15 Monate Auszeit im Reisemobil
Mobiles Paar reist durch Europa

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Für 15 Monate lebt ein junges Paar aus Berlin in ihrem Wohnmobil und reist durch das westliche Europa. Seit einem halben Jahr sind Melanie und Philipp (beide 30) schon mit Wohnmobil Molly unterwegs.

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Foto: Melanie, Philipp

Molly ist 5,88 Meter lang und wiegt rund 3.500 Kilogramm. Molly ist nicht ihr Kind, auch kein Haustier. Es ist ihr Wohnmobil, mit dem die beiden 30-jährigen für 15 Monate halb Europa bereisen.

2012 fuhren Melanie S. und Philipp T. mit Freunden in einem Mietwohnmobil nach Italien und waren begeistert von dem Erlebnis. Fans von Kurzurlauben sind sie nicht. Stattdessen wollen sie die Welt bereisen. Zumindest einen Teil der Welt, denn Melanie und Philipp leiden unter Flugangst. 2015 kündigten sie ihre Jobs, und verkauften ihre Wohnung und die Autos.

Das richtige Wohnmobil zu finden war nicht einfach

Der Abschied von der Familie war für beide schwer. „Sie wohnen bei uns in der Nähe im Dorf und wir treffen uns öfters zum Kaffee trinken“, sagt Philipp. Mit der Auszeit wollen er und Melanie etwas Neues ausprobieren, Erfahrung sammeln und sich neu orientieren.

Philipp ist studierter Betriebswirt und Melanie studierte Wirtschaftsrecht. Neben der Arbeit haben sie ihr Abitur in der Abendschule nachgeholt, und haben sich dort kennen gelernt. Seit März 2008 ist das Paar zusammen. Sie wollen bald heiraten. Jedoch will Melanie eine große Hochzeit in Deutschland und Philipp eine kleine in Las Vegas. Kinder sind auch geplant. Aber das Paar lässt sich nicht hetzen. Sie wollen nicht wie das typische deutsche Modell sein, das mit 30 Jahren ein Haus baut und Kinder hat. Zuvor wollen sie das Leben genießen und länger jung bleiben.

Deshalb sind Melanie und Philipp aus dem Alltag ausgebrochen und für 15 Monate abgehauen. Schwierig war es, das richtige Wohnmobil zu finden. Für ein halbes Jahr besuchten sie Händler, blätterten durch Zeitschriften, und suchten die neuesten Angebote im Internet heraus. „Immer wenn ich Mellie fragte: Hey guck mal, wie findest du den? war sie dagegen.“ Keiner von ihnen hatte große Ahnung von Wohnmobilen. „Wir wussten nicht einmal, wie man die Toilette leert“, erzählt Philipp mit einem Schmunzeln. Er selbst hat schon immer davon geträumt ein Wohnmobil zu besitzen. Melanie schüttelt dabei nur den Kopf. Vor dem Italienurlaub hat sie ein Wohnmobil nicht einmal in Betracht gezogen. 2012 kaufte sich das Paar bereits ein Wohnmobil, verkaufte es 2015 aber wieder. „Das zu kaufen war ein wenig übereilt von dem Herrn.“ Demonstrativ schaut Melanie Philipp an und lacht.

Unterwegs im Dethleffs-Wohnmobil

Am 28. Juni 2015 brach das Paar mit ihrem Dethleffs Globe R 583 auf. Sie nannten es Molly, da das Nummernschild mit MOL-LY beginnt. Ihr erstes Übernachtungsziel war Bonn, mit einer bösen Überraschung: Hagelgewitter. „Vorher wären wir gar nicht auf die Idee gekommen, dass es hageln könnte“, sagt Melanie. „Als wir in Schottland und England waren, hat es fest geregnet und ich dachte immer Oh Gott, nicht schon wieder. Obwohl es wettertechnisch gar nicht möglich gewesen wäre. Aber dieser Hagel hat uns schockiert.“

Der Schaden an Molly hielt sich zum Glück in Grenzen. „Das ganze Dach sieht aus wie ein Schweizer Käse, nur anstatt der Löcher gibt es Kuhlen.“ Weiter ging die Fahrt über die Niederlande, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Frankreich, Spanien, Portugal, und jetzt sind sie wieder Spanien. Den Winter verbringen sie in warme Gebiete, denn Molly ist nicht winterfest. Und während der Rest Deutschlands in der Kälte hockt, sitzt das Paar in T-Shirts in der Sonne.

Das Wichtigste ist das Ausschlafen

„Das Wichtigste ist, dass wir jeden Tag ausschlafen können!“, meint Philipp und lacht. Er und Melanie brechen jeden Tag erst mittags zu ihrem nächsten Stellplatz auf, und verwenden viel Zeit um sich die Gegend anzusehen. Sie genießen es. „Was ich früher nie hatte war ein ausgewogenes Frühstück“, erzählt Philipp. Wenn ihnen ein Stellplatz oder Ort nicht gefällt, setzen sie sich wieder in Molly und fahren einfach weiter.

Heimweh haben sie nicht. „Durch die neuen Medien sind wir nie von unseren Familien und Freunden entfernt“, findet Philipp. Das einzige was ihnen schwerfiel, war Weihnachten ohne die Familie zu verbringen. Ihre Wohnung dagegen vermissen Melanie und Philipp nicht, nur einen Teil davon. „Wir hätten gerne wieder so ein richtig schönes zwei Meter Bett, wo man richtig Platz hat und sich nicht gegenseitig in die Ohren schnarcht“, lacht Melanie. Platzangst bekommen sie nicht. „Wenn es zu eng wird gehen wir raus.“

Mobiles Heim statt Hausbau

Mittlerweile liebäugeln sie damit sich ein mobiles Heim zu kaufen anstatt ein Haus zu bauen. Sie wollen auf jeden Fall noch einmal mit Molly verreisen. „Sobald wir wieder Geld haben. Wir haben nicht nur einmal in der portugiesischen Lotterie mitgespielt, aber leider war uns das Glück nicht hold“, erzählt Melanie und lacht. Was den Wiedereinstieg in den Alltag betrifft sind sie optimistisch, trotz Wohnungsmangels in Berlin. Ihre Entscheidung auszusteigen, bereuen Melanie und Philipp nicht. „Es war ein Riesenschritt. Aber wir sind froh, dass wir ihn gemacht haben.“

Aussteiger-Tipps

Melanies und Philipps Lieblingsstellplatz

Blog „Molly Unterwegs“

In ihrem Reiseblog berichten Melanie und Philipp von ihren Erlebnissen, beantworten Fragen und geben Tipps: https://mollyunterwegs.wordpress.com/