Aussteiger im Wohnmobil
Digitale Nomaden im Airstream-Camper

Ein Leben im Wohnmobil und dabei den eigenen Job im Gepäck: Julia und Max Theiss haben sich vor einem Jahr dafür entschieden. Ein Airstream Motorhome ist zu Ihrem Zuhause geworden.

Wohnmobil
Foto: Julia Theiss

Ihr Kinderbett hatte Rollen. Eigentlich war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass sie ihr Leben im Wohnmobil verbringen wird. Denn schon als Kind war sie sehr abenteuerlustig und wollte die Welt erkunden. Julia Theiss lebt das ganze Jahr über mit ihrem Mann Max auf vier Rädern. Kein fester Wohnsitz, dafür ein großes Wohnmobil als zu Hause.

Ein kleiner Volkswagen LT28 war ihr erstes kleines Glück. „Wir haben uns die Welt angeschaut, wann immer wir konnten“, erzählt Julia Theiss von den Anfängen als Reisemobilistin. Das war vor rund zehn Jahren. Sowohl Max und Julia hatten damals noch einen festen Wohnsitz und arbeiteten als Landwirt und Krankenschwester. Doch ihr Traum von einem Leben in Freiheit und Abenteuer war da schon längst geboren.

Mit dem Hobby 600 auf Reisen

Mit dem Hobby 600 folgte der nächste Schritt und viele schöne Erinnerungen. Auf dem Dach brachten die beiden eine Solaranlage an, um selbst für Strom zu sorgen und sich den leidigen Kampf um die letzte Steckdose in der Kabeltrommel zu ersparen. Ihre Reisen führten die beiden unter anderem nach Spanien und Portugal. Zu Spanien hat Julia eine besondere Verbindung, da sie dort ihre Jugend verbrachte. „Ich wollte unbedingt zurück“, erzählt sie. Die Algarve gefiel beiden am besten, besonders der Strand Boca do Rio. Dort sind sie auf viele Auswanderer getroffen, die sich wie die beiden Theiss einen Lebenstraum erfüllt haben. Bei all den schönen Erinnerungen an den Hobby 600 fiel ein Makel auf, der auf Dauer nicht mehr tragbar war: „Max konnte nicht im Wohnmobil stehen“.

Ein alter Übertragungswagen wird zum neuen Zuhause

Dafür brauchte es ein größeres Wohnmobil. Es sollte der Schritt zu einem Leben ohne einen festen Wohnsitz sein. Mit einem ehemaligen Übertragungswagen eines Fernsehsenders wurden die beiden fündig. Ihr Airstream Motorhome bekam den Spitznamen Balu und eine Innenausstattung – die fehlte beinahe komplett. So mussten die zwei „Rumtreiber“, wie sie sich selbst nennen, nach und nach das Wichtigste kaufen oder austauschen. Und auf der anderen Seite trennten sie sich von immer mehr Besitztümern. „Der ganze Luxus, den man nicht mit sich rumträgt, macht einem auch keine Sorgen“, meint Julia.

Sorgen machten zu Anfang eher die Löcher in der Decke, die der Fernsehsender für Antennen benutzte. Doch die waren schnell gestopft. In ihrem Wohnmobil nehmen die zwei immer wieder kleine Veränderungen vor, die das Leben auf vier Rädern leichter machen. So musste zuletzt ein Kamin einer Dieselheizung weichen, die zwar nicht so gemütlich aussieht, aber mehr Wärme verbreitet.


Leben im Wohnmobil als digitale Nomaden

Max und Julia mussten ihre alten Jobs für ihren Lebenstraum aufgegeben. Daher brauchten sie eine Arbeit, die sie während ihrer Reisen in Europa im Wohnmobil ausüben können. Sie nennen sich selbst „digitale Nomaden“ und unterstützen Unternehmen, ihre Produkte an ihre Kunden zu verkaufen. „Das Ganze nennt sich Affiliate-Marketing“, wie Max erzählt. Julia betreibt ihre eigene Webseite rumtreiberin.de, auf der sie ihre Erlebnisse teilt und Tipps für Menschen parat hat, die sich auch für einen dauerhaftes Leben im Wohnmobil entscheiden wollen.

Als eine Grundvoraussetzung sieht sie dabei den richtigen Partner. „Wer auf 23 m² miteinander lebt, der muss den anderen Menschen gut kennen und verstehen“, sagt Julia Theiss. Und sie ergänzt: „Das Leben auf engem Raum muss einem natürlich zusagen. Max und mich hat es auf jeden Fall noch enger zusammengeschweißt.“ Da ist es dann ganz egal, ob die beiden in Spanien die Sonne genießen oder in Hohenkirchen an der Nordsee bei Wind und Wetter den Müll rausbringen. Stürme und spektakuläre Wetterereignisse sieht Julia als „Glücksgefühle, die man nicht beschreiben kann“. Auch wenn der Campingplatz unter Wasser steht, der Wind an die Wände von Motorhome Balu peitscht oder wenn kurz vor Weihnachten ein Reifen platzt: das alles nehmen die beiden gelassen. Die Momente, die einen ärgern, so Julia, gehen nicht von der Natur aus, sondern von der Technik.

Julia und Max leben nun seit einem Jahr ohne „Steinhaus“, wie sie selbst sagen. Damit stehen die beiden erst am Anfang und haben dennoch viel erlebt. Zurück möchten beide nicht mehr. Viele Freunde schauen die beiden manchmal etwas schräg an, sagt Julia, aber diese Freunde verpassen ein Leben in Liebe, Freiheit und Abenteuer.

Reise-Tipps von Julia und Max

Campingpark Knaus auf der Insel Rügen: „Sehr nette Menschen, die den Campingpark Knaus betreiben. Ein sehr schöner Campingplatz mit Transitplatz, für Wohnmobile, die nur kurz bleiben möchten. Ein sehr romantischer Steinstrand mit kleinen Buchten um sein Zelt auf zu schlagen. Lange Strände bis fast zum Kap Arkona.“

Parkplatz Nordstrand auf der Insel Rügen: „Ein Parkplatz genau an der Steilküste von Rügen. Der Sandstrand ist rein weisser Sand, das Wasser kristall-klar! Der Parkplatz ist sehr gut besucht und ist kostenplichtig. Eine lange Treppe führt hinunter zum Strand. Oben an der Steilküste sind viele Wanderwege, die die Schönheit der Natur hier unglaublich zur Geltung bringen. Zeitweise ist es recht windig und die See sehr kappelig, was einen irren Badespaß macht. Auch hier gibt es kleine Sandnieschen, in denen man sein Zelt auf schlagen könnte.“