Es gibt Autos, die allein dafür gebaut werden, um zweckmäßig zu sein — zum Beispiel Transporter. Dann gibt es Autos, die Leidenschaften und Begehrlichkeiten wecken — Sportwagen etwa oder Luxuskarossen. Und dann gibt es Campingbusse, die, und da werden Sie als Leser sicherlich zustimmen, beide Welten perfekt miteinander verbinden. Für den Ausbau zum Camper besonders beliebt ist seit vielen Jahren die T-Baureihe von VW.

Der VW California ist sehr beliebt
Wie beliebt, zeigen die Zahlen des California: Bis zum Caravan Salon im August dieses Jahres will Volkswagen das 70.000ste Fahrzeug vom Band rollen. Im vergangenen Jahr wurde auf der Düsseldorfer Messe noch das 60 000ste Modell gefeiert. Seit dem Wechsel vom T4 auf den T5 wird der Campingbus von VW selbst in der 2003 aufgebauten und rund 130 000 m² großen California-Halle in der Nähe von Hannover gefertigt. Im ersten Jahr wurden 3000 Fahrzeuge gebaut. Heute sind es mehr als drei mal so viele.
Aufgrund der hohen Nachfrage rücken die 200 Mitarbeiter seit Januar in drei Schichten an. Die Monteure sind überwiegend in handwerklichen Berufen wie Gas-Wasser-Installateur, Elektriker oder Tischler ausgebildet. Pro Fahrzeug sind sie an zwölf Produktionsstationen jeweils rund 20 Minuten beschäftigt. Insgesamt 750 Arbeitsschritte sind nötig, um aus dem T6 einen California zu machen. Bei 90 Prozent der Fahrzeuge ist das nach vier Tagen erledigt. Käufer, die einen nach ihren Wünschen konfigurierten Neuwagen bestellt haben, müssen aktuell aber zwischen drei und neun Monate auf ihren neuen Liebling warten.
Auch kleinere Betriebe setzen auf den T6
Neben dem VW California gibt es jedoch auch zahlreiche weitere Campingbusse auf Basis des T6, die — Besuchern der CMT oder des Caravan Salons wird das bekannt sein — von deutlich kleineren Betrieben gefertigt werden. Stellvertretend schauen wir uns die Produktion der Firma Werz Wohnmobile in St. Johann-Upfingen auf der Schwäbischen Alb an, die auf den Ausbau des VW-Busses spezialisiert ist.
30 bis 35 Fahrzeuge liefert der Ausbauer jährlich an seine Kunden aus. Tendenz steigend. Der kleine Betrieb zählt fünf Mitarbeiter und einige Teilzeitkräfte, die die Piccolo genannten Campingbusse innerhalb von drei bis acht Wochen bauen. Dafür stehen ihnen rund 350 m² Arbeitsfläche zur Verfügung. Chef der Firma ist Uwe Werz, der mit dem Ausbau der Busse seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Schon als 18-Jähriger baute er den ersten Campingbus in Eigenregie aus.
Im Vergleich zu VW, die den California in den Varianten Beach, Coast und Ocean anbieten, können Werz-Kunden aus insgesamt sechs Grundrissvarianten wählen. Dabei werden individuelle Wünsche so gut es geht berücksichtigt.
Sowohl Volkswagen als auch Werz Wohnmobile liefern ihren Kunden ein grundsätzlich ähnliches Produkt, der Weg dorthin unterscheidet sich allerdings gravierend. Bei VW ist die Produktion automatisiert, genormt und streng getaktet, jeder Produktionsschritt folgt festen Vorgaben, bei Werz geht es dagegen deutlich freier zu. Die Mitarbeiter müssen sich komplett auf ihre Fähigkeiten und ihr Augenmaß verlassen.
Bei Volkswagen beginnt die Reise eines angehenden California bereits im Nutzfahrzeug-Werk, wo die für den Campingbus vorgesehenen T6 bereits für den Innenausbau vorbereitet werden. Die California-Halle erreichen sie mit ausgeschnittenem Dach, vormontierter Isolierung und mit allen für die Möblierung nötigen Bohrungen und Verkabelungen. Nach der Sicht-Prüfung in einer Art beleuchtetem Pavillon geht das Fahrzeug anschließend in die Fließmontage, wo es vollständig zum Campingbus verwandelt wird. Zu den ersten Schritten zählt hier schon der Einbau von Verkleidungen und der Beleuchtungsanlage.
Massenproduktion gegen Individualanfertigung
Die Ausgangsbasis der Werz-Campingbusse ist immer ein VW-Transporter. Und zwar als Neufahrzeug, wie es auch an Privatkäufer ausgeliefert wird. Werz ordert die Fahrzeuge mit so wenig Ausstattung wie möglich und stets erst dann, wenn ein Kunde einen Campingbus bei ihm bestellt hat. Die Firma bekommt die Autos zum Händlerpreis, muss aber nachweisen, dass sie nur in ausgebauter Form weiterverkauft werden. Im ersten Schritt befreien seine Mitarbeiter den Transporter hinter den beiden Vordersitzen bis aufs nackte Blech vollständig von seinem Innenleben. Danach folgen die Bohrungen für die Gas- und Wasseranschlüsse sowie die Ausschnitte für das Dach und die Fenster. Noch vor der Hohlraumversiegelung werden die Späne, die bei den Blecharbeiten entstanden sind, mit einem Magneten eingesammelt und somit entfernt.

Danach wird die ein Zentimeter dicke Bodenplatte auf einer drei Zentimeter hohen Isolationsschicht eingebaut. Das Blech an den Seitenwänden und Radhäusern wird mit einer Veloursverkleidung als Isolierung bezogen.
Nachdem alle nötigen Kabel für Licht, Lautsprecher sowie die Stromanschlüsse und gegebenenfalls auch eine Solaranlage verlegt sind, folgt der Einbau des Möbelmoduls.
Die „kleine Hochzeit“ in der VW Produktion
Im Werk von VW wird das als die „kleine Hochzeit“ bezeichnet, die etwa zur Mitte der Produktion erfolgt. Dabei wird der komplett vorgefertigte und mit allen Anschlüssen versehene Küchenkorpus inklusive Kleiderschrank in einemArbeitsschritt in den Innenraum eingesetzt. Das geschieht nicht per Muskelkraft, sondern mit dem sogenannten Manipulator – eine Hebehilfe, die das Möbelmodul mit Saugnäpfen fixiert und dem Arbeiter den Einbau über das Fahrzeugheck extrem vereinfacht.
Der Korpus besteht bekanntermaßen aus einem Aluminium-Verbund. Gegenüber Holz bringt das Vorteile bei Recyclebarkeit, Gewicht und Raumausnutzung. Die Alupaneele sind nicht einmal fünf Millimeter dick, doch um die gleiche Stabilität und Steifigkeit zu erreichen, müssten Pressspanplatten knapp zwei Zentimeter dick sein. In Summe konnten laut VW mit dem Einsatz der Alupaneele 40 Liter zusätzlicher Stauraum geschaffen und mehr als 40 Kilogramm Gewicht eingespart werden.
Werz setzt für den Ausbau seiner Reisemobile weiterhin auf Holz. Die Möbelmodule werden wie bei VW außerhalb des Fahrzeugs zusammengebaut. Die dafür benötigten Holzteile bezieht die Firma fertig zugeschnitten von einem Fachbetrieb aus der Umgebung. Beim Einbau des zwischen 50 und 60 Kilogramm schweren Moduls durch das Heck müssen alle mit anpacken, denn maschinelle Hilfe wie bei Volkswagen gibt es nicht.
Das Gleiche gilt ebenso für den Aufbau des Dachs und den Einbau der Rückbank. Letztere fertigt der Betrieb selbst aus einer Stahl-Holz-Konstruktion. Polster und Bezüge werden in einer kleinen Schneiderei-Ecke auf dem Dachboden zusammengenäht.
Beim Dach setzt der Cambingbus-Ausbauer je nach gewünschter Form auf die Produkte von SCA, Reimo oder Polyroof. Seinen Kunden empfiehlt Werz neben einer Standheizung in der Regel ein Hochdach, da die Vorteile gegenüber dem Aufstelldach mit Stoffbalg im Campingalltag aufgrund der besseren Isolation und der bequemeren Nutzung überwiegen. Beim VW California ist das Aufstelldach die einzige verfügbare Variante. Besonderheit im Modell Ocean: Der Dachantrieb ist serienmäßig elektrisch.

Die Dachkonstruktion wird ähnlich wie das Möbelmodul mit maschineller Unterstützung aufgesetzt. Zusätzlich Hand anlegen müssen die Monteure lediglich bei der Verschraubung mit dem Fahrzeug und der Verlegung der Dichtung.
Nach der Fertigstellung stehen für alle VW California noch eine ganze Reihe von Tests an, bevor sie den Weg zu ihren neuen Besitzern antreten dürfen. Neben der Prüfung der Gas- und Elektroanlage wird in einer Regenkammer getestet, ob das Faltdach wirklich wasserdicht ist. Zu den letzten Arbeitsschritten gehören außerdem das Einstellen der Achsgeometrie und die Kalibrierung der Fahrerassistenzsysteme. Zu guter Letzt wird bei der obligatorischen Probefahrt darauf geachtet, dass keine ungewöhnlichen Geräusche hervortreten.
Zu der VDA-zertifizierten Produktion zählt zudem, dass einzelne Fahrzeuge sporadisch im Analysezentrum auf Herz und Nieren getestet werden.
Bei den Campingbussen von Werz ist es Aufgabe von Frau Werz, die Fahrzeuge bei einer Probefahrt auf dem Weg zum TÜV ein letztes Mal zu überprüfen. Eine ähnliche Kräfteverteilung gibt es auch bei der Ideenfindung und Weiterentwicklung der Produkte. Bei Werz entstehen diese im Team bei einem gemeinsamen Campingtrip, bei Volkswagen ist das Sache der Entwickler aus der Business Unit für Spezialfahrzeuge.
Keine Unterschiede bestehen dagegen bei der Zielgruppe. Sowohl Jung als auch Alt, Familien, Paare oder Singles — unabhängig vom Hersteller werden Campingbusse von vielen geschätzt.
Übrigens, sowohl VW als auch Werz Wohnmobile öffnen gerne ihre Türen. Wer sich für einen neuen Campingbus interessiert oder schon entschieden hat, darf gerne selbst einen Blick in die Produktion werfen.