Unser neues Flaggschiff“, hält Bernhard Kibler fest, frischgebackener Reisemobilchef der Marke. Beim ersten Blick auf den Rohbau des B-Klasse SL bedarf es dafür Fantasie. Während Reisemobilfahrer in Urlaubsstimmung sind, montieren im Hymer-Versuch emsige Hände den Prototyp für den Salon. Auch wenn die Besichtigung einer Baustellenbegehung ähnelt - die Konturen des B-Klasse SL sind gut zu erkennen.
Er wird einen Satz nach vorn machen. Einst eine verfeinerte B-Klasse, soll sich der SL als eigene Baureihe profilieren. Und zunächst die S-Klasse ersetzen, sie legt eine schöpferische Pause ein. Die Scheinwerfer bleiben, Einzug hält ein Lamellengrill ähnlich der B-Klasse. Der Lufteinlass bekommt eine kantige Form, der Schriftzug Prägebuchstaben. Projektleiter Thomas Buschle: „Das Gesicht passt zur Familie.“
Ist die B-Klasse mit steiler Scheibe auf Nutzen getrimmt, gönnt Hymer dem feineren SL eine schräge und höhere Scheibe. Sie steht ihm gut, denn der SL wächst um 25 Zentimeter nach oben. „Wir wollen mehr Innenraum“, erklärt Bernhard Kibler, „mit dem Nebeneffekt einer riesigen Garage." Sie ist üppig wie der ganze stattliche, 8,50 Meter lange B SL 778.
Oben trägt der Lange eine schützende GfK-Haut, unten dient ein leichtes GfK-Sandwich als Plattform. Dazu finden sich Finessen wie die Zentralverriegelung für Fahrer-, Wohnraum- und Garagentür. Oder bequeme gleichmäßige Trittstufen an der Treppe zur 70 Zentimeter breiten Tür. „Wir haben bei der Entwicklung auch an Senioren gedacht“, erläutert Produktmanager Rainer Wingart.
Der neue Hymer setzt auf großzügiges Raumgefühl
Beim Grundriss geht Hymer auf Nummer sicher: L-Sitzgruppe, ein Trakt aus Küche, Schrank und Bad in der Mitte, Einzelbetten im Heck. Aber Buschle betont das „großzügige Raumgefühl“: 2,15 Meter Stehhöhe schaffen Luft und Bewegungsfreiheit.
Viele Details machen den Unterschied. Der Beifahrersitz etwa schwenkt beim Drehen nach innen Richtung Tisch. Der ist in zwei Richtungen ausziehbar, per Knopfdruck statt mit umständlicher Verschraubung. Das schafft Platz, heute zum Ausbreiten der Pläne wie im Architekturbüro.
Die Dachstauschränke mit abgesetzten Griffleisten verzichten auf sichtbare Beschläge, verriegeln automatisch per Softeinzug. Das Hubbett über den Vordersitzen wächst trotz schräger Windschutzscheibe auf 1,50 Meter Breite.
Licht spielt eine große Rolle. Hymer setzt auf stromsparende LED, von den Stufenkanten über dimmbare Leselampen bis zur indirekten Beleuchtung über den Schränken. „Eine dezente Hintergrundbeleuchtung“, meint Hansi Wiest, Teamleiter Innenausbau.
Auf dem Weg zur Küche fällt ein schlanker Hochschrank ins Auge. Unten Ablage, oben Gläservitrine, in der Mitte Platz für das neue Kontrollbord und den Fernseher. Die Küchenzeile prunkt mit Herd im Haushaltsformat, elektrischer Zentralverriegelung, dem raumhohen Apothekerschrank für die Vorräte und als Clou einem elektrisch absenkbaren Fach für Küchengeräte in der oberen Etage. Wiest verspricht: „Wir haben es geschafft, die Teile klapperfrei zu bekommen.“
Bei der Abtrennung des Raumbads setzt Hymer auf Schiebetüren - ein Wasch- und Toilettenraum mit separater Tür hat Vorzüge. Ebenso die Dusche im Haushaltsformat mit Echtglastüren - „das will man in dieser Klasse“, so Wiest.
Die Betten fehlen noch in der Baustelle, aber 202 Zentimeter Länge auf der einen und 194 Zentimeter auf der anderen Seite sind ebenso respektabel wie die punktelastischen Tellerfedern, die elektrisch verstellbaren Kopfteile und die separate Regelung der Heizung im Schlafraum.
Die Bordtechnik ist reichhaltig. Die Energie stammt aus einer dicken 160-Ah-Batterie, auf Wunsch ergänzt von einem zweiten Exemplar. In der Aufpreisliste findet sich für die Cassettentoilette ein Abpumpsystem mit zusätzlichem Fäkaltank. Im Bauch des Integrierten schwappen 190 Liter Frischwasser. Eine Warmwasserheizung temperiert den Lulatsch inklusive der Armaturentafel. Angesichts der Ausstattung ist der Preissprung des neuen SL kein Wunder, Hymer nennt als Hausnummer 110.000 Euro.
Raus aus dem Rohbau, draußen warten Handwerker, der Ausbau muss weitergehen. Noch steht der Buchstabe „B" für Baustelle, doch die Bauabnahme naht. Auf dem Caravan- Salon Ende August wird der neue B-Klasse SL als schlüsselfertiger Integrierter stehen. Mit den Lamellen breit grinsen. Und wenn man genau hinschaut, zwinkert das neue Flaggschiff vielleicht kurz mit den großen Scheinwerfern.
Daten und Preise: Hymer B-Klasse SL 778
Preis: ca. 110.000 Euro
Basis: Fiat Ducato Maxi, Alko-Tiefrahmen mit Tandemachse, Frontantrieb, ab 109 kW (148 PS)
Gesamtgewicht: 5000 kg
Länge/Breite/Höhe: 8490/2350/3150 mm
Empfohlene Personenzahl: 2- 4
Baureihe: Hymer startet mit drei Modellen, dem Zweiachser B-Klasse SL 674 und den Dreiachsern 778 und 798. Kompaktere Modelle sollen zum Frühjahr folgen.
Info: Telefon 07524/9990, www.hymer.com
Kommentar
Aber ganz sicher
Hymer markiert den Sicherheits-Vorreiter: Nach ABS und Fahrer-Airbag gehören nun Beifahrer-Airbag und ESP zur Serie. Endlich hat ein Reisemobilhersteller die Zeichen der Zeit erkannt. Das Hymer-Sicherheitspaket ist vorbildlich, indes nicht vollständig: Hymer Car und der Hymer Compact müssen ohne die neuen Zutaten auskommen. Als Argument hält der Preis her. ESP und Beifahrer-Airbag stehen für zusammen 873,50 Euro in der Fiat-Liste, Großkunde Hymer wird’s vermutlich für die Hälfte bekommen. Also bitte auch den nächsten Schritt wagen: serien-mäßige Sicherheit für alle. ESP wird doch ohnehin in zwei Jahren Pflicht.