Mit den östlichen Bundesländern ist es so eine Sache: Die attraktiven Reiseregionen zwischen Ostsee und Erzgebirge, Harz und Oder gehören zum Besten, was Deutschland im Tourismus zu bieten hat. Doch auch gut 14 Jahre nach der Wende zeigt sich das Stellplatznetz löchrig, kommt im Vergleich zu reisemobilfreundlichen Regionen im Westen nicht über erste Ansätze hinaus.
Das Land Brandenburg will nun flächendeckend für Besserung sorgen – und zwar durch eine gemeinsame Aktion von Landestourismusverband, Wirtschaftsministerium in Potsdam und – man höre und staune – vom Landesverband der Campingplatzbetreiber (promobil berichtete in Ausgabe 3/2003).
Ein bemerkenswertes Stellplatzprojekt
Nicht nur deswegen ist die Aktion bemerkenswert: Es ist das erste Stellplatzprojekt auf Landesebene im deutschen Osten überhaupt. Auch sein Ausgangspunkt lässt aufhorchen. In einer Presseerklärung des Landestourismusverbandes auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin heißt es: „Verfolgte man die entsprechenden Listen der Reisemobil-Stellplätze, so hatte man bisher den Eindruck, dass Reisemobilisten um Brandenburg einen Bogen machen oder ganz auf die vorhandenen Campingplätze angewiesen waren.“
Genau hier wollen die Brandenburger ansetzen: „Campingplätze“, so heißt es weiter, „werden von den Wohnmobilisten nur ungern frequentiert, sie schränken die Freiheit ein, die man sich mit dem Kauf eines Wohnmobils zu einem stattlichen Preis erworben hat.“ Eine erste Bestandsaufnahme im Land Brandenburg zeitigt zunächst einmal wenig Erfreuliches: Von einem wirklich guten Stellplatznetz kann im Nordosten nicht einmal ansatzweise die Rede sein, vielmehr finden sich in den interessantesten Urlaubsregionen vor allem Einzelkämpfer, die oft ihr Bestes geben, Reisemobilisten gut zu beherbergen. Hans-Erhard Höse vom Country Camping in Tiefensee mit dem Reisemobilhafen vor seinem Campingplatz ist ein gutes Beispiel. Auch in anderen Landesteilen tut sich ein ähnliches Bild auf.
Engagiert geführte Plätze in Ostdeutschland
Im Spreewald zum Beispiel finden sich einige kleinere, engagiert geführte Plätze auf Privatgrundstücken, die ebenso einen ordentlichen bis guten Standard bieten wie ihre Pendants im Oderbruch.Eins haben alle diese Stellplätze gemeinsam. So gut ihr Standard auch sein mag, sie allein können schon von der Kapazität her die angestrebte größere Zahl mobiler Gäste nicht aufnehmen. Neue Reisemobil-Stellplätze, das ist die logische Folge, müssen also her.
Die Forderung richtet sich nicht nur an private Investoren, auch die Kommunen sind gefragt. Bisher nämlich, das zeigt ein weiterer Blick auf die Landkarte, halten sich Städte und Dörfer in Brandenburg noch deutlich zurück, wenn es um Reisemobil-Stellplätze geht. Positive Ausnahmen wie die Stadt Luckau unweit des Spreewalds oder Templin in der Uckermark bestätigen die Regel. Kein Wunder also, wenn sich mobile Leute nach anderen Reisezielen umsehen: Thüringen oder Sachsen bieten ihnen deutlich mehr.
Einige positive Ausnahmen seien nicht verschwiegen. Ausgesprochen gut ist der bereits genannte Reisemobilhafen vor dem Country Camping Tiefensee. Auch das Gelände in Templin nördlich von Berlin kann im Vergleich mit anderen, etablierten Stellplätzen mithalten. Richtig in Schwung gekommen sind beide Areale trotz aller Bemühungen noch nicht.
Eine Studie sorgt für neue Anstöße
Prof. Gerd Peters von der FH Eberswalde, selbst Reisemobilfahrer und überdies Co-Autor der „Grundlagenstudie zum Reisemobil-Tourismus in Deutschland“, legt den Finger auf die Wunde: „Die beiden Stellplätze sind gut, können aber ohne Vernetzung keine Wende zum Besseren bewirken.“ Eine Schwalbe macht halt noch keinen Sommer.
Zwei Projekte sollen neuen Schwung nach Brandenburg bringen. So wird in diesem Frühjahr der Stellplatz an der „Blumberger Mühle“ eröffnet, einem Naturerlebniszentrum des Naturschutzbundes vor den Toren von Angermünde. Auf dem hinteren Teil der Besucherparkflächen entsteht ein Stellplatz für etwa fünf Mobile, der trotz seiner geringen Kapazität im Endausbau über eine gute Ausstattung verfügen soll: Stromanschlüsse sowie Ent- und Versorgungseinrichtungen werden auf dem Gelände installiert. So attraktiv die Nähe des Stellplatzes zur Blumberger Mühle, ihren Ausstellungen und der Natur auch sein mag, ob der Stellplatz seine Rolle als Pilotprojekt für das Land ausfüllen kann, muss sich erst noch zeigen.
Die geringe Kapazität und die Lage fernab der Stadt lassen Zweifel aufkommen. Vielversprechender ist da eine Initiative der Familie Muschert. Sie hat an ihrer „Springbach-Mühle“ im Städtchen Belzig im Fläming südwestlich von Potsdam einen Stellplatz eingerichtet, der weit über das hinausgeht, was reisemobilfreundliche Hotel-Restaurants bieten. Oberhalb der liebevoll restaurierten Mühle erstreckt sich ein nicht ganz ebenes, aber dafür wunderbar ruhig im Grünen gelegenes Wiesengelände, das mindestens 30 Reisemobile aufnehmen kann und auch über eine gute Ausstattung verfügt. Strom- und Frischwasseranschlüsse sind auf dem Platz vorhanden, ein Bodeneinlass zum Entsorgen, so verspricht Gabriel Muschert, der jugendliche Chef des Hauses, soll in dieser Saison entstehen. Dieser Stellplatz hat tatsächlich das Zeug zum Modellprojekt: Kapazität und Ausstattung sind in Ordnung, die Lage ist nicht nur ruhig, sondern ideal für Wanderungen durch den Fläming und einen Besuch der neuen Therme von Belzig.
Wassersport und Wohnmobil-Tourismus
Eine mögliche Lösung zumindest für die seenreiche Gegend nördlich von Berlin repräsentiert der Stellplatz an der Marina Fürstenberg. Was bereits in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern funktioniert hat, dürfte sich auch in Brandenburg schnell und unbürokratisch umsetzen lassen: die Kombination von Stellplätzen mit Sportboothäfen. Die Vorzüge dieses Ansatzes liegen eindeutig auf der Hand: relativ geringe Kosten, da die notwendige Infrastruktur in einer Marina schon vorhanden ist und es oft reichlich Platz gibt – die meisten Häfen besitzen große Parkflächen, auf denen Boote oder Trailer stehen und die sich leicht in einen Stellplatz verwandeln lassen.
So fortschrittlich die Zusammenarbeit von Touristikern und Campingwirtschaft auch wirkt, auf lokaler Ebene knirscht es gewaltig, wie Dieter Käppler, Betreiber des Stellplatzes im Spreewaldort Lübbenau, zu berichten weiß. Ein Campingplatzbetreiber macht dem Brandenburger und seinen Kollegen im Spreewald das Leben schwer. Käppler kann von Glück sagen, dass sein Stellplatz noch aus der Wendezeit über einen Bestandsschutz verfügt.
Es bleibt also viel zu tun im Lande Brandenburg. Die drei beteiligten Verbände beabsichtigen, die Lücken auf der Brandenburg-Karte nach und nach mit Kommunen zu füllen, die „das Potenzial haben, einen kostenpflichtigen Stellplatz einzurichten“. Ziel ist es, ein möglichst attraktives und flächendeckendes Netz von Stellplätzen mit den Kommunen und der Campingwirtschaft zu errichten.