Die Franche-Comté ist noch ein echter Geheimtipp. Südwestlich angrenzend ans viel bekanntere Elsass lassen viele Reisemobilfahrer die großartige Naturlandschaft auf der Durchreise nach Süden einfach links liegen. Ein Fehler: Reisemobilisten sind vielerorts willkommen. Flüsse wie Doubs und Saône, riesige Waldflächen und die Berge der Südvogesen und des Juragebirges im Osten prägen den Charakter der Region. Die historische Bausubstanz vieler Städte erzählt vom reichen kulturellen Erbe.
Wie beispielsweise das des Claude-Nicolas Ledoux: Der weitsichtige Architekt, Visionär und Menschenfreund schuf einige Jahre vor der Französischen Revolution mit der „Saline Royal“, der königlichen Saline, ein wahrlich zukunftsweisendes Ensemble. Die ehemalige Salzmanufaktur in Arc-et-Senans im Herzen der Franche-Comté (auf Deutsch: „Freigrafschaft“) ist das eindrucksvolle Ergebnis von Ledoux’ Traum einer idealen Stadt, die ein ausgewogenes soziales Verhältnis zwischen Adel und Arbeiterschaft widerspiegelt.
Klare Symmetrien bestimmen den Stil der Anlage. Die für 5000 Bewohner bestimmte Siedlung sollte einen perfekten Kreis um das Direktionsgebäude bilden. Aus Geldmangel konnte nur die Hälfte des Projekts, also ein Halbkreis, verwirklicht werden; auf dem ummauerten Gelände lebten rund 200 Arbeiter in geradezu feudalen Steinhäusern. Ausstellungen in den restaurierten Räumen geben einen umfassenden Einblick in die Planungen, die unter anderem Schulen, Spiel- und Vergnügungsstätten vorsahen.
Archaisch mutet dagegen die nahe gelegene Salzsiederei Salins-les-Bains an, wo in Sudpfannen die Sole erhitzt wurde, die Pumpen aus rund 250 Meter Tiefe holten. Das „weiße Gold“ war einst ein begehrter Rohstoff, der zur Konservierung von Lebensmitteln unersetzlich war.
Süß und Salzig: Von der Saline in die Schokoladenfabrik
Das nächste Ziel ist Arbois an der N 83, die viele Reisemobilfahrer nutzen, um auf dem Weg nach Süden die mautpflichtige Autobahn A 36/39 zu umgehen. Auf salzig folgt hier süß, denn kein Schokoladenfreund sollte versäumen, im Zentrum in der Pâtisserie von Édouard Hirsinger vorbeizuschauen. Die exklusiven Pralinensorten entstehen seit vier Generationen im „Laboratorium“ im Hinterhaus in sorgfältiger Handarbeit. Der Chocolatier ist bekannt dafür, immer wieder neue, aufregende Geschmacksrichtungen zu kreieren. Die aktuellen Produkte sind zudem speziell auf die Weine aus der Region abgestimmt. Im alten Gewölbekeller hat Hirsinger ein schmuckes kleines Museum mit Gerätschaften aus 115 Jahren Firmengeschichte eingerichtet.
Geschichtsträchtige Architektur und grandiose Naturschauspiele
Schauplatz vieler Dramen, welche die wechselvolle Vergangenheit der Franche-Comté begleiteten, ist das Fort Joux. Die Burg aus dem 12. Jahrhundert wacht majestätisch auf einem hohen Felsen nahe der Stadt Pontarlier. Ihre starken Mauern erhielt sie erst spät: Sie sind ein Werk von General Vauban, dem Baumeister von König Ludwig XIV. Prominente saßen hier in den Verliesen, etwa der Graf von Mirabeau. Lockere Haftbedingungen erlaubten ihm, eine Affäre mit einer jungen verheirateten Marquise einzugehen, die mit ihrem Freitod tragisch endete. Auch Heinrich von Kleist saß hier 1807 ein – als vermeintlicher Spion.
Ein besonders ergreifendes Naturschauspiel stellt der Wasserfall Syratu dar, der sich aus einer tiefen Felsspalte in die Loue ergießt. Der Fluss ist bei Kanufahrern sehr beliebt. Auch per Fahrrad kann man ihm folgen und nach Lods gelangen. Das Dorf mit seinem morbiden Charme und der alten, moosbedeckten Brücke inspirierte namhafte Maler, darunter Gustave Courbet. Er stammte aus dem Nachbarort Ornans, der mit seinem Laternenturm und den erkergeschmückten Altstadthäusern besonders an Wochenenden Gäste anzieht.
Herrschaftliche Fassaden prägen das Stadtbild von Besançon. Viele Parks und Gärten begründen ihren Ruf als „grünste Stadt Frankreichs“. Auch traditionelle Handwerksbetriebe gibt es hier in großer Zahl. Vom 1958 ausgebrannten Theater kann man noch die schmucke Säulenfassade bewundern – übrigens ebenfalls ein Werk von Claude-Nicolas Ledoux.