Einsteiger-Tour mit dem Campingbus
Das erste Mal im Kastenwagen

Drei leidenschaftliche Zeltcamper probieren aus, wie es sich anfühlt, mit einem Campingbus auf Tour zu gehen. Sind Freiheit und Naturerlebnis tatsächlich genau so groß wie mit Pkw und Zelt?

Erstes Mal Campingbus
Foto: Steffen Zink

„Also gut, dann lass es uns halt mal probieren.“ Es bedarf keiner langen Überredungskünste, meiner Frau das Vorhaben schmackhaft zu machen, unseren zweiwöchigen Sommerurlaub nicht wie eigentlich geplant im Zelt, sondern im Campingbus zu verbringen. Anfängliche Bedenken werden diskutiert: Sind wir mit solch einem Fahrzeug vor Ort genau so flexibel wie mit unserem Pkw? Wie funktionieren Stadtbesichtigungen mit dem doch etwas größeren Bus? Wie kommen wir morgens schnell zum nächsten Bäcker, um frische Brötchen zu holen?

Basiswissen rund ums Wohnmobil

Alle Zweifel sind vorerst auf Eis gelegt, als der La Strada bei uns vor der Tür steht. „Cool – wie in einer richtigen kleinen Ferienwohnung und sogar mit Dusche“, staunt der 15-jährige Sohn. Die Eltern sind umso mehr begeistert, als sie das Reisegepäck im Fahrzeug verstauen. Der Avanti F ist aufgrund des Doppelbodens das reinste Stauraum-Wunder.

Nahrungsmittelvorräte, Küchenutensilien, Wanderschuhe – alles verschwindet in den geräumigen Fächern im Zwischenboden. Was beim Campingurlaub mit dem Pkw oft zur Herausfor­derung wird, ist hier kein Thema. Und besonders praktisch: Klappt man eine Hälfte des hinteren Doppelbettes nach oben, ist ruck, zuck ein Fahrrad im Laderaum verstaut. Somit sind auch die frischen Frühstücksbrötchen gesichert.

Wie fährt und schläft es sich das erste Mal im Campingbus?

Endlich geht es los. Von Stuttgart aus fahren wir gemütlich über Landstraßen Richtung Altmühltal. Trotz seiner Länge von 6,36 Meter fährt sich der Ducato völlig problemlos, und nach kurzer Eingewöhnung entpuppt sich die automatisierte Schaltung als sehr komfortabel. Erstes Nachtquartier ist der Wohnmobilstellplatz in Kehlheim. Kein lästiges Anmelden wie auf dem Campingplatz, die Gebühr von 6 Euro zahlen wir an einem Automaten. Und wie funktioniert das mit dem Strom? Der nette holländische Nachbar bemerkt unsere Rat­losigkeit und erklärt uns die Funktion der Stromsäulen: 1 Euro einwerfen und 2 kWh zapfen. Ist doch alles ganz easy. In der Abenddämmerung schlendern wir in die Altstadt. Wären wir wie gewohnt mit Zelt unterwegs, würden wir jetzt sicher noch He­ringe in den Boden klopfen und Luftmatratzen aufblasen.

Die erste Nacht im Mobil schlafen wir wie die Murmeltiere. Morgens werden als Erstes die beiden großen Hecktüren geöffnet, wir blicken vom bequemen Doppelbett aus in die Natur – das Gefühl der Freiheit ist dabei fast genau so groß wie im geliebten Zelt.

Nach Zwischenstopps in Regensburg und Passau cruisen wir weiter Richtung Berchtesgadener Land. Das Wetter verschlechtert sich. Es schüttet wie aus Eimern und will nicht mehr aufhören. Auf unseren bisherigen Zelttouren haben wir uns in solchen Situationen immer wieder dabei ertappt, insgeheim nach einer Pension Ausschau zu halten. Jetzt ist uns das egal – wir haben ja ein festes Dach über dem Kopf. Im Regen rollen wir auf den Campingplatz Grafenlehen am Königssee und schauen etwas mitleidig auf die Zelte, um die sich bedrohlich große Pfützen bilden. Und eins wissen wir jetzt auch zu schätzen: Eine Toi­lette an Bord ist schon eine tolle ­Erfindung. Einfach angenehm, wenn man bei dem Mistwetter nicht raus muss. Der Wettergott hat schließlich ein Erbarmen. Wir schippern mit einem der Elektroboote über den malerischen See, bekommen eine Kostprobe vom weltbekannten Königssee-Echo und überzeugen uns davon, dass das Berchtesgadener Land zu Recht als eines der Wanderparadiese in Deutschland gilt.

Über die Alpen mit dem Camper

„Nun zeig mal, was du kannst“, säusle ich Richtung Cockpit, als ich den Zündschlüssel drehe und wir Richtung Großglockner-Hochalpenstraße starten. Unzählige Serpentinen geht es steil hinauf in alpines Gelände. Mit seinen 148 PS meistert der „Duc“ diesen Härtetest absolut souverän. Oben auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe auf 2369 Me­tern werden wir von einigen Murmeltieren begrüßt. Etwas entsetzt sehen wir, wie wenig heute nur noch von dem einst so mächtigen Pasterzengletscher übrig ist.

Im Passfahren mittlerweile schon geübt, geht es weiter gen Süden bis an die italienische Adria. Der La Strada hat sich schließlich auch eine kleine Auszeit verdient. Im Lagunen-
Städtchen Grado steuern wir den Campingplatz an. Dieser ist hoffnungslos überfüllt und alles andere als einladend. Doch wozu haben wir denn einen Campingbus? Die Stellplatz-
App Mobil-Life weist uns den Weg zu einem zentrumsnah gelegenen Parkplatz. Nicht gerade romantisch, aber wir sind froh, auf diese Ausweichmöglichkeit zurückgreifen zu können.

So viel Unabhängigkeit bietet nur der Campingbus

Nach einer Erkundungstour mit dem Fahrrad bei hochsommerlichen Temperaturen erinnere ich mich, dass der La Strada über eine Außendusche verfügt, von der sogleich Gebrauch gemacht wird. Einfach genial, diese Unabhängigkeit.

Vor den Toren Mantovas landen wir auf einem netten, im Grünen gelegenen Stellplatz mit komfortablem Sanitärgebäude. Wir fahren die Markise aus und genießen die Ruhe – wer vermisst da noch einen Campingplatz? Beim Bummel durch die zum Unesco-Welterbe
gehörenden mittelalterlichen Altstadt mit anschließender Einkehr ist es ein gutes Gefühl
zu wissen, dass das Mobil gleich nebenan steht. Diesem gönnen wir die nächsten Tage
eine gemütliche Fahrt entlang der Ostseite des Gardasees und uns eine ausgedehnte Wanderung auf dem Monte Baldo. Hier hat das wechselhafte Wetter auch seine guten Seiten. Wir wandern teilweise über den Wolken. Sobald diese aufreißen, ist der Blick auf den See und die umliegenden Berge einfach überwältigend.

Fast noch besser ist der Abend bei Pasta und Pizza in einer Trattoria in der gepflasterten Fußgängerzone von Malcesine. Für die Rücktour wählen wir die Route via Südtirol über
das Timmelsjoch. Auf dessen Spitze erwarten uns frostige 5 Grad, im August! Noch spannender wird es im Ötztal. Aufgrund der starken Niederschläge droht die Ötztaler Aache über die Ufer zu treten. Im Radio hören wir von einer vorübergehenden
Straßensperrung bei Umhausen, da dort eine Brücke gesichert werden muss. Kein Weiterkommen – was nun?

Wir setzen am nächsten Wanderparkplatz den Blinker, aktivieren die Bordküche, machen
ausgiebig Pause und harren der Dinge. Notfalls könnten wir ja hier auch übernachten. Das letzte Ziel ist die Zugspitze. Der Blick von Deutschlands höchstem Gipfel soll zugleich
der Höhepunkt unserer ersten Tour mit einem Wohnmobil sein, doch wieder spielt
das Wetter so recht mit. Und so haben wir mehr oder weniger unfreiwillig Gelegenheit, uns endgültig von den Vorteilen gegenüber dem Zelt überzeugen.

Schließlich kommt der Tag, an dem wir das Mobil wieder abgeben müssen – schade eigentlich. Wir stoßen an auf unsere gelungene Premiere und ein Gedanke lässt uns fortan nicht mehr los – vielleicht sparen wir ja demnächst mal auf einen eigenen kleinen Campingbus.

Der La Strada Avanti F im Überblick

Preis: ab 53.760 Euro
Basis: Fiat Ducato, Kastenwagen mit Fiat-Blechhochdach, Frontantrieb, ab 96 kW (130 PS)
Gesamtgewicht: 3500 kg
Länge/Breite/Höhe: 6360 x 2050 x 2890 mm, Radstand 4035 mm
Empfohlene Personenzahl: 2–4
Charakter: Der La Strada setzt nicht auf Kampfpreise, sondern auf Praxistauglichkeit und gute Verarbeitung. Das Besondere am neuen F-Modell: Neben dem bequemen Querbett im Heck findet sich über der Sitzgruppe noch ein Längshubbett, das durchaus mehr ist als eine Notliege. Da es sich um die längste und höchste Fiat-Ducato-Variante handelt, ist auch der Stauraum familientauglich.