Zwei große Gruppen liefern sich auf dem europäischen Wohnmobilmarkt ein spannendes Rennen: Hymer formiert sich gerade neu, Trigano wächst weiter. promobil zeigt die Hintergründe und sagt, welche Baureihe woher stammt.
Zwei große Gruppen liefern sich auf dem europäischen Wohnmobilmarkt ein spannendes Rennen: Hymer formiert sich gerade neu, Trigano wächst weiter. promobil zeigt die Hintergründe und sagt, welche Baureihe woher stammt.
Ein Bild, wie hier in der Fotostrecke, wird es in der Realität wohl niemals geben. Nicht unbedingt wegen der Rennstrecke. Kein aktuelles Wohnmobil trägt einen Trigano-Schriftzug. Dennoch fährt der Trigano-Konzern im Spitzenduo der europäischen Freizeitfahrzeug-Branche.
Seit wenigen Monaten gehört auch die italienische SEA-Gruppe - Elnagh, McLouis und Mobilvetta- zum französischen Konzern: das ergibt zusammen immerhin 15 Wohnmobilmarken (siehe Interview nächste Seite). Durch diesen Zukauf wachsen auch weit wichtigere Kennzahlen: Mit einer Produktion von rund 16.000 Wohnmobilen pro Jahr liegt Trigano nun Kopf an Kopf mit der Hymer AG. Auch die Umsatzzahlen erreichen ein ähnliches Niveau. Ein direkter Vergleich der Konzerne ist jedoch kaum möglich, weil auch branchenfremde Sparten zur Gruppe gehören.
Bei Hymer herrscht ebenso wenig Stillstand. Hier geht es nicht um den Zuwachs an Marken, sondern an Möglichkeiten. Über viele Jahre fuhr die Hymer-Gruppe auf zwei Spuren: Hier die Marken der Hymer AG, dort die Marken, die zum Privatbesitz der Familie Hymer gehören: Dethleffs, Sunlight, LMC und TEC. Wer sich heute hinter den Kulissen umhört, spürt einen Wandel. Unabhängig von Aktiengesellschaft oder Familieneigentum kooperieren die Hymer-Marken immer stärker miteinander und verfolgen den gleichen Kurs.
Dazu passt die aktuelle Rückbesinnung bei den Besitzverhältnissen: Inzwischen hat die Familie Hymer nahezu alle Aktien der AG aufgekauft. Bald könnte also auch die Hymer AG ein reines Familienunternehmen werden. Was spräche dann noch gegen eine Zusammenführung aller Hymer-Marken? Diesem Verbund wäre der erste Platz in Europa sicher.
Selbst bei der lange Zeit sehr unabhängig agierenden Marke Dethleffs sieht man diese Entwicklungen positiv. Geschäftsführer Dominik Suter: „Das ist eine Riesenchance. Die Marken werden ihr Gesicht behalten. Durch Synergien können wir die Wettbewerbsfähigkeit der Marken stärken. Wir wollen eine Hymer-Gruppe machen, keinen Konzern.“
Obwohl es sich bei Trigano seit 1998 um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt, gibt es auch hier eine familiäre Komponente. François Feuillet hat die Gruppe in über drei Jahrzehnten aufgebaut. Unverändert kontrolliert der 64-Jährige mit seiner Aktienmehrheit das Geschehen; Frau und Tochter sitzen ebenfalls im Aufsichtsrat. Trotz über 30 Standorten in neun Ländern gelten schlanke Strukturen als ein Erfolgsrezept von Trigano. Gleichzeitig haben sich viele Marken des europäischen Verbunds eine hohe Eigenständigkeit bewahrt. Zum Beispiel Eura Mobil. Obwohl die Marke seit 2005 zu Trigano gehört, merkt der Käufer davon praktisch nichts. Geschäftsführer Holger Siebert: „Auf einem Audi steht schließlich auch nicht Volkswagen drauf.“
Manche Kooperation mit der Gruppe, die in erster Euphorie begann, hat man inzwischen wieder zu den Akten gelegt. Siebert: „Im Vergleich zu Automobilkonzernen nutzen wir vielleicht weniger Synergien, dafür wird Eura Mobil mit anderen Marken der Gruppe nicht in einen Topf geworfen." Einen entscheidenden Vorteil sieht er bei den Einkaufskonditionen, denn gegenüber Lieferanten ist Eura Mobil vor allem Trigano: „Jedes Chassis, das bei Roller Team ins Band läuft, bringt auch uns Vorteile.“
Aus Sicht von Dethleffs-Chef Dominik Suter ist diese Entwicklung innerhalb der Hymer-Marken noch nicht am Ende: „Der gemeinsame Einkauf war schon in der Vergangenheit sehr erfolgreich und wird weiter ausgebaut. Damit man gemeinsam einkaufen kann, ist aber eine gewisse Standardisierung nötig.“
Dominik Suter legt gleichzeitig Wert auf eine gewisse Abgrenzung zu seinen Gruppenkollegen: „Im Markt sind wir Wettbewerber. Wir wollen für unsere Kunden gute Fahrzeuge bauen." Damit die gruppeninterne Konkurrenz nicht überhand nimmt, setzt jede Marke so weit möglich auf unterschiedliche Zielgruppen.Suter: „So wie ein Mercedes-Fahrer keinen BMW kaufen wird, hat jede Marke ihre eigene Klientel." Der Dethleffs-Chef betont: „Die Gruppenbildung ist zum Nutzen des Kunden. Bislang bekam der Käufer oft einen Einheitsbrei. Wir wollen eine klare Positionierung, echte Innovationen und ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.“
Zum letztgenannten Punkt trägt neben dem Einkauf auch eine Zusammenarbeit in der Produktion bei: Dethleffs baut den Tourer und Grand Explorer für LMC, LMC wiederum den Globe-S-Alkoven für Dethleffs. Hymer bezieht den neuen Compact von Bürstner und liefert an die italienische Schwester Laika den Campingbus namens Sport. Dennoch sollen die wichtigsten Baureihen auch in Zukunft in den Stammwerken entstehen. Eine Marke, die schon länger ohne Stammwerk auskommen muss, bleibt dabei jedoch auf der Strecke. Ab 2014 werden die TEC-Modelle ins LMC-Programm überführt.
