Marmor, Stein und Eisen bricht - die Liebe zum eigenen Wohnmobil aber nicht. Was Sie tun können, damit Ihr altes Schätzchen durch die nächste Hauptuntersuchung kommt.
Marmor, Stein und Eisen bricht - die Liebe zum eigenen Wohnmobil aber nicht. Was Sie tun können, damit Ihr altes Schätzchen durch die nächste Hauptuntersuchung kommt.
Man ist immer nur so alt, wie man sich fühlt - diese alte Volksweisheit lässt so manchen Menschen das Älterwerden leichter fallen. Ganz ähnlich lässt sich dieses Sprichwort auf die alten Schätzchen im Wohnmobilbestand übertragen. Denn: Ein zehn Jahre altes Fahrzeug ist nicht reif für den Schrottplatz, sondern im besten Alter. Ein Alter, in dem der eigene Pkw langsam, aber sicher zu schwächeln beginnt und schon die ein oder andere Reparatur hinter sich hat.
Laut einer jüngst veröffentlichten Studie der Prüforganisation GTÜ gerät dieser Vorsprung allerdings ins Wanken. Dass es auf die richtige und regelmäßige Pflege ankommt, wenn das rollende Heim auch als Senior fit bleiben soll, scheinen manche Fahrzeughalter nicht allzu genau zu nehmen.
Von den im vergangenen Jahr geprüften 25.000 Reisemobilen sind 54,5 Prozent, also mehr als die Hälfte, nicht frei von Mängeln. Bei einem Durchschnittsalter von 14 Jahren ist die lange Mängelliste offenbar eine vom Fahrzeughalter geduldete Alterserscheinung. So kommen bei einem Fahrzeugalter von neun Jahren auf 100 Reisemobile ganze 223 Mängel. Während die Mängelkurve vom ersten bis zum siebten Jahr recht gleichmäßig in die Höhe steigt, macht sie von da an einen steilen Knick nach oben - drei von vier Reisemobile der Generation 7+ fährt nicht mängelfrei. Aber wer bei TÜV, Dekra oder GTÜ entscheidet, wann ein Mangel bloß gering oder doch sicherheitsrelevant ist? Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, kurz StVZO, definiert vier Mängelklassen und gibt allen Prüfern dieselben Kriterien zum Maßstab für eine neue Plakette.
Bei den ersten beiden Kategorien - ohne oder nur geringe Mängel - ist eine Nachuntersuchung nicht erforderlich, weil es keine oder solche Mängel sind, die keine Verkehrsgefährdung mit sich bringen. Anders sieht es bei den erheblichen Mängeln aus. Hier ist die Reparatur des Schadens die Voraussetzung für eine neue Plakette am Kennzeichen.
Im schlimmsten Fall, bei sicherheitsrelevanten Mängeln, zieht der Prüfer das Fahrzeug unmittelbar aus dem Verkehr. Statt nach der Reparatur zur Nachuntersuchung zu kommen, darf bis zur Instandsetzung nicht mehr am Straßenverkehr teilgenommen werden.
Wegweiser für diese Abstufung ist der Beispielkatalog, an dem jeder Prüfer die Schwere des Defekts einstufen kann. Allein bei den Bremsen gibt es rund 80 verschiedene Punkte, die der Prüfer beanstanden kann. Laut Statistik am häufigsten beanstandet wurden allerdings nicht die Bremsen am Reisemobil: Über alle Altersklassen hinweg ist mit rund 28 Prozent die Kategorie „Beleuchtung und Elektrik" klarer Anführer der Mängel-Hitliste.
„Dabei ist von der defekten Hupe ebenso die Rede wie von den Positionsleuchten am Aufbau“, erklärt Andreas Eiseler, der als Ingenieur bei der GTÜ für die technische Beratung der Prüfer zuständig ist. Dicht dahinter wird die Umweltbelastung der rollenden Heime beanstandet. „Schlechte Abgaswerte, Verlust von Motoröl oder die Lärmbelastung sind hiermit gemeint“, so Eiseler.
