Report Wohnmobile bedienen
Da ist was im Bus

Die Freizeitfahrzeugbranche steht vor einem Umbruch. Mit Einführung des Caravaning-Industrie-BUS soll die Bedienung des Wohmobils einfacher werden, indem man Heizung, Klimaanlage und Co. über ein zentrales Kontrollbord steuern kann. promobil erklärt den Stand der Entwicklung.

Report: Reisemobile bedienen
Foto: Regenscheit, Vierneisel, Lippert, Schaudt, Hersteller

Vor lauter Bedienpanelen sieht man beinahe die Möbelwand nicht mehr. Dicht gedrängt reiht sich eins ans andere: für die Heizung, für die Markise, dazu eine Anzeige für das Solarmodul, ein Batteriecomputer, ein Bedienteil für Brennstoffzelle oder Generator, ein weiteres für ein Energiemanagementsystem. Dann noch ein Sat-Finder und - nicht zu vergessen - das Hauptkontrollbord des Wohnmobils.

Zugegeben, die Situation, wie im Bild links dargestellt, ist extrem, wenngleich nicht völlig unrealistisch. Wer sein Fahrzeug ab Werk oder nachträglich mit dem ein oder anderen technischen Zubehör ausrüstet, erhält mit fast jeder Komponente ein eigenes Bedienpanel oder eine Fernbedienung hinzu. Je nach Ausstattungsgrad kommt da einiges zusammen - mit fatalen Folgen für die Übersichtlichkeit. Und, mal ehrlich, wirklich viel her macht eine derart zugepflasterte Möbelwand auch nicht gerade.

Das Problem ist nicht erst seit gestern bekannt. Versuche, die Bedienung in Freizeitfahrzeugen zu vereinheitlichen und in ein zentrales Kontrollbord zu integrieren, hat es schon vor Jahren gegeben. Als eines von mehreren Beispielen sei hier nur an eine frühere Version des E-Control von Reich erinnert.


Alle bisherigen Vorstöße eint jedoch, dass sie sich letztlich nicht durchgesetzt haben. Wohl auch, weil sie unterm Strich zu teuer und zu kompliziert waren. „Die Zeit dafür war einfach noch nicht reif“, resümiert Marc-André Theiss, Leiter der Elektronik-Abteilung bei Reich. Doch sie ist es heute.Technisch sowieso. Und auch die Branche hat die Dringlichkeit erkannt. „Freizeitfahrzeuge werden immer komplexer. Da müssen wir reagieren“, sagt Christian Scherer, Entwickler im Bereich Elektronik bei Bürstner, und meint: die ganze Branche.

Insellösungen einzelner Hersteller oder Zulieferer können nicht die Antwort sein. Stattdessen haben sich zirka 20 Unternehmen 2011 auf ein gemeinsames Vorgehen unter dem Dach des deutschen Branchenverbands CIVD verständigt (siehe Interview). Die Idee: Gemeinsam den Caravaning-Industrie-BUS (CI-BUS) zu entwickeln, mit dem Ziel, die Bedienung aller Systeme in Freizeitfahrzeugen vom Kühlschrank bis zur Heizung - egal ob ab Werk oder nachträglich eingebaut - in ein Kontrollbord zu integrieren und damit für die Nutzer zu vereinfachen.

BUS-Systeme sind nicht neu, so dass die Herausforderung weniger technischer Natur ist. Vielmehr geht es darum, verschiedene Interessen auf einen Nenner zu bringen. Um die Entwicklung voranzutreiben, wurden die Arbeiten an einen achtköpfigen Arbeitskreis delegiert, dem je ein Vertreter der drei großen Herstellergruppen - Hymer, Hobby/Fendt und Knaus-Tabbert - angehört. Komplettiert wird das Gremium von den Zulieferern Dometic, Truma, Toptron, Reich und Schaudt.

„Die Hauptaufgabe besteht darin, die Adressen zum Ansteuern der jeweiligen Peripheriegeräte zu definieren“, erklärt Jost Krüger, Leiter Referat Technik und Umwelt beim koordinierenden CIVD. Eine Hauptaufgabe ist das vor allem deshalb, weil in diesem Zuge von den teils im Wettbewerb stehenden Zulieferern verlangt wird, die Schnittstellen für ihre Geräte offenzulegen. Also zu verraten, wie welches Gerät angesteuert werden muss und wie es funktioniert. Jede Gerätegruppe erhält zwingend eine feste Adresse. Würden zwei unterschiedliche Gerätetypen ein und dieselbe Adresse nutzen, gäbe es einen Konflikt. Folge: Das BUS-System wäre lahmgelegt. 63 Adressen stehen beim CI-BUS für verschiedene Gerätegruppen zur Verfügung.

Daneben hat sich der Arbeitskreis in bislang vier Verhandlungsrunden auf wesentliche Eckpfeiler verständigt. Zum einen soll das zentrale Kontrollbord lediglich als „verlängerter Finger fungieren“, wie der Geschäftsführer von Toptron, Wilhelm Cramer, erklärt. Will heißen: Für alle Komponenten im Reisemobil mit besonderen Sicherheitsanforderungen - gemeint sind im Prinzip alle Geräte, die mit Gas arbeiten – wird das Original-Bedienteil zusätzlich eingebaut. Wenngleich die Montage an versteckter Stelle erfolgt, zum Beispiel im Kleiderschrank. Bei allen anderen Geräten, wie Klimaanlagen oder Akku-Ladegeräten, ist das nicht zwingend vorgeschrieben.

Zum anderen soll der CIBUS ein offenes System sein, an dem sich jeder interessierte Hersteller, jeder Zulieferer beteiligen kann. Das entsprechende Unternehmen muss jedoch Mitglied im CIVD sein. Wie der Beitritt vonstattengeht und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, all das regelt eine Kooperationsvereinbarung.

Die Möglichkeiten, die der CI-BUS eröffnet, sind riesig. Da ist sich Andreas Vogt, Entwickler für technische Einbauten bei Hobby, sicher. „In Zukunft wird es zum Beispiel möglich sein, die Aufbautechnik zusätzlich per Smartphone zu bedienen oder bei Problemen mit einem Fahrzeug einen zentralen Fehlerspeicher auszulesen." Sogar einen herstellerübergreifenden Service hält er für denkbar.

Auch Axel Schulz, Trumas Forschungs- und Entwicklungschef sieht im CI-BUS eine Entwicklung, „von der die gesamte Branche profitiert." Gleichzeitig denkt er schon einen Schritt weiter: „Ich hoffe, dass es uns gelingt, ein starkes System in Europa zu etablieren.“
Dabei helfen soll unter anderem die Marke „CI-BUS" beziehungsweise „CI-BUS-fähig“, die in Deutschland eingetragen werden soll. An ihr können Fahrzeug- oder Zubehörkäufer künftig Produkte mit der neuen Technologie erkennen. Bis der Markt jedoch umfassend mit entsprechenden Komponenten versorgt ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. Als offizieller Startschuss für die CI-BUSTechnologie wird jedenfalls der diesjährige Caravan-Salon angepeilt, auf dem es auch noch einmal einen Workshop für alle CIVD-Mitglieder geben wird.

Das heißt aber nicht, dass das System nicht schon genutzt würde oder keine Produkte verfügbar seien. Hobby ist einer der ersten Fahrzeughersteller, der Reisemobile und Caravans bereits mit CI-BUS-Technik aufgebaut hat. Auch die neue Combi-Heizung CP plus von Truma ist beispielsweise bereits BUS-fähig. Ebenso die Warmwasserheizung von Alde und ein Batterieladegerät von Dometic. „Bei zukünftigen Entwicklungen werden wir jetzt auch andere Produktgruppen entsprechend ausstatten“, verspricht Bernd Löher, Prokurist und Verkaufsleiter Caravan-Systems bei Dometic.

Besitzer von Bestandsfahrzeugen müssen indes keine Angst haben, von der Entwicklung abgehängt zu werden. Selbst wenn SAT-, Klimaanlage oder Solarmodule irgendwann einmal alle CI-BUS-fähig sein sollten, können sie weiterhin genauso herkömmlich nachgerüstet werdet. Aber wird Zubehör oder werden Freizeitfahrzeuge künftig teurer? Bernd Löher gibt Entwarnung: „Der CI-BUS soll die Bedienung komfortabler machen und ein Fahrzeug nicht verteuern." Zumal die „speziell für den Anwendungsfall Reisemobil benötigten BUS-Bauelemente mittlerweile in preislich akzeptablem Rahmen zur Verfügung stehen“, wie Schaudt-Geschäftsführer Armin Steinmetz ergänzt.

Eine Pille gibt’s dann aber wohl doch zu schlucken. Die neue Technik bremst Bastler aus. Künftig auf eigene Faust Zubehör in Fahrzeugen mit CIBUS-Technologie nachzurüsten, scheitert vermutlich spätestens bei der Integration der Steuerung in das zentrale Kontrollbord. Das wird Aufgabe von Fachleuten sein. Dafür jedoch bleibt die Möbelwand immer schön aufgeräumt.

Auf der nächsten Seite erklärt promobil.de, wie ein BUS-System funktioniert. Außerdem: Ein Interview mit dem Leiter Referat Technik und Umwelt des CIVD.