Sein Name steht für Reisemobil: Erwin Hymer feierte Ende Juli seinen 75. Geburtstag.
Sein Name steht für Reisemobil: Erwin Hymer feierte Ende Juli seinen 75. Geburtstag.
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Die erste Begegnung des Autors mit Erwin Hymer war eines der Erlebnisse, die sich ins Gehirn meißeln. 2003 auf der CMT auf dem Stand von Dethleffs: Zwei hervorlugende Beine verraten, dass sich jemand einen Caravan von unten besieht. Langsam schieben sich die Beine samt ihrem Besitzer unter dem Fahrzeug hervor. Zum Vorschein kommt ein Mann im schicken Anzug. Erwin Hymer. Der Herr über ein Caravaning-Imperium – so bodenständig, als fühlte er sich für die Qualität des Unterbodenschutzes verantwortlich.
Begegnungen wie diese sind typisch für einen wie Erwin Hymer. Dieser Mann lenkt nicht nur als Aufsichtsrat noch immer die Geschicke des weltweit erfolgreichsten Reisemobilkonzerns, sondern interessiert sich auch für die Details. Er kauft Firmen wie Dethleffs, TEC oder Niesmann + Bischoff, fährt aber genauso selbstverständlich mit einem kleinen Hymer-Alkoven samt Frau Gerda und den zwei Kindern in Urlaub und kehrt dann mit einer langen Liste an Verbesserungswünschen heim.
Und der Vordenker, dessen überragendes technisches Talent und grandioser wirtschaftlicher Spürsinn für eine einmalige Erfolgsgeschichte stehen. Erwin Hymer hört solche Lobeshymnen nicht gerne. Winkt ab, wