Wenn der Bus sanft über Fahrbahnstöße gleitet und die Siebengang-Automatik an Steigungen fast unmerklich zurückschaltet, wird der Fahrer dezent daran erinnert, warum er mindestens 8500 Euro mehr bezahlt hat: für das „S“ nämlich, das für die Sprinter-Basis steht und ihn vom „normalen“ Grand Canyon abhebt, der sich als Ausbau des Fiat Ducato längst bewährt hat.
Neben dem Prestigegewinn des Mercedes sind es vor allem Komfortvorteile, die das Fahrwerk,aber auch das Cockpit – speziell bei Großgewachsenen –, für sich verbuchen kann. Außerdem lockt die nahezu endlose Aufpreisliste mit Sicherheits- und Komfortextras, dizu einem Gutteil beim italienischen Konkurrenten erst gar nicht zur Auswahl stehen. Damit enteilt der Preis aber auch ganz schnell in eine eigene Liga.
Bezogen auf die eher rare Konkurrenz der ausgebauten Mercedes Sprinter, gehört der neue Grand Canyon S mit rund 55.500 Euro Grundpreis aber sogar zu den günstigen Angeboten des Marktes.
Und was bekommt man dafür? Die Sitzgruppe erfreut große Camper, denn das typische Dachkastenstaufach über dem Ducato-Fahrerhaus fehlt beim Sprinter, und so wird manche Beule beim Wechsel zwischen Cockpit und Ausbau vermieden. Natürlich kommt dies auch dem Raumgefühl an der Sitzgruppe zugute.
Individuell einsetzbarer Tisch
Der Tisch kann während der Fahrt senkrecht an die Wand geklappt werden. Das ist sehr praktisch. Beim Ab- und Aufbauen kommt er aber mit dem Sitzpolster ins Gehege – nicht nur hier zeigt der Vorserien-Testwagen noch Abstimmungsbedarf. Die Tischfläche lässt sich durch Aufklappen zudem flugs verdoppeln, so dass auch der Beifahrersitz zum Essplatz wird. Der beinlose, nur an der Wand abgestützte Tisch gewährt zwar üppige Fußfreiheit, am Tischende stützt man sich aber besser nicht auf, um die Aufhängung nicht zu überfordern.
Bank und Fahrerhaussitze sind bequem und können optional mit Lederbezügen veredelt werden. Zum Drehen des Fahrersessels muss allerdings die Tür geöffnet werden. Die Seitenwand neben der Bank ist angenehm mit schaumkaschiertem Stoff bezogen. Offene Ablagen sind in der Sitzgruppe jedoch Mangelware. Es bleiben nur die zwei Mercedes-Ablagen über der Windschutzscheibe dafür.
Typisch Hymer-Car sind die hübschen, blaue Flecken vermeidenden runden Eckprofile an den Möbelzeilen. Neuerdings ist darin eine Schiene integriert, in der Zubehör eingehängt werden kann. Das sind zum einen Haken für Küchentücher und Topflappen, zum anderen eine Verlängerungsplatte für die Küchenzeile in den Einstiegsbereich.
Die ist auch sehr willkommen, denn Arbeitsfläche gibt es sonst nur auf den gläsernen Abdeckplatten von Kocher und Spüle. Ersterer hat immerhin eine Piezo-Zündung, die Bedienknöpfe sind jedoch sehr nah an der linken Flamme platziert. Das Spülbecken ist relativ tief, die Armatur zeigt sich jedoch von eher schlichter Machart. Drei große Schubladen – die oberste mit einer separaten Besteckschublade integriert – machen den Platz im Küchenblock sehr gut nutzbar. Auch die beiden Hängeschränke und ein Unterschrank tragen zum positiven Stauraumangebot bei.
Auftrumpfen kann die Grand-Canyon-S-Kombüse zudem mit ihrem stattlichen 90 Liter fassenden Kompressorkühlschrank, der etwas erhöht zwischen Küche und Heckbett eingebaut ist. Er wirkt wie ein Raumteiler, ohne die Sichtachse komplett zu beschneiden. Obendrauf ergibt sich so außerdem eine sehr praktische Abstellfläche.
Im Bad fehlt Kopffreiheit
Gegenüber führt eine stabile Tür ins kompakte Bad. Das bereits markentypische, große und relativ solide gemachte Klappwaschbecken hilft beim Haushalten mit dem begrenzten Platz. Dank seiner Anordnung über der Banktoilette bleibt davor relativ viel Bewegungsfreiheit – allerdings nicht in puncto Stehhöhe. Die ist schon für normal große Personen knapp und auch die schlichte Dachhaube ist dabei eher kontraproduktiv. Einzig das Herausnehmen des optionalen Bodenbretts, das die Duschwanne schützt, bringt noch zwei Zentimeter.
Das gilt natürlich auch beim Duschen. Wobei der schlichte Vorhang, der lediglich Toilette und Waschbecken ein wenig schützt, die restliche Einrichtung aber mitduschen lässt, das Ganze zu einem zweifelhaften Vergnügen mit Nacharbeit macht. Positiv heben sich dagegen das Fenster zum Lüften, der Spiegelschrank mit Steckdose und die drei Trockenstangen für feuchte Textilien hervor.
Für den Aufstieg ins Heckbett muss ein separat beigelegter Trittschemel aufgestellt werden – da haben sich Mitbewerber schon geschicktere Lösungen ausgedacht. Ist das Bett aber erst geentert, verwöhnt es mit dicker, hochwertiger Matratze auf Tellerfedern und kuschelig verkleideten Wänden und Hecktüren.
Links erreicht das Bett seine Maximalbreite von 1,34 Meter, dennoch fällt die Wahl der Liegerichtung nicht leicht. Zwar gibt es rechts und links helle und sogar dimmbare LED-Lichtbänder, die Lichtschalter – auch für ein praktisches Nachtlicht – finden sich jedoch nur rechts. Das gilt auch für die Ablagefläche auf dem Kühlschrank mit Steckdosen an der Wand, die sich zum nächtlichen Handyaufladen empfiehlt.
Transporter-Eigenschaften bleiben bestehen
Um Sperriges zu verladen, lassen sich die Matratzenstücke zur Seite stapeln und der mittlere Bettrostteil nach oben klappenund fixieren. Gesichert wird das Gepäck mit zwei soliden, serienmäßigen Zurrschienen, die an der Basis der Möbelzeilen rechts und links eingearbeitet sind. Eine Gepäckraumabtrennung zum Wohnbereich gibt es dagegen nur gegen Aufpreis.
In den Möbelzeilen sind neben Gaskasten, Frischwassertank, Bordbatterie und Ladegerät auch noch kleinere Staufächer verborgen – und der Kleiderschrank. Um an ihn dranzukommen, muss man sich unter das Bett bücken – wenigstens eine automatische Beleuchtung sollte hier bei der Kleiderauswahl helfen.
Kleiner Trost: Zwischen Bad und Bett gibt es noch eine offene Hängemöglichkeit für häufig genutzte Jacken. Die Bordtechnik ist rundum solide ausgelegt. Die Truma-Heizung residiert praxisnah in der Sitztruhe. Der Abwassertank ist serienmäßig isoliert, aber nur als Extra beheizt. In die Karosserie sind elegante Alu-Rahmenfenster eingesetzt. Den Einstieg erleichtert die hohe, optional bequem elektrisch öffnende Schiebetür.
Der Hymer-Car Grand Canyon S im Überblick
Gurte/Schlafplätze: 4/2
Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg
Länge/Breite/Höhe: 5,93/2,03/2,85 m
Grundpreis ab: 55.490 Euro
Der erste Eindruck auf dem Caravan Salon
Er heißt Hymer-Car Grand Canyon und ist großartig kompakt: Der neueste Campingbus-Wurf aus dem Hause Hymer punktet mit seinen Maßen von 2,14 Metern Breite und weniger als sechs Metern Länge. Der Camper ist vielfältig im Alltag und im Urlaub einsetzbar: Er hat vier Sitzplätze, zwei Schlafplätze und gegenüber der Küchenzeile eine räumlich abtrennbare Nasszelle mit Dusche an Bord. Verzurrschienen im Fahrzeugheck ermöglichen dem Camper beispielsweise verschiedenstes Sportequipment zu transportieren.
Im Innenraum bietet der Hymer-Car Grand Canyon frisches Design und hochwertige Möbel: Dazu gehören selbsteinziehende Schubladen, abgerundete Möbelkanten und eine dimmbare Innenraumbeleuchtung. Käufer können zwischen Polstervariationen oder Volllederausstattung wählen.
Komfort bietet auch die Motorentechnik: Der Hymer-Car Grand Canyon ist erstmals nicht auf dem üblichen Fiat Ducato aufgebaut. Die Mercedes-Benz-Genetik des Sprinters bringt serienmäßig zahlreiche Fahrassistanz-Systeme mit sich, wie etwa Bremsassistenten, ABS, adaptives ESP, eine Berganfahrhilfe und einen Seitenwindassistenten. Weitere Annehmlichkeiten wind der Tempomat, ein Multifunktionslenkrad und die elektrische Schließhilfe für die Schiebetür. Als Sonderausstattung ist für den Heckantriebler auch ein Allrad-Fahrwerk möglich.