Heimlich, still und leise schließt der deutsche Südwesten zu den reisemobilfreundlichsten Regionen des gesamten Landes auf – in keinem anderen Feriengebiet war die Stellplatz-Landschaft in den vergangenen Monaten so heftig in Bewegung wie am Oberrhein und im südlichen Schwarzwald. Ganz zur Freude der Wohnmobil-Touristen, die sich noch vor wenigen Jahren zu Recht über das dürftige Stellplatznetz mokierten.
Abgesehen von guten Stellplätzen in einigen wenigen fortschrittlichen Gemeinden, allen voran Breisach am Rhein, oder bei aufgeschlossenen Unternehmen wie dem Europa-Park in Rust, mussten Reisemobilisten seinerzeit in erster Linie auf einfache Angebote zurückgreifen, zumeist bei reisemobilfreundlichen Restaurants. Diese gibt es zwar immer noch, doch haben sich die Akzente deutlich verschoben.
Pioniere des Stellplatznetzes
Sasbachwalden, Unterkirnach und Bad Dürrheim waren die Pioniere beim Aufbau eines dichten Stellplatznetzes, das nur wenige Forderungen offen lässt, die Kundenwünsche allerdings auf ganz unterschiedlichen Wegen bedient.
In Sasbachwalden, einem Weindorf in der Ortenau, gab die Kurverwaltung in Zusammenarbeit mit der Winzergenossenschaft den Anstoß für einen zentrumsnahen Stellplatz, der keine Luxus-Ausstattung bietet, dafür aber mit der Nähe zum Ortskern, seinen vielen guten Gastwirtschaften und Weinstuben aufwartet.
Diese Vorzüge vereint auch der Stellplatz von Unterkirnach auf sich, lockt aber darüber hinaus zugleich mit einer sternförmigen Anlage, die zu jedem Standplatz auch noch einen recht großzügig dimensionierten Grünanteil bietet.
In Bad Dürrheim bevorzugt der Stellplatzbetreiber Michael Bertsch ein anderes Modell. Er setzt bei seinem parzellierten und gut ausgestatteten Reisemobilhafen am Solemar ganz auf Service. Ob bei Reservierungen, Brötchen- und Gas-Service oder der Organisation von Veranstaltungen, Bertsch zeigt persönlich am Platz Flagge und und bemüht sich, seinen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Gelegentlich macht zwar der Wettergott einen Strich durch die Rechnung wie bei dem für Weihnachten angekündigten und dann verschobenen Ausbau des Stellplatzes, doch alles in allem zeigt das Konzept Wirkung: In der Saison 2004 verzeichnete Michael Bertsch über 30 000 Übernachtungen. Diese Zahlen haben sich natürlich im Südwesten herumgesprochen und ihren Teil zum Aufblühen des Reisemobiltourismus beigetragen. Jüngstes Beispiel: promobil kürte erst vor wenigen Wochen Oberkirch zur Gemeinde des Monats März. Damit dürfte der Wettlauf um den Gast in der Ortenau an Fahrt gewinnen, der Stellplatz von Oberkirch lässt nämlich den etwas älteren Platz von Sasbachwalden hinter sich.
Dass es hingegen nicht ganz so einfach ist, einen Stellplatz der Extraklasse auszuweisen, wie sich das so mancher Touristiker oder Kommunalpolitiker in der ersten Begeisterung für das Thema vorstellen mochte, brachte die Inspektionstour von promobil durch den gesamten Südwesten an den Tag. Über 20 Stellplätze standen auf dem Besuchsprogramm. Bei idealen äußeren Bedingungen – warmen Temperaturen, vorzüglichem Radler- und Wanderwetter – zeichnete sich ein extrem unterschiedliches Bild ab. Einige der bekanntesten Stellplätze, so zum Beispiel der parkähnlich gestaltete Stellplatz von Unterkirnach, waren erwartungsgemäß komplett belegt, und am Solemar von Bad Dürrheim drängten sich an diesen Tagen sogar weit mehr als 100 Mobile.
