Leben im Wohnmobil mit Kindern und Hund
Die Travelfamily ist in ganz Europa zu Hause

Sie reisen das ganze Jahr und überwintern dort, wo die Sonne scheint. Arbeit im Bus, Schule am Strand – dank ein paar Tricks machen die Schneiders Dauerurlaub und teilen ihr Leben bei Facebook und Co.

Travelfamily Bus
Foto: Travelfamily

Er kennt sich ganz gut aus mit Häusern, denn Jochen ist Immobilienmakler. So gut, dass er selbst schon drei davon gebaut hat: ein Toskanahaus, ein Allgäuerhaus und ein Einfamilienhaus mit 210 Quadratmetern. Jetzt lebt er mit seiner Familie in einem Bus. Gemeinsam mit Frau Verena (36) und den Söhnen Julian (11), Benni (8) und Maxi (3) reichen ihm 25 Quadratmeter. 365 Tage im Jahr.

Die Aussteiger-Familie Travelfamily lebt im umgebauten Bus

„Mit diesem Bus hat man mehr Platz und Freiheit als in jedem Haus“, sagt Jochen. Mit Maxi im Schoß sitzt er im Wohnzimmer des Setra S140 EKS. Der 33 Jahre alte Bus ist frisch renoviert, es riecht nach neuen Möbeln. Ein kleines Feuerwehrauto schießt über den Holztisch und landet auf der gut gepolsterten Sitzbank. Maxi will mal Feuerwehrmann werden. Im Kamin knistert das Brennholz. Jochen ist stolz auf seine mobile Feuerstelle – die hat nicht jeder. „Auch wenn wir sparsam leben, gönnen wir uns ab und zu ein bisschen Luxus“, sagt Verena und brät Zucchini auf dem Gasherd an. Es gibt Fusilli mit Gemüse und Ketchup.

Die häufigste Frage, die den Schneiders immer wieder gestellt wird, lautet: „Wie könnt ihr euch das leisten?“ Als Immobilienmakler arbeitet Jochen im „Bus Office“ und sucht nach interessanten Objekten für seinen Partner in Oberstaufen – im Internet oder unterwegs. Die frühere Sekretärin Verena blieb sowieso zu Hause, als Sohn Julian geboren wurde. Nun ist sie Reiseleiterin, Social-Media-Beauftragte, Journalistin und Pressesprecherin der „Travelfamily“. Bei Facebook hat sie inzwischen über 1600 Fans und beantwortet täglich deren Nachrichten. Außerdem verdient sich Verena mit ihren Artikeln für verschiedene Reise- und Fachzeitschriften sowie dem Blog der Familie ein bisschen was dazu.

Was ist mit der Schulpflicht der Kinder?

Und die Kinder? „Ja, da gibt es ehrlich gesagt die meiste Kritik von außen“, gesteht Verena. Sie und ihre Söhne Julian und Benni haben die britische Staatsbürgerschaft. Dort gelten andere Gesetze für die Schulpflicht. Sie und Jochen unterrichten die beiden im Bus, Lehrmaterialien stellen die ehemaligen Schulen. „Die Lehrer haben uns überraschenderweise von Anfang an unterstützt, wir stehen immer in engem Kontakt“, sagt Verena. Die Jungs könnten die Schule jederzeit wieder besuchen, sollten die Schneiders sich niederlassen wollen.

Benni und Julian scheinen sie nicht zu vermissen. „Schule fand ich immer langweilig“, sagt Julian, das Mathe-Ass. Und Benni findet, dass er auf Reisen mehr lernt. Er liebt Tiere, und die freilaufenden Schildkröten in Griechenland haben ihn schwer beeindruckt. Dass sie in Rumänien allerdings für fünf Euro verkauft wurden, findet der Achtjährige nicht okay: „Das ist illegal.“

Während des Hausbaus mit dem Wohnwagen nach Italien

Kritik an ihrem Lebensstil gibt es immer wieder. Trotzdem wirkt die Familie unbeschwert und fröhlich. Ihr Leben auf Rädern ergab sich aus unglücklichen Umständen: Haus Nummer zwei war schneller verkauft als Haus Nummer drei gebaut. Daher musste die fünfköpfige Familie drei Monate bis zum Einzug überbrücken: „Drei Kinder, einen Hund und dann für drei Monate? Uns wollte niemand“, sagt Verena. Also kauften sie sich im Frühjahr 2014 einen Caravan und nahmen eine Auszeit: drei Monate Italien. Und die veränderten alles. Die Freiheit, jeden Tag an einem anderen Ort sein zu können, begeisterte so sehr, dass sie das neue Haus nicht mehr wollten. Sie wollten raus. Unabhängig sein. Die Welt sehen. Dann ging es schnell: Das Haus wurde verkauft, die Kinder aus der Schule genommen, die Reiseroute geplant.

Es zog sie auf den Balkan: Slowenien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Albanien und Montenegro. 10.221 Kilometer. So soll es noch eine Weile weitergehen. Und danach? „Vielleicht irgendwann mal einen Stellplatz betreiben“, sagt Verena. Oder wieder ein Haus. Dann aber im Grünen mit viel Platz für Tiere. Bis dahin fahren sie weiter – mit Kind, Hund und Kamin.

Reise-Tipp der Travel Family

Ein absoluter Geheimtipp sind die Schwefelquellen bei Lamia (Griechenland), findet die Travelfamily. Dort kann man kostenlos und fast ungestört in 40 Grad warmem Wasser baden – allerdings sollte man den Geruch von faulen Eiern verkraften können. Die Quellen liegen auf dem Weg von Thessaloniki nach Athen. Die Koordinaten: 38°47’33.312’’N, 22°31’32.568’’O.