dominiert das gesamte Panorama des Golfs von Neapel.
1991 wurde das Gebiet um den Vulkan zum Nationalpark erklärt und kann seither besichtigt werden. Busse bringen die Besucher auf einer aussichtsreichen Straße bis hinauf auf 1000 Meter. Ein kurzer Wanderweg führt bis direkt an den Kraterrand. Der Blick in den 200 Meter tiefen Schlund hat etwas Unheimliches. Fünf bis sieben Kilometer unter uns brodelt das Magma. Von hier oben sieht man, wie nah sich die Metropole Neapel bis an den Fuß des Vesuvs schmiegt. Nicht auszudenken, was es für die Region bedeuten würde, wenn es zu einem erneuten Ausbruch käme.
Die Ruinen von Pompeji
Kaum ein anderer Ort der Welt bewegt seine Besucher bis heute so sehr wie Pompeji Scavi, die Ruinen der verschütteten Stadt Pompeji. 62 nach Christus zerstörte ein Erdbeben einen Großteil Pompejis und des benachbarten Herculaneum. Noch in der Wiederaufbauphase wurde die Stadt im August 79 n. Chr. während eines dreitägigen Ausbruchs des Vesuv unter einer meterhohen Ascheschicht begraben. Fast 1700 Jahre waren vergangen, ehe man bei Bauarbeiten zufällig auf die Mauern der Ruinenstadt stieß und mit den Ausgrabungen begann.
Heute gehört Pompeji zum Weltkulturerbe der Unesco. Auf riesigen Pflastersteinen geht man vorbei an den Resten alter Häuserfassaden. Gut erhaltene Gebäude können besichtigt werden. Filigrane Mosaiken und Wandmalereien zeugen vom einstigen Glanz. Die antiken Ruinen enthalten aufgrund von Raubgrabungen heute leider nur noch einen Bruchteil dessen, was die Ausgräber vor fast 250 Jahren vorfanden. Die Faszination ist aber bis heute ungebrochen.
Unverfälschte Atmosphäre in Neapel
Die Hauptstadt Süditaliens hat seit jeher mit negativen Vorurteilen zu kämpfen. Durch einseitige mediale Berichterstattung ist Neapel verrufen als Hochburg der Camorra mit Korruption, Kriminalität und Müllbergen in den Straßen. Dabei hat die Stadt weitaus mehr zu bieten und ist nicht gefährlicher als jede andere westeuropäische Großstadt. Die lebendigste Musik- und Theaterszene Italiens ist hier zu finden. Das zum Weltkulturerbe gehörende historische Zentrum mit Baudenkmälern aus dem späten Mittelalter, Renaissance und Barock gleicht einem Freilichtmuseum mit 2700-jähriger Geschichte.
Die Fülle an Sehenswürdigkeiten ist fast unüberschaubar. Bei einem Bummel durch das Centro storico wird man sofort von einer unverfälschten Atmosphäre in den Bann gezogen. Neapel hat sich seine Ursprünglichkeit bewahrt. Nicht auf Hochglanz poliert, etwas marode, aber dafür mit ganz eigenem Charme und angenehm unaufdringlich.
Drei Standseilbahnen führen hinauf auf den 224 Meter hohen Hausberg Vomero. Vom ehemaligen Kloster San Martino hat man den wohl besten Blick auf das Häusermeer der Altstadt bis hinüber zum Vesuv. „Neapel ist keine Stadt, es ist eine Welt“, schrieb Curzio Malaparte treffend in seinem Roman Die Haut.
Römische Spuren in Paestum
Etwas südlich von Salerno liegen die griechischen Tempel von Paestum. Sie zählen zu den kostbarsten archäologischen Ausgrabungen Italiens. Im fünften vorchristlichen Jahrhundert wurden im ehemaligen Poseidonia drei repräsentative Tempel gebaut, die prachtvoller waren als die des griechischen Mutterlandes. Trotz späterer römischer Eroberung blieben sie aus Respekt vor den Göttern stets unangetastet und sind heute fast besser erhalten als die Tempel in Athen. Im sehenswerten Museo Archeologico sind sämtliche Ausgrabungsfunde der letzten Jahrzehnte ausgestellt. Die weitläufigen Sandstrände bei Paestum sind zudem ein idealer Ort, die vielseitigen Eindrücke des Golfs von Neapel auf sich wirken zu lassen.