Report Spritverbrauch
Sprinten oder Sparen?

Die Spritpreise steigen. Ein Grund mehr sich zu fragen, ob man schnell oder sparsam ans Ziel kommen will. Wie groß sind die Unterschiede wirklich? promobil hat es ausprobiert.

Report, Spritverbrauch
Foto: Kohstall, Jeske, Regenscheit, Fotolia

März in Deutschland. Endlich machen erste sonnigwarme Tage Lust auf ausgedehnte Touren mit dem Wohnmobil. Gleichzeitig klettern die Dieselpreise an den Tankstellen auf über 1,40 Euro. Zwei Trends, die gar nicht gut zusammenpassen. Was tun?

Augen zu und durch, also nicht lange ärgern und möglichst schnell ans Ziel kommen. Oder besser sparsam dahinrollen, um jeden kostbaren Tropfen Diesel optimal auszunutzen? Macht die Fahrweise am Ende überhaupt einen großen Unterschied? Das gibt Stoff für lange Stammtischdiskussionen.

Um präzise Antworten zu finden, stehen zwei Bürstner Ixeo an einer Tankstelle in Stuttgart. Beide basieren auf dem gängigen Fiat Ducato und haben den weitverbreiteten 130-PS-Motor unter der Haube; beide sind mit zusätzlichem Ballast auf 3400 Kilogramm beladen. Unweit der promobil-Redaktionsräume starten die Teilintegrierten zu einer typischen Urlaubstour: einmal zur Nordseeküste und zurück.

Allerdings ohne touristisches Programm und mit genauen, aber unterschiedlichen Vorgaben. Die Rollen sind schnell verteilt: Der Ixeo it 710 G mit der Sonderlackierung namens Fire soll möglichst schnell ans Ziel kommen. Sein Verbauch ist zweitrangig. Der dezent champangerfarben lakierte Ixeo Time it 650 darf sich hingegen – dem Namen entsprechend – Zeit lassen.

Er hat den ökonomischen Part auf der Tour. Bei einem Spitzentempo von etwa 100 km/h liegt daher für den Ixeo Time die Obergrenze. Extreme Schleichfart ist allerdings ebenso tabu. Ein Wohnmobil soll kein Verkehrshindernis sein. Außerdem geht es darum, eine Strecke von gut 700 Kilometern an einem Tag zu bewältigen. Das gemeinsame Abendessen der beiden Fahrer ist im wohnmobilfreundlichen Bremerhaven vereinbart.

Außerdem hier wie dort fest eingeplant: alle zwei Stunden eine 15-Minuten-Pause. Zusätzlich gibt es zur Mittagszeit eine Verlängerung auf exakt 30 Minuten. Eventuelle Tankpausen kommen nach Bedarf obendrauf.

Auf der Autobahn kann der Fahrer des Ixeo mit den feurigen orangen Flanken den champagnerfarbenen Ixeo Time schon nach wenigen Kilometern nicht mehr im Rückspiegel ausmachen. Trotz ausgedehntem Tempolimit von 120 km/h auf der A 81 Richtung Heilbronn geht es flott voran. Was bei der promobil-Testfahrt zählt, ist schließlich nicht die Tachoanzeige, sondern die tatsächliche Geschwindigkeit. Tacho 130 entspricht laut präziser GPS-Überwachung echten 121 km/h.

Noch mehr Fahrt nimmt der Bürstner auf der praktisch unlimitierten Strecke zwischen Heilbronn und Würzburg auf. Die Tachonadel streift oft die 150er Marke. Ohne Staus und Wetterkapriolen kommt an diesem sonnigen Märztag dennoch kein Stress auf. Die ersten zwei Stunden vergehen geradezu wie im Flug. Zunächst hält sich der Vorsprung aber in Grenzen.

Abwechlung bringt die A 7. Die Berg-und Tal-Bahn vor Kassel steigert das Tempo auf Spitzenwerte von tatsächlichen 147 km/h. Das gibt Schwung für die Steigungen. Dazu erspart es beim Überholen häufiges Einscheren zwischen den allgegenwärtigen Lkw und schont letzlich die Nerven. Das gilt jedoch nicht für alle Verkehrsteilnehmer. Manch ruhiger Limousinenlenker schüttelt mit dem Kopf, wenn der Bürstner auf der linken Spur vorbeirauscht.

Erst die orangefarbene Kontrolllampe an der Tankanzeige bremst den Ixeo-Fahrer nach gut 470 Kilometern ein. Kaum ist die zweite Pause vorbei, wird vor Hildesheim ein Tankstopp fällig. Fast 80 Liter müssen nachgefüllt werden, macht stolze 113 Euro.

Weiter geht`s Richtung Norden. Viele Anzeigen temporärer Tempolimits sind an diesem Tag ausgeschaltet. Gut für den Fire-farbenen Ixeo, der seinen Markenbruder weit hinter sich gelassen hat. Auf dreispurigen, wenig befahrenen Autobahnen zehren Vollgasetappen kaum an den Nerven des Fahrers. Seine Aufmerksamkeit reicht allemal für den genießerischen Blick auf die Landschaft und die Radioprogramme, die an diesem Tag ausnahmslos von Doktorarbeiten berichten. Ein Tempolimit auf der A 27 bei Bremen bereitet den Landeanflug vor.

Trotz Tankpause und eines kleines Missverständnisses mit der Navigation im Stadtgebiet von Bremerhaven freut sich der Fahrer des schnellen Bürstner über einen komfortablen Vorsprung. Nach nicht einmal acht Stunden Gesamtfahrzeit rollt der Ixeo gegen 18 Uhr auf den Bremerhavener Sellplatz an der Doppelschleuse. Über eine Stunde später trifft der Ixeo Time ein. Der Fahrer wirkt nicht unbedingt entspannter. Schließlich saß er länger am Steuer. Ausgedehnte Etappen mit dem auf echte 100 km/h fixierten Tempomat fordern zwar keine hohen Konzentration, können aber gerade deshalb einschläfernd wirken.

Völlig konfliktfrei ist die beschauliche Fortbewegung auch nicht. Zähe Überholmanöver mit Tempo 100 ernten bei Pkw-Fahrern wenig Verständnis. Jedes Verlassen der rechten Spur will genau überlegt sein. Der große Triumph des Ixeo-Time-Fahrers folgt etwas später bei der Abrechnung: Erst in Bremerhaven muss Diesel nachgefüllt werden. Auf 100 Kilometer spart die zurückhaltende Fahrweise rund fünf Liter. Das macht auf die gefahrene Stecke eine Ersparnis von immerhin 50 Euro für die Reisekasse – Schampus für den champagnerfarbenen Ixeo Time.

Neue Route - Neues Ergebnis?

Der nächste Tag bietet die Chance, alle Ergebnisse zu überprüfen: Nach einem Fahrerwechsel geht es durchs Münsterland in Richtung Süden. Auf der A 1 verhindern dichter Verkehr und viele Tempolimits lange Vollgasetappen des orange dekorierten Ixeo. Der tranigeVerkehrsfluss macht dem Ixeo Time aber fast noch mehr zu schaffen.

Lkw-Kolonnen ziehen sich bis zum Horizont. Durch das selbst auferlegte Tempolimit von 100 wird ein Überholen fast unmöglich. Immer wieder fällt der Ixeo Time in den Lkw-Trott von knapp 90 km/h. Auf der Sauerlandlinie entspannt sich der Verkehr. Dem schnellen Ixeo gelingt bergab mit Rückenwind das Spitzentempo der Tour: effektive 159 km/h.

Hinter Frankfurt verdichtet sich der Verkehr dann wieder. Beide Bürstner werden gezügelt, die Konzentrations der Fahrer dadurch stärker gefordert. Die spätere Auswertung offenbart den starken Lkw-Verkehr jedoch als gefühltes Problem. Gegenüber der Hinfahrt kommen beide Bürstner rund eine Viertelstunde später an – kaum der Rede wert. Der Abstand von rund einer Stunde bestätigt die Ergebnisse der Hinfahrt auf der anderer Strecke.

In beiden Fällen drücken allerdings die verkehrsbedingten Verzögerungen den Verbrauch. Beim flotten Bürstner macht der Unterschied immerhin einen Liter auf 100 Kilometer aus. Der Unterschied bleibt: Wieder spart die ruhige Fahrweise rund 50 Euro. Andersherum ausgedrückt: Der – zweifellos vorhandene – Zeitvorteil durch eine zügige Fahrt wird bei den aktuellen Dieselpreisen sehr teuer erkauft. Wenn`s ums Geld geht, spricht also alles für eine selbst gewählte Geschwindigkeitsbegrenzung.

Tipps zum Spritsparen

Doch das Tempo ist nur ein Faktor, um bei einem typischen 3,5 -Tonner Verbauchswerte um zehn Liter zu erreichen. Mit ähnlicher Konsequenz vermied der Fahrer des Ixeo Time hohe Drehzahlen. Der elastische 2,3-Liter-Motor des Fiat Ducato erlaubt es, beim Beschleunigen schon nach etwa 2500/min hochzuschalten. Außerdem hilfreich: eine geichmäßige und vorausschauende Fahrweise.

Der Geschwindigkeitsregler kann das Tempo perfekt halten, naturgemäß aber nicht vorausschauen. Vor dem Einreihen in die Lkw-Kolonne geht man besser frühzeitig vom Gas; vor der Steigung hilft ein wenig mehr Schwung, um das Tempo im hohen Gang zu halten. Einfluss auf den Verbrauch hat darüber hinaus die Klimaanlage, deren Betrieb auf der Testtour nicht nötig war. Andererseits waren an beiden Modellen noch Winterreifen montiert, die den Rollwiderstand erhöhen. Das Eigengewicht blieb für den Test mit 3400 Kilogramm am unteren Ende der üblichen Skala dieser Klasse, auch das spart Sprit.

Verfehlt wäre es aber, allein aus Gewichtsgründen auf Fahrräder an Bord zu verzichten, denn sie vermeiden verbrauchsintensive Kurzstrecken. Nicht zuletzt spiegelt sich auch die Aufbauform in der Tankrechnung wider. Wer sich wie bei der Testfahrt für einen Teilingetrierten mit Hubbett statt für ein Alkovenmobil entscheidet, erzielt Verbauchsvorteile von ein bis zwei Liter auf 100 Kilometer. Das zeigen frühere promobil-Tests.

Kein Umweg für Günstig-Tankstellen

In der Kasse macht sich am Ende der Verbauch stärker bemerkbar als eine etwas günsigere Tankstelle. Wer nach 500 Kilometern 60 Liter Diesel tankt, spart bei einem Preisvorteil von 3 Cent 1,80 Euro. Hat man auf dieser Strecke einen halben Liter pro 100 Kilometer weniger verbraucht, beträgt die Ersparnis rund 3,50 Euro. Vorsicht auch bei Milchmädchenrechnungen, wenn die Billigtanke nicht direkt am Weg liegt. Allein die Spritkosten betragen bei einem 3,5-Tonner um 15 Cent pro Kilometer. Bietet also eine Tankstelle den Liter Diesel um 3 Cent günstiger an, lohnt sich dafür kein Umweg von 10 Kilometern. Aktionismus bringt also wenig, Entspannung hilft – ebenso beim Sparen wie bei der angestrebten Erholung auf der Tour.

Höhenflug beim Dieselpreis

Während die Nation über E10 diskutiert, hat sich der Dieselpreis fast unbemerkt in neue Redordhöhen emporgeschraubt. Unverändert erhebt der Staat auf einen Liter Diesel etwa 22 Cent weniger Steuer als auf Superbenzin. Der Unterschied an der Zapfsäue beträgt aber oft nicht einmal 10 Cent.

Karin Retzlaff, Pressesprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands, macht dafür die weltweit hohe Dieselnachfrage verantwortlich: "Ursache sind verstärkte Wirtschaftsaktivitäten, aber auch die hohe Nachfrage nach Heizöl. Diesel und Heizöl wird in den gleichen Raffinerien hergestellt. Die Situation ist nicht völlig neu. Bereits im Herbst 2008 gab es einen geringen Preisabstand."

Routenplanung und Auswertung

Für die Testfahrt nutzte promobil das neue PC-Programm Qv5 des Spezialanbieters Touratech (Telefon 0 77 28/9 27 90, www.touratech.de ). Die für 169 Euro erhältliche Software erlaubt nicht nur eine detailierte Auswertung gefahrener Strecken, sie erleichtert auch die Reiseplanung. Durch ihre große Kartenvielfalt hilft sie beim Wandern und Radfahren ebenso wie bei Touren in entlegenen Gebieten. Die Strecken können zu Hause vorbereitet und in gängige Navigationsgeräte übertragen werden. Selbst der Sternenhimmel lässt sich mit QV5 sichtbar machen.

Vorbildlich sparsam: Bürstner Aero Van

Als erster Teilintegrierter wurde der Bürstner Aero Van im Windkanal entwickelt. Das Ergebnis: ein sensationeller Luftwiderstandsbeiwert von cw = 0,25. Mit einem der ersten Exemplare ging promobil auf Deutschland-Tour (siehe Ausgabe 2/2010). Bei einer Reisegeschwindigkeit um 100 km/h ergab sich ein Durchschnittsverbauch von nur 8,8 Liter auf 100 Kilometer. Der Testwagen war bis auf 3500 Kilogramm beladen und verfügte über den modernen 163-PS-Vierzylinder von Mercedes mit Rußpartikelfilter.