Auf vielen anderen, auch durchaus guten Stellplätzen aber stand der als Testwagen benutzte Chausson oft mutterseelenallein. Dabei konnten einige dieser Plätze in einzelnen Bereichen durchaus gefallen. Bernau lockt etwa mit einem Platz an den Sportanlagen, der sich im Winter für Skifahrer, im Sommer als Ausgangspunkt für Wanderungen anbietet. Mit viel Rangierraum verwöhnen die Stellplätze von Todtmoos und Bad Wildbad, doch in beiden Fällen befinden sich die Übernachtungsflächen weit außerhalb des Zentrums.
Was macht Erfolg und Misserfolg von Stellplätzen aus?
Wie nah Erfolg und Misserfolg beieinander liegen können, zeigt der Vergleich zweier Stellplatz-Paare: Unterkirnach und Hüfingen, Bad Dürrheim und Bad Krozingen. Während der Platz von Unterkirnach bei der promobil-Leserwahl zur Gemeinde des Jahres einen ausgezeichneten Platz belegte, fand der Stellplatz von Hüfingen trotz stadtnaher Lage, ordentlicher Ausstattung und eines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses nicht die erhoffte Resonanz.
Oft sind es die Kleinigkeiten, die den Ausschlag geben. So fehlte anfangs eine klare Ausschilderung im Stadtgebiet, in Hüfingen aber kam noch eine unpraktische Stellplatzorganisation dazu. Die Infotafel forderte die Wohnmobilisten auf, sich in der Tourist-Information anzumelden oder dort den Schlüssel für Stromsäule abzuholen – nicht gerade komfortabel in einer völlig fremden Stadt, möglicherweise in der Dunkelheit oder bei schlechtem Wetter, und all das in einer Umgebung, in der sich gleich mehrere Top-Stellplätze anbieten. Inzwischen haben die Stadtväter das Problem erkannt und versprechen Abhilfe. Ein Mitarbeiter kümmert sich ab sofort um den Stellplatz, kassiert nicht nur die Gebühr, sondern hilft vor Ort mit Rat und Tat.
Ganz ähnlich verhält es sich bei den beiden Kurorten im Schwarzwald. Außer Bad Dürrheim bietet auch Bad Krozingen einen Stellplatz bei einer einladenden Therme, doch schon beim ersten Blick werden himmelweite Unterschiede zwischen beiden Plätzen klar. Wo in Bad Dürrheim Pkw und Reisemobile säuberlich voneinander getrennt sind, ist in Bad Krozingen bei ähnlicher Preisgestaltung die Mischnutzung noch an der Tagesordnung. Auch die Parzellierung, gerade für einen Wellness- oder Kuraufenthalt unerlässlich, entspricht durchaus nicht dem Dürrheimer Standard. Die Zahlen sprechen gleichfalls klar für Bertschs Konzept: In Bad Krozingen standen bei der Inspektion zehn Reisemobile, in Bad Dürrheim über hundert.
Absolut erfreulich ein anderes Ergebnis der Tour: Bei der Ausstattung zeigte kaum ein Stellplatz im Südwesten eine Schwäche. In fast allen Orten hat es sich herumgesprochen, dass zu einem modernen Stellplatz auch eine umweltgerechte Ent- und Versorgungsstation gehört, und zwar möglichst direkt am Stellplatz – so gibt es keine Ausrede für schwarze Schafe mehr. Mit Freiburg macht ausgerechnet eine der attraktivsten Städte der Region eine Ausnahme von dieser Regel – mit dem Verweis auf eine nahe Ent- und Versorgungsmöglichkeit allein lässt sich das Problem nicht lösen. Wenn auch noch einige andere Stellplätze etwas Feinschliff vor allem bei der Gästeansprache gut vertragen würden, so ergibt sich doch nach den Tagen im Südwesten ein rundum positives Bild. Eins wird angesichts der Wettbewerbslage aber auch klar: Fantasie ist gefragt, die Zeiten sind auch im Südwesten vorbei, in denen das Aufstellen eines Schildes allein den Erfolg eines Stellplatzes garantierte.