Wie entscheiden deutsche Gerichte in Sachen Wohnmobile? promobil hat ein paar interessante Urteile zusammengesucht. Ein Überblick über die Anwendung der komplexen Gesetzeslage in der Praxis.
Wie entscheiden deutsche Gerichte in Sachen Wohnmobile? promobil hat ein paar interessante Urteile zusammengesucht. Ein Überblick über die Anwendung der komplexen Gesetzeslage in der Praxis.
Auf einen Rechtsstreit legt es niemand an, aber es ist dennoch gut zu wissen, wie die Gerichte bei Fällen rund ums Wohnmobil entschieden haben. promobil hat sich mit Hilfe der Rechtsanwälte Rüdiger Zipper – langjähriger Präsident des Euro Motorhome Clubs – und Stefan Hinners Urteile von deutschen Gerichten angeschaut.
Eines wird dabei schnell deutlich: Es gibt kaum ein Themengebiet, das nicht schon vor Gericht gelandet ist. Ob es sich nun um ein "Montagsmobil" mit dutzenden kleinen Mängeln handelt, die Zuladung hinten und vorne nicht reicht oder sich vollmundige Versprechungen in Online-Kaufanzeigen als wenig belastbar zeigen: Wohnmobilbesitzer haben immer wieder Bedarf an den Diensten von versierten Rechtsanwälten. Damit einen die Anwalts- und Gerichtskosten nicht überrennen, lohnt sich eventuell eine Rechtsschutzversicherung – mehr dazu am Ende.
Kommt es zum Rechtsstreit, so rät Rüdiger Zipper, im Vorfeld alle Beweise sorgfältig zu sichern. Bei einem Verkehrsunfall sollten Zeugen namentlich mit Anschrift notiert werden. Handybilder helfen, das Geschehen, den Endstand der Fahrzeuge und die Situation im Umfeld festzuhalten. Bei Fahrzeugmängeln ist es sinnvoll, einen Sachverständigen zu Rate zu ziehen und durch ihn die Mängel dokumentieren zu lassen. Denn eines ist gewiss: Manchmal muss man für sein Recht streiten.
Verweigert ein Käufer die Abnahme des Wohnmobils, so ist es rechtens, wenn er dem Verkäufer einen pauschalierten Schadensersatz von 15 Prozent des Kaufpreises zu zahlen hat. Die Pauschalierung des Schadensersatzes ist vom Oberlandesgericht Hamm ausdrücklich als angemessen erachtet worden. Interessant war der Fall auch deshalb, weil das Gericht ausdrücklich festgestellt hat, dass es nicht schadensmindernd zu berücksichtigen sei, dass das Fahrzeug später an einen anderen Käufer verkauft worden ist. Im konkreten Fall war der Käufer eines Wohnmobils bei dessen Abholung tödlich verunglückt. Seine Witwe und Erbin verweigerte die Annahme des Fahrzeugs. Der Verkäufer erklärte daher den Rücktritt und verlangte 15 Prozent des Kaufpreises (6000 Euro) als Schadensersatz. (OLG Hamm, Az 28 U 159/14)
Die beschränkte Nutzbarkeit des Wohnmobils, insbesondere der Sitzplätze, führte zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Das Wohnmobil, um das es in diesem konkreten Fall ging, war mit verschiedenen Sonderausstattungen, unter anderem zwei zusätzlichen Sitzen hinten ausgestattet. Die Ladekapazität des Fahrzeugs war nicht ausnutzbar, ohne die zulässige Hinterachslast zu überschreiten. Das Leergewicht war in den Papieren mit 3567 Kilogramm angegeben, betrug tatsächlich aber 3900 Kilo.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass dem Wohnmobil "die Eignung zur vorausgesetzten Verwendung" fehlt, weil das Fahrzeug nicht zur Benutzung durch die maximal zulässige Personenzahl (also in diesem Fall vier Personen) geeignet ist. Hier war die höchstzulässige Hinterachslast bereits überschritten, wenn auf den beiden hinteren Sitzen zwei Personen à 75 Kilogramm Körpergewicht Platz genommen hatten. An eine Beladung der Heckstauräume war gar nicht erst zu denken, denn sonst wäre die Hinterachslast noch weiter überschritten worden. Dem Kläger wurde daher gestattet, das Wohnmobil zurückzugeben. (OLG FFM, Az 26U31/14)
Fahrzeugbeschreibungen in Ebay-Verkaufsanzeigen sind verbindlich, wenn der Verkäufer bei seinen Angaben nicht ausdrücklich auf ihre Unverbindlichkeit hinweist. Ein Beispiel: Ein Wohnmobil wird als "sehr gepflegt", "für das Alter in einem sehr guten Zustand, sofort reisefertig", "nur von April bis Oktober gefahren und im Winter trocken in der Halle untergestellt" beschrieben. In diesem Fall kann ein Käufer erwarten, dass er ein Wohnmobil erwirbt, das sich in einem für sein Alter überdurchschnittlichen Erhaltungs- und Pflegezustand befindet – und keinen erheblichen Feuchtigkeitsschaden aufweist. Doch genau den hatte das Wohnmobil im konkreten Fall. Der Feuchteschaden war so groß, dass bereits das Holz des Aufbaus durchgefault war. Der Kläger konnte daher den Kaufpreis zurückfordern. (OLG Hamm, Az 2U200/13)
Garantiereparaturen an der Außenhaut eines Wohnmobils, zum Beispiel der Ersatz der Aufbautür, sind keine Seltenheit. Verfügt das Wohnmobil über eine Nanoversiegelung, wird es allerdings etwas komplizierter. Es stellt sich die Frage, ob im Zuge der Gewährleistungsarbeiten auch die Nanoversiegelung neu aufgebracht werden muss. Das Problem: Teilweise rechnen Unternehmen für die Nachversiegelung beispielsweise einer Eingangstür extrem hohe Beträge ab.
Die Lösung ist recht einfach: Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 16. 6. 2011 lässt sich ableiten, dass in einem derartigen Fall auch die Versiegelung ersetzt werden muss. Allerdings nicht zu jedem Preis. Zu erstatten ist hier nämlich nur der übliche Werklohn. Der Versiegelungsbetrieb kann also keinen Fantasiepreis aufrufen, wenn er feststellt, dass eine Nacharbeit notwendig ist und der Hersteller des Wohnmobils aufgrund der Nachbesserung verpflichtet ist, die Leistung bei ihm zu beauftragen.
Dient ein Wohnmobil oder ein Caravan als Wohnung für einen Bezieher von Hartz-IV-Leistungen, so bekommt er die Kosten teilweise von der zuständigen Behörde bezahlt. Das urteilte das Bundessozialgericht in Kassel. Unterkunftskosten im Rahmen der Sozialhilfe können also auch Kosten für das Halten eines Wohnmobils sein. Der Kläger hatte im vorliegenden Fall in Speyer in einem Wohnmobil gelebt und Kosten für Kraftfahrzeugsteuer und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung als Unterkunftskosten geltend gemacht. Ein pauschaler Ersatz von Spritkosten von 100 Euro pro Monat wurde ihm hingegen verwehrt, da das Bewegen des Fahrzeugs keine Notwendigkeit für das Wohnen sei.
Zusammengefasst: Die Hartz-IV-Behörde muss die Kosten für die Haftpflichtversicherung, aufkommende Steuern sowie Kosten für die Instandhaltung, sofern diese mit Quittungen belegt werden können, übernehmen. (BSG, Az B 14 AS 79/09 R)
33 Mängel hatte der Besitzer eines Wohnmobils bei drei Werkstatt-Terminen bereits nachbessern lassen. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 5500 Euro netto. 15 weitere Mängel waren noch angemahnt. Das war für den Besitzer des Wohnmobils der Anlass, vom Kauf zurückzutreten, ohne dem Verkäufer die Möglichkeit zu geben, auch die 15 weiteren Mängel zu beseitigen. Der Käufer hielt das Mobil für ein "Montagsauto". Das Gericht entschied gegen den Besitzer. Seine Begründung: Bei den gerügten 33 Mängeln handelt es sich im Wesentlichen um Probleme im Bagatellbereich mit Lästigkeitscharakter, wie zum Beispiel Flecken in der Spüle, eine knarrende Antenne und ein nicht bündiger Abschluss von Verkleidungsteilen. Die technische Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs war nicht betroffen. Das Gericht befand, dass es für den Käufer zumutbar sei, auch die 15 weiteren Mängel nachbessern zu lassen. Er hat daher kein Rücktrittsrecht. (BGH, Az. VIII ZR 140/12)
Bei einem Verkehrsunfall wurde das Wohnmobil des Klägers so schwer beschädigt, dass es mehrere Wochen für aufwendige Reparaturen in die Werkstatt musste und nicht rechtzeitig zum geplanten Urlaubsantritt des Klägers zur Verfügung stand. Dieser mietete daher ein Wohnmobil für seinen zweimonatigen Italienurlaub. Als sein eigenes Fahrzeug repariert war, ließ er es sich nach Norditalien bringen. Sowohl für die Mietkosten als auch die Überführung des Wohnmobils nach Italien wollte er die Verursacherin des Unfalls zur Kasse bitten. Das Landgericht Hamburg gab ihm Recht. Es urteilte, dass der Geschädigte eines unfallbeschädigten Wohnmobils eine Urlaubsreise mit einem angemieteten Wohnmobil antreten kann und der Schädiger die Kosten hierfür zu ersetzen hat. Nach erfolgter Reparatur muss im Sinne der Schadensminderungspflicht geschaut werden, ob die Transportkosten für die Überführung des eigenen Wohnmobils zum Urlaubsort gegebenenfalls geringer sind als die weiteren Kosten der Anmietung, so wie es in vorliegendem Fall war. (LG Hamburg, Az 331 O 15/15)
Wenn der Käufer eines Wohnmobils erklärt, dass die Reparatur von Sachmängeln nicht durch den Verkäufer, sondern durch eine Fachwerkstatt vor Ort erfolgen soll, so besteht kein Anspruch auf Kostenersatz, da der Verkäufer keine Chance zur Nachbesserung erhält. Die Nachbesserung hat dort stattzufinden, wo ursprünglich der Vertrag zu erfüllen war, also im Regelfall am Sitz des Verkäufers. Die Ware muss dem Verkäufer dorthin gebracht werden. Im vorliegenden Fall hatte ein Käufer aus Hamburg geklagt, der sein Wohnmobil nicht am Kaufort München reparieren lassen wollte. Es ist daher generell empfehlenswert, ein Wohnmobil in Wohnortnähe zu kaufen. (AG München, Az 222 C 19013/10)
Eine Rechtsschutzversicherung hilft, das Kostenrisiko eines Rechtsstreits von der eigenen Geldbörse fernzuhalten. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vertrag nicht erst nach Eintritt eines Schadenfalls abgeschlossen wurde, denn dann zahlt die Rechtsschutzversicherung nicht. Eine Wartezeit von drei Monaten ab Vertragsabschluss ist gängige Praxis. Sinnvoll kann auch eine spezielle Verkehrsrechtsschutzversicherung sein, die auch hohe Streitwerte abdeckt. Der Jahresbeitrag fängt bei etwa 70 Euro an. Obacht beim Kleingedruckten: Einige Versicherungen beziehen sich auf ein Fahrzeug, andere auf eine ganze Familie. Viele zahlen nur bei Streitfällen im Straßenverkehr, manche auch bei Unstimmigkeiten mit der Werkstatt.