Mit dem Wohnmobil von China bis Europa
Auf dem Weg nach Westen

In China wächst das Interesse an Wohnmobilen. Zwei befreundete Paare wagten jetzt sogar eine Tour bis nach Europa. promobil traf Sie in Deutschland und hat sie zu ihrem großen Reiseabenteuer befragt.

Pick-up-Reisemobile
Foto: Ulrich Kohstall

Pünktlich auf die Minute treffen die chinesischen Reisemobile am Treffpunkt ein. Vier Menschen springen gut gelaunt aus zwei Fahrerhäusern, sofort bereit zum Fototermin. Dass Pengxue He und seine Frau Jiarong Bi ebenso wie Zhongkao Fan und Hui Zhao Rentner sind, merkt man ihnen nicht an. Ebenso wenig, dass eine Reise von über 15 000 Kilometern und fast drei Monaten hinter ihnen liegt. Durch die Mongolei, Russland und Skandinavien führte sie die Route bis ins Schwabenland.

Der Kontakt nach Deutschland entstand über die Homepage www.motorhome-china.com, betrieben von den Zubehörhändlern und China-Kennern Silvia und Günther Friedrichs. Im schwäbischen Steinenbronn wollen die Besucher beim Handelsbetrieb Schmidtmeier europäische Wohnmobile kennenlernen. Selber sind beide Paare mit einem Great Wall unterwegs. Die Marke gehört im Heimatland zu den größeren Autoherstellern und baut neben Fahrgestellen auch den passenden Wohnaufbau, eine auf dem jungen chinesischen Markt übliche Kombination.

Gleichwohl haben Wohnmobile in China noch völligen Seltenheitswert. Zhonkao Fan erzählt, dass im eigenen Land immer wieder Neugierige die Tür zur Wohnkabine aufreißen, um einen Blick hinein zu werfen – ganz egal ob jemand darin gerade isst oder schläft.
Rund 40 000 Euro kostet umgerechnet so ein Great Wall, was Pengxue He, früher als Journalist beschäftigt, als angemessen empfindet. Positiv äußern sich beide Paare auch über die Zuverlässigkeit ihrer allradgetriebenen Wohnmobile. Sie haben die Tour über teils üble Pisten problemlos überstanden und erhalten nun in Deutschland eine kleine Inspektion für das Basisfahrzeug.

Auch Ländergrenzen konnten die Reisenden nicht aufhalten. Als schwierig beschreiben sie die Einreise in die Mongolei, als umständlich den Grenzübertritt nach Russland und als problemlos die letzte wichtige Station beim Erreichen der EU im Norden Finnlands.
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass alle vier ausschließlich ihre Heimatsprache, jedoch keine Silbe englisch sprechen. Offenbar funktioniert die Kombination aus einer Übersetzungs-App auf dem Smartphone und einem gewinnenden Lächeln ebenso gut.

Unser Gespräch mit den chinesischen Gästen läuft über einen Dolmetscher, doch abgesehen davon plaudert man so ungezwungen miteinander wie mit einheimischen Stellplatznachbarn. Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Wie gefällt es euch hier und wie geht die Tour weiter? Die beiden Paare schwärmen von den deutschen Autobahnen und ihrer Fahrt entlang der Romantischen Straße. Sie erzählen von ihren Plänen weiter nach Westen und dann nach Südeuropa zu fahren, bevor ihr EU-Visum im September abläuft.

Auf jeden Fall wollen sie in Deutschland das Mercedes-Museum und den Geburtsort von Karl Marx besuchen. Und sie interessieren sich für alles, was sie hier entdecken.
Was, so rätseln sie, hat die Stadt Hamburg mit der Hamburgerbraterei McDonald’s zu tun? Wie lässt es sich eigentlich erklären, dass Marx und Hitler aus dem gleichen Land kommen? Warum gibt es in einem so hochentwickelten Staat wie Deutschland oft überhaupt keinen Handyempfang? Fragen über Fragen, die auch der Autor dieser Zeilen nicht erschöpfend beantworten kann.