Wind, Schneegestöber, Dünen, gleißendes Licht und ein unendlich breiter Sandstrand, das ist genau das richtige Terrain für das Lieblingsspielzeug von Rainer Götzel, Mediziner im Ruhestand. Mit seinem allradgetriebenen Action Mobil verschwindet er als kleiner Punkt am Horizont im weiten Watt.
Was für ein exotisches Bild. Dabei sind wir nur einen Katzensprung von der deutschen Grenze entfernt: auf Rømø, der südlichsten dänischen Wattenmeer-Insel, an einem der wenigen Plätze in Europa, wo das Mobil mit auf den Strand darf.

Mit dem Action Mobil auf Weltreisen
Rainer Götzel kenne ich schon ein halbes Leben. 1991 war ich auf der Suche nach einem Expeditionsarzt für die Scout Tour der Rallye München–Marrakesch. Rainer lebte damals in der Nähe von Frankfurt und war mein Hausarzt. Als ich ihn fragte, ob er nicht Lust hätte mitzukommen, sagte er spontan ja, sperrte seine Praxis vier Wochen lang zu und begleitete mich auf der Abenteuertour im Geländewagen.
In Marokko waren wir dann fast ausschließlich offroad unterwegs, haben den hohen Atlas, Flüsse und die Wüste ohne Wege und Straßen durchquert. Hotels gab es keine auf der Strecke, geschlafen wurde im Schlafsack, und zwar dort, wo wir am Abend gerade anhielten. Vielleicht war das der Moment, der in dem erfolgreichen Arzt und begeisterten Kameramann die Abenteuerlust geweckt hat. Reisen, nicht ankommen müssen, frei und unabhängig sein und übernachten, wo es gerade schön ist.
Es wurde Zeit für's eigene Action Mobil...
2006 entschied er sich, den Bau eines nach seinen Vorstellungen entworfenen Wohnmobils bei einer Spezialfirma im österreichischen Saalfelden in Auftrag zu geben: einen allradgetriebenen MAN-Lkw mit Sperrdifferenzial und extra großen Rädern, die für zusätzliche Bodenfreiheit sorgen. Durch zwei zusammen 550 Liter große Tanks hat das Fahrzeug eine Reichweite von deutlich mehr als 2000 Kilometern.
Wegen der starken Verwindungen bei Geländefahrten wurde der sehr gut isolierte Wohnaufbau als eigene Einheit konstruiert und flexibel am Fahrgestell montiert. Er bietet viel Platz und hat Klimaanlage und Fußbodenheizung. Der Wassertank fasst 350 Liter, eine Filteranlage bereitet das Trinkwasser auf.
Neben versenkbarem Monitor und Recorder ist auch ein Schneideplatz für den Hobbyfilmer eingebaut. So kann Filmmaterial schon während der Reise gesichtet und bearbeitet werden. Das Dach des Mobils ist als Dachterrasse nutzbar. Hochklappbare Solarpaneele dienen wegen der Höhe von 3,65 Metern als Geländer. Überrollbügel und Astabweiser verleihen dem 7,50 Meter langen Zehntonner das Aussehen eines richtigen, trutzigen Abenteuerfahrzeugs.

Nach sechs Monaten Bauzeit war Rainers Action Mobil fertig. Derweil hatte auch seine Lebensgefährtin Annegret Möslein, ebenfalls Ärztin, den Lkw-Führerschein gemacht. Die Einführungstour für das Fahrzeug auf die Huggenbergalm beim Steinernen Meer über Saalfelden hat Firmenchef Stefan Wirths höchstpersönlich übernommen. Es folgten Touren innerhalb Europas, und nun verbrachten die beiden Ärzte fast jede freie Minute mit ihrem neuen Spielzeug, reisten damit (und so auch mit dem eigenen Bett) sogar zu Kongressen.
Ob Libyen oder Norwegen: Mit ihrem Action Mobil kommen sie überall hin
Im April 2009 erfüllten sie sich dann einen weiteren Traum. Mit der Fähre setzten sie mit ihrem Action Mobil von Marseille nach Tunis über und fuhren mit einer Gruppe Gleichgesinnter in den Südwesten Libyens bis ins Acacus-Gebirge – in eine bizarre Landschaft aus Wüste, Bergen, Sand und Dünen mit riesigen Felsmonumenten. Auf dieser Fahrt durch die Sahara kamen alle Vorzüge des Expeditionsfahrzeuges zum Tragen.

Immer häufiger verließen die beiden nun das schnelllebige Rhein-Main-Gebiet und tourten mit ihrer mobilen Wohnung nach Norwegen oder an die deutsche Nord- und Ostseeküste. Dort gefiel es ihnen so gut, dass sie 2014 ihre Praxis schlossen und nach Nordfriesland zogen.
Seither nutzen sie die Nähe des Meeres und stellen ihre mobile Wohnung dorthin, wo es ihnen gerade gefällt. So wie heute auf eine Sandbank der Insel Rømø, nur drei Kilometer von Sylt entfernt.
Mir zuliebe sind sie dorthin gefahren, weil ich die beiden und ihr bärenstarkes Allradmobil hier auch bei nasskaltem Februarwetter vor der Kamera ganz gut in Szene setzen kann. Noch sind wir mit dem Fotoshooting nicht ganz durch, da klopft ein im Sand stecken gebliebener Autofahrer an die Tür und bittet, ob man ihm nicht aus der Patsche helfen könne. Rainer lacht, nimmt den Gestrandeten an den Haken und schleppt ihn mühelos zurück auf die Straße.