Ein Piaggio Porter ist ein kleiner Transporter, der nicht gerade bekannt dafür ist, als Wohnmobil-Basis zu dienen. Doch Kerstin oder Körmi, wie sie von ihren Freunden genannt wird, hat es gewagt und einen Piaggio Porter von 2009 zum Campingbus umgebaut. promobil hat sich mit ihr zum Interview verabredet, um mehr über den Mini-Camper und die Frau hinter diesem coolen Ausbau zu erfahren.
Ich bin Kerstin, oder die Körmi, 25 Jahre alt und habe letztes Jahr mein Bachelor in Architektur abgeschlossen. Ich bin etwas chaotisch, abenteuerlustig und liebe es kreativ zu arbeiten und mit meinen eigenen Händen Dinge zu erschaffen.
Seitdem ich vor knapp fünf Jahren mit dem Surfen angefangen habe, zieht es mich immer wieder in fremde Gewässer und Kulturen. Diese entdecke ich am liebsten in einem eigenen Gefährt.
Ich war mit meiner Familie nie campen, habe es deshalb erst spät kennen und lieben gelernt. Seitdem ich 2016 in einem unausgebauten Nissan Terrano durch Südamerika getourt bin, ließ mich der Gedanke und Wunsch nach einem eigenen selbstausgebauten Campingmobil nicht mehr los. Zurück in Deutschland habe ich mir diesen dann direkt erfüllt und mir den kleinen Piaggio Porter zugelegt.
Ich fahre einen Piaggio Porter aus dem Jahr 2009. Er sieht ein bisschen so aus, als hätte man einen VW Bus etwas zu heiß gewaschen. Insgesamt wiegt bringt er samt Ausbau eine Gesamtgewicht von circa 1.200 Kilogramm auf die Waage. Mit seinem Hubraum von 1296 cm³ und nur 64 PS schaffe ich maximal 134 Kilometer die Stunde. Auch dank der kompakten Maße habe ich einen durchschnittlichen Verbrauch von nur 7 Litern (Benzin).
Die Namenfindung hat etwas länger gedauert. Mein Camper heißt nun "TollPatscho", deshalb weil er ein toller Patscho (Piaggio) ist und ich laut Freunden ein "kleiner Tollpatsch".

Eigentlich stehe ich immer frei. Wenn möglich immer direkt am Strand, wo ich mit einem Blick aus dem Fenster die Wellen sehen kann. Auf jeden Fall aber frei in der Natur irgendwo. Außer in größeren Städten, dort habe ich jetzt ein- zweimal auf einem Stellplatz geschlafen oder mich ganz unauffällig auf öffentliche Parkplätze gestellt.
Auf der bisherigen Reise in meinem Minimal-Mobil habe ich mich nie unwohl gefühlt oder hatte Angst. An der europäischen Atlantikküste kann man sich auch als alleinreisende Frau sehr sicher fühlen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass der alleine geplante Trip schnell Anhänger gefunden hat und ich im Endeffekt meist mit Begleitung unterwegs war.
Das Projekt wurde spontan zu einem Teil meiner Bachelorarbeit in Architektur mit dem Thema "Minimal Mobil – mobiles Wohnen auf engstem Raum". Somit konnte ich mich intensiv mit dem Thema und der Planung auseinandersetzen. Dabei sind sehr viele verschiedene Alternativen, Ansätze und Entwürfe entstanden. Diese habe ich alle skizziert und planerisch dargestellt. Für den engen Raum meines Piaggio Porters habe ich mich dann im Endeffekt für eine Multifunktionslösung entschieden, die je nach Klappzustand der Bestandteile verschiedene Räume schafft.
Neben einem Schlaf- und Wohnzimmer im Innenraum, öffnet sich nach außen Küche, Ess- und Badezimmer. Die Konstruktion sollte leicht und einfach selbst zu bauen sein. Dafür habe ich auch immer wieder mit Spezialisten gesprochen und meinem Umfeld meine Ideen vorgeführt.
Ganz dem Titel meines Projektes getreu "Minimal Mobil". Ich wollte eine günstige und minimale Alternative zu herkömmlichen Campern schaffen und aufzeigen, was aus wenig Raum herauszuholen ist.
Das Fahrzeug habe ich für 1.700 Euro auf Ebay-Kleinanzeigen gekauft. Weitere 1.500 Euro habe ich für Reparaturen und den Umbau investiert.
Die Grundideen haben sich eigentlich alle ziemlich gut bewährt. Den letzten Monat in Spanien habe ich genutzt, um das Mobil noch mit einer Dachterrasse, mehr Fächern und einem Arbeitsplatz im Fahrerraum zu erweitern. So kommen unterwegs immer neue Ideen hinzu und das Projekt bleibt im Prozess.
Mein Trip führt mich hoffentlich bis nach Schottland hoch, davor möchte ich auf jeden Fall noch die Regentauglichkeit meines Mini-Mobils verbessern. Natürlich wären ein paar mehr Zentimeter Bett auch ein Traum, gerade wenn man zu zweit unterwegs ist. Aber dieser wird für mich wohl erst mit einem größeren Fahrzeug erfüllt.
Nur bei meiner allerersten Fahrt hatte ich eine Panne. Immer wieder griff das Gas nicht mehr, ich stand dreimal auf dem Seitenstreifen und musste überbrückt werden. Zu dieser Zeit hatte der Piaggio Porter allerdings noch eine orangene Sirene auf dem Dach und die sonstigen Merkmale von einem Stadtwerkefahrzeug. So machte ich nicht den Anschein, als bräuchte ich Hilfe. Nach acht Stunden kam ich schließlich an Ziel. Das Ende vom Lied war eine defekte Lichtmaschine. Mittlerweile habe ich immer Überbrückungskabel dabei, habe diese aber bisher nur dafür gebraucht, anderen beim Starten zu helfen.
Ich bin nun schon über 12.000 km gefahren, seitdem ich im August 2017 Deutschland verlassen habe. Dabei bringt jeder Tag kleine Abenteuer mit sich. Langweilig wird es nie auf meiner täglichen Erkundungstour durch fremde Landschaften und Kulturen.
Gerade bin ich aus dem wunderschönen Andalusien aufgebrochen, um langsam zurück in den Norden zu fahren. Entlang der Atlantikküste über Portugal, Nordspanien bis in die Bretagne hoch nach Frankreich im Sommer. Die Idee ist nach einem kurzen Zwischenstopp zuhause weiter in den Norden über England, Wales, Irland bis nach Schottland zu reisen. Dafür habe ich so die nächsten fünf Monate angedacht. Auf dieser Reise soll ein Buch entstehen, woran ich gerade schon fleißig am Ideen sammeln bin.

Diese Art des Reisens hat mir immer schon am besten gefallen. Ein eigenes Fahrzeug gibt mir das Gefühl von einem Zuhause, egal wo in der Welt ich mich gerade befinde, wobei ich doch immer mobil und frei für spontane Aktionen bin. Vor allem aber hat man damit garantiert die schönsten Schlafplätze, man lebt im Einklang mit der Natur und es bietet kreativen Freiraum, auch für die Rückbesinnung auf das Nötigste.
Ebenso trifft man auf viele Gleichgesinnte und interessante, inspirierende Persönlichkeiten. Ich glaube hinter dieser minimalistischen Wohnform steckt sehr viel Potential für die zukünftigen Lebens- und Arbeitsformen auf unserem überlasteten Planeten.
Körmis Reise mit ihrem Mini-Camper können Sie auf ihrem Blog verfolgen: koermi-koermet.com