Auch Fahrgestell, Aufbau und Rahmen kommen mit 14,5 Prozent nicht allzu gut weg: „Ein verrosteter Kotflügel, verschlissene Befestigungen zwischen Rahmen und Aufbau oder auch nur der marode Fahrradträger am Heck - in der Kategorie kommt viel in Frage." Auf welche Teile am Reisemobil und in welchem Verhältnis sich die insgesamt sechs verschiedenen Mängelgruppen aufteilen, zeigt der GTÜ-Mängelreport 2011.
Was raten Experten, damit die Prüfer zufrieden sind und kostspielige Nachbesserungen erst gar nicht notwendig werden? Helmut Pfänder, Ducato-Experte beim Fiat Service-Partner in Leutkirch, macht Besitzer von älteren Modellen vor allem bei strapaziösen Urlaubsstrecken und voller Beladung auf die Sicherheit am Steuer aufmerksam: „Bereits oxidierte Bremsleitungen können zum Horrorszenario auf der Fahrt in den Urlaub werden. Sobald die Bremsflüssigkeit ausläuft, übt der Tritt auf das Bremspedal keinen Druck mehr aus, die Bremse greift also nicht mehr.“
Wie viele andere Kfz-Experten empfiehlt auch er zusätzlich zur zweijährigen Hauptuntersuchung eine Inspektion im Abstand von 15.000 Kilometern sowie nach langen Standzeiten. Thomas Lützel vom Fahrwerksspezialisten Alko macht zudem auf die Tatsache aufmerksam, dass das Reisemobil ein Konstrukt aus zahlreichen Komponenten verschiedener Hersteller ist, die mitunter unterschiedliche Wartungsvorschriften haben können. „Wer ein Mobil mit Alko-Hoch- oder Tiefrahmen fährt, kann im beigelegten Bordhandbuch nachlesen, wie oft die Hinterachse abgeschmiert werden muss. Speziell eingebaute Stoßdämpfer und Luftfederungen sollten innerhalb der vorgegebenen Zeitintervalle einer Prüfung unterzogen werden - auch hinsichtlich der Achslast oder nachträglich vorgenommenen Auflastungen." Der Goldschmitt-Techniker Christian Ertl weist darüber hinaus auch auf die Verantwortung der Besitzer und dem oft veralteten Stand der Technik hin: „Nicht jedem Fahrer ist der Werterhalt wichtig. Je älter die Fahrzeuge, desto jünger sind häufig die Besitzer. Da werden viele Mängel frei nach dem Motto ‚Bis dass der TÜV uns scheidet‘ hingenommen“, erklärt er. Bei älteren Herrschaften, so Ertl, werde wiederum viel selbst gepflegt und repariert. „Solche Fahrzeuge sehen selbst im hohen Alter von außen und innen aus wie neu, aber vor Undichtigkeiten oder Rost in Folge von Oxidation sind auch gut gepflegte Kandidaten nicht ohne Weiteres geschützt. Was zählt, ist die jährliche Kontrolle“, so Ertl. Zur richtigen Kontrolle und Pflege speziell zum Thema Dichtigkeit gibt Martin Michalczyk im Kasten rechts Antworten im Experten-Interview.
Die technische Instandsetzung bleibt vor allem dann ohne Alternativen, wenn die lange Checkliste der Prüforganisationen wie des TÜVs überstanden werden soll. Nicht nur die Technik rund um Bremsen, Lenkung, Elektrik und Motor müssen den Ansprüchen des Prüfers genügen. Auch all das, was das Reisemobil vom normalen Pkw unterscheidet, wird unter die Lupe genommen.
Im Visier der Prüfer steht dabei besonders die Gasanlage und der Zustand der Gurtplätze im Wohnraum. Was viele bis zum Rüffel bei der Hauptuntersuchung nicht wissen: Verbaute Teile, wie zum Beispiel nachgerüstete Acrylfenster, brauchen ein Prüfsiegel, sonst müssen sie ausgetauscht werden.
Welche Prüfpunkte das Reisemobil außerdem zu überstehen hat, lässt sich gut am Beispiel einer Checkliste des TÜV Rheinland im Internet unter www.tuv.com nachlesen. Immerhin: sicherheitstechnisch durchgefallen und zur Nachuntersuchung zitiert wurden von den bereits erwähnten 25.000 Fahrzeugen nur 4600.
Eigentlich auch kein Wunder: Denn wo heute moderne Fahrzeugtechnik, feuerverzinkte Alu-Rahmen und robuste Kunststoff-Aufbauten verwendet werden, beschränkte sich der Reisemobilbau in den neunziger Jahren auf einfache Baustoffe und Holz. Doch für den Besitzer eines Senior-Mobils sind oft zu viele Urlaubserinnerungen und Bastelanekdoten damit verbunden, als dass es einfach mit dem nächst besten Neufahrzeug ersetzt werden könnte. Alte Liebe rostet eben nur äußerlich.
Ein häufiges Problem von Ducatos der Baujahre 1990 bis 1999 ist die hydraulische Leuchtweitenregulierung der Scheinwerfer. Wenn das mit einem speziellen Öl gefüllte Schlauchsystem leckt, lassen sich die Scheinwerfer nicht mehr an den Beladungszustand anpassen. Ein Spezialist aus Essen entwickelte eigens für die Ducato-Modelle 280 und 290, aber auch für weitere Basisfahrzeuge ein Umrüstungskit. Damit wird von hydraulischer auf elektrische Technik umgesattelt, zwei Stellmotoren bringen das Licht künftig auf die richtige Höhe. Ein Set auf Basis gebrauchter Teile kostet 109 Euro. Kontakt: www.lwr-shop.de oder unter 0160/1008989.
Mängel in Zahlen: Rund 25.000 Reisemobile traten im Jahr 2011 bei der Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ) zur Hauptuntersuchung an. 18 Prozent davon wiesen gravierende, 36 Prozent geringe Mängel in diesen Gruppen auf:
Beleuchtung, Elektrik: 28,4 %
Umweltbelastung: 19,5 %
Bremsanlage: 15,9 %
Fahrgestell, Rahmen, Aufbau: 14,5 %
Sonstige, Fahrerhaus: 11,4 %
Achsen, Räder, Reifen: 10,3 %
bei Martin Michalczyk, Geschäftsführer bei Caravan Metropol in Niedergurig und Experte für Dichtigkeit.
promobil: Warum kommen viele erst in die Werkstatt, wenn es bereits zu spät ist?
Michalczyk: Häufig ist das der Fall, wenn der Kunde sein Mobil selbst prüft und dabei keine Mängel feststellt. Und selbst noch nach Ablauf der Dichtigkeits-garantie wiegen sich doch einige in Sicherheit. Die ersten Jahre wurde nichts festgestellt, warum soll dann jetzt plötzlich ein Schaden eingetreten sein. Das kann natürlich fatale Folgen haben.
promobil: Welche Mängel treten bei Fahrzeugen in Ihrer Werkstatt vergleichsweise häufiger auf?
Michalczyk: Wir reparieren vom kaputten Wasserhahn über die Sat-Anlage bis zum kapitalen Nässeschaden im Grunde alles. Da wir uns aber unter anderem auf Nässeschäden spezialisiert haben, ist dieser Anteil an Kunden überproportional hoch.
promobil: Welche Mängel sind schwerwiegend, bleiben aber zu lang unbemerkt und ungesehen?
Michalczyk: Ganz klar, Nässeschaden in allen Varianten. Wir haben daher eine Systembehandlung mit Anschlussgarantie entwickelt. Wir wollen ja nicht
nur reparieren, sondern das Fahrzeug so behandeln, dass eine Nachhaltigkeit über Jahre gegeben ist.
promobil: Welche Erfahrungen mit „alten Schätzchen" und deren Besitzern haben Sie gemacht?
Michalczyk: Üblicherweise gehen die Kunden sehr sorgfältig, teilweise schon liebevoll mit ihren Fahrzeugen um. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum Mängel übersehen werden. Und dann kommt doch die böse Überraschung. Das ist gar nicht so selten. Die Kunden sind doch häufig überrascht, wie aufwendig so eine Dichtigkeitsprüfung ist. Wir haben ja das Prinzip der „Gläsernen Werkstatt“. Der Kunde kann also jederzeit an sein Fahrzeug und ist bei den Messungen mit dabei, bei der Schadensfreilegung, bei der Reparatur. Das kommt gut an.