Trigano will auch künftig an seiner Markenvielfalt festhalten. Doch nicht immer ist jede Marke auf jedem Markt zu haben. Seit Modelljahr 2013 kommen beispielsweise keine Ci mehr nach Deutschland; Arca ist nur noch bei einem Händler zu kaufen. Andere Modelle wechseln ihre Identität. So steckt hinter den neuen Integrierten von Challenger und Chausson eine Konstruktion von Autostar – früher ebenfalls in Deutschland zu haben. Karmann Dexter kommen vom südfranzösischen Campingbus-Spezialisten Font Vendôme; Karmann Davis werden zusammen mit Modellen von Challenger, Chausson und Roller Team in Südtalien produziert.
Diese Kooperation bringt nicht allein Kostensenkungen mit sich. Eura-Mobil-Chef Siebert: „Wenn wir zusammen mit anderen Marken neue Komponenten planen und damit auf hohe Stückzahlen kommen, dann haben auch Zulieferer großes Interesse." Dominik Suter blickt noch weiter in die Zukunft und sieht Herausforderungen, die selbst für einen starken Solisten zu groß sein können: „Es gibt Grundlagenentwicklungen, die das Budget einer Marke übersteigen." Auf diese Weise würde die Reisemobilentwicklung an Tempo gewinnen. Ob die beiden führenden Teams dabei alle anderen hinter sich lassen? Holger Siebert ist sicher: „Die Konzentration in der Branche wird weiter voran schreiten.“
Das betrifft aber wohl nicht nur Hymer und Trigano, denn diese sind zwar mit Abstand die größten, aber nicht die einzigen Zusammenschlüsse (siehe nächste Seite). Nicht zuletzt dank vieler kleiner Hersteller dürfte der Markt bunt bleiben: Über die Hälfte der gut 100 Wohnmobilmarken in Deutschland gehört noch nicht zu einer Herstellergruppe.
Vom Alkovenbau hat sich zwar die Marke Hymer verabschiedet, in der Gruppe herrscht jedoch kein Mangel an dieser Bauart. Dethleffs und Laika bedienen auch die Luxusklasse.
Günstige Alkovenmobile sind in Italien gefragt. Entsprechend breit sind Elnagh, McLouis und Roller Team in diesem Segment aufgestellt. Doch ebenso mischen hier die französischen Schwestermarken Chausson und Challenger kräftig mit. Die typisch deutsche Nische der gehobenen Alkoven füllen hingegen Eura Mobil und Karmann. Für den Heimatmarkt produzieren sie auch europaweit wenig gefragte Modelle mit Hecksitzgruppe.
Für das Luxussegment ist innerhalb der Trigano-Gruppe vor allem Eura Mobil zuständig. Der Integra auf Fiat-Chassis soll sich im Liner-Segment etablieren. Ergänzung kommt seit Kurzem von Notin aus Frankreich in Form eines Liner auf Iveco. Deutlich stärker ist Trigano bei den günstigen Integrierten mit Grundpreisen um 60.000 Euro aufgestellt.
Das Campingbus-Segment ist bei den Hymer-Marken bislang dünn besetzt, allerdings baut Dethleffs im Lohnauftrag den Großteil der Kastenwagen für Pössl und Globecar.
Ein Campingbus-Werk in Süditalien produziert Kastenwagen für Karmann, Chausson, Challenger und Roller Team. Einziger Teilintegrierter von Trigano unter 2,30 Meter Außenbreite: der McLouis McVan.
Kernkompetenz in der Hymer-Gruppe sind Integrierte. Hier trifft man auf besonders schlanke Modelle, eine gediegene Mittelklasse und Liner auf Iveco-Chassis von Dethleffs und Niesmann + Bischoff. Hymer baut auch auf Mercedes.
Kaum eine Lücke lassen die Teilintegrierten der Hymer-Gruppe. Besonders große Auswahl gibt es bei schlanken Kompaktmodellen. Die bald nicht mehr in Deutschland verkauften TEC-Modelle sind in dieser Auflistung nicht mehr vertreten.
Gehobene Teilintegrierte gehören zu den Spezialitäten der französischen Gruppe. Bei Karmann gibt es sogar eine Baureihe auf VW T5, bei Notin in Kleinstserie gefertigte Teilintegrierte auf Mercedes Sprinter.
Auf der nächsten Seite finden Sie neben alle Umsatzzahlen und Kennzahlen von Hymer und Trigano im Vergleich auch eine Liste mit weitere Wohnmobil-Gruppen in Europa. Zu den Entwicklungen auf dem Wohnmobil-Markt haben wir Trigano-Chef Francois Feulliet interviewt.