Wind, Wellen und Weitblick – dafür ist die Nordseeküste bekannt. Und doch gibt es noch Ecken, die man fast für sich allein hat – bei einer Mobil-Tour auf der Halbinsel Butjadingen finden Urlauber jede Menge Ruhe, Natur und gute Stellplätze.
Wind, Wellen und Weitblick – dafür ist die Nordseeküste bekannt. Und doch gibt es noch Ecken, die man fast für sich allein hat – bei einer Mobil-Tour auf der Halbinsel Butjadingen finden Urlauber jede Menge Ruhe, Natur und gute Stellplätze.
Tief durchatmen und dabei innerlich zur Ruhe kommen – geht das irgendwo leichter als in einem Landstrich, der vorwiegend den Horizont als Begrenzung kennt? Manch einen mag es eher verunsichern, dass das Auge hier so wenig findet, woran es sich festhalten kann. Historische Windmühlen, Bäume, Kirchtürme, Deiche gibt es da – und mancherorts ist gar die Schulterhöhe der nächsten schwarzbunten Kuh die einzige Erhebung vor der schnurgeraden Linie des Meeres. Wer auf dem Deich oder direkt an der Waterkant steht und auf das Watt und die Nordsee hinausschaut, der kann im Inneren ganz ruhig werden – nordisch-gelassen eben.
Das Meer ist allgegenwärtig rings um die grüne, stille Halbinsel Butjadingen. Die Region lugt weit in den Jadebusen hinein, in die Wesermündung und die Nordsee mit dem Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer. Sie liegt zwischen Wilhelmshaven und Bremerhaven, und dazu gibt es hübsche kleine Orte wie Jever oder Varel mit ihren historischen Altstädten. Und sonst vor allem – ganz viel knackfrische Natur.
Für ihr extrem plattes Land haben die Wesermarsch-Bewohner einen speziellen Spruch auf Lager: „Hier sieht man schon an Ostern, wer über Weihnachten zu Besuch kommt.“ Besonders dann, wenn man gerade oben auf einem Deich steht. Und wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist, der hat es bis zur nächsten Deichkrone nie weit. Es gibt viele gute Stell- und Campingplätze entlang der Küste, teils vor, teils hinter dem Deich gelegen und damit allesamt nur wenige Schritte vom Wasser entfernt – naturnaher kann man an der Nordsee kaum wohnen.
Mit rund 35 Kilometern zählen die Deiche Butjadingens zu den längsten zusammenhängenden Schutzanlagen des Nationalparks Wattenmeer – fast nahtlos zieht sich die Abwehr gegen Sturmfluten rings um die gesamte Region. So ganz scheint sich die Gegend nie im Klaren gewesen zu sein, ob sie nun zum Land gehören will oder lieber zur Nordsee – Überflutungen gab es im Lauf der Jahrhunderte immer wieder. Ohne die gäbe es freilich die hübschen Wurtendörfer nicht: „Wurt“ steht für Erdhügel, der unter Gehöften oder ganzen Siedlungen aufgeworfen wurde, um vor den wilden Fluten zu schützen. Zu sehen ist das in kleinen Ortschaften wie Langwarden oder dem romantischen Eckwarden, die mit der Endung „warden“ noch das Synonym für Wurt im Namen tragen.
So ein Deich hat ganz besondere Vorteile: Erstens eignet er sich als guter Ausguck über das weite Meer, seewärtig kann man sich außerdem bei Sturm gegen den Wind lehnen, den Kopf freipusten lassen und die Kraft der Natur ganz deutlich spüren. Auf der Landseite ist man den Wind dann größtenteils los und kann sich an bequemen Rad- und Wanderwegen erfreuen, die eben und oft schnurgerade quer durch die Lande führen. Autos kommen nur wenige vorbei, und wenn, dann sieht man sie schon von weitem gemächlich herantuckern. Das eigene Mobil lässt man sowieso am besten immer mal wieder auf dem Stellplatz zurück, Fahrräder sind das beste Fortbewegungsmittel in dieser Region. Besonders dann, wenn man nach Wilhelmshaven hinüber will – die Fähre von Eckwarderhörne nimmt nämlich nur Personen und Zweiräder ohne Motor mit.
Vom Fahrrad aus sieht man ohnehin mehr: mehr Grün, mehr vorbeiziehende Wölkchen am Himmel und – von den Deichkronen aus – natürlich auch ganz viel mehr Meer. Für eine gute Pausenverpflegung während der Radtour ist dabei bestens gesorgt: Auf Butjadingen gibt es kleine Melkhüs, grün gestrichene Holzhäuschen, in denen die Bauern der Region frische Produkte feilbieten. Gezahlt wird auf Vertrauensbasis in ein bereitgestelltes Töpfchen, und verspeist werden die Leckereien in den hübschen Bauerngärten.
Auf dem Deich grasen derweil die allgegenwärtigen Schafe, hier auch „Deichbeamte“ genannt. Sie sorgen dafür, dass niemand die steilen Hänge mit dem Rasenmäher bearbeiten muss, sind genügsam sowie wind- und wetterresistent, liefern obendrein warme Wolle und treten mit ihren Hufen den Untergrund fest – ein wichtiger Beitrag zur Deichsicherung.
Die Gezeiten, das Wechselspiel von Ebbe und Flut, prägen ganz wesentlich das Gesicht dieser Region. Zweimal innerhalb von 24 Stunden sinkt und steigt der Meeresspiegel als Folge der Anziehungskräfte von Erde, Mond und Sonne. Ein Gezeitenkalender gehört für Badefreaks daher unbedingt in die Urlaubsausstattung. Wer auch bei Ebbe schwimmen will, kein Problem – die künstlich angelegte Nordseelagune bei Burhave etwa ist völlig unabhängig von den Launen der Natur.
Wenn das Meer entschwunden ist, herrscht im Watt Hochbetrieb. Vögel lassen sich jetzt besonders gut beobachten, außerdem Wattbewohner wie Muscheln und Krebse. Wie viel Leben sich in der grauen Schlicklandschaft tummelt, lässt man sich am besten von einem Wattführer zeigen, zum Beispiel von Eckwarderhörne aus (www.wattwanderung.de). Man kann auch an einer etwas sportlicheren Wattwanderung teilnehmen, die durch viele Priele führt und bei der man stellenweise bis zu den Knien einsinkt.
Das ist ja überhaupt das Schöne hier: das Prickeln und Pritzeln an den Füßen beim Waten durchs Watt. Es gibt Leute, die allein deshalb dieses weite Land an der Küste so lieben – und jedes Jahr wieder zurückkehren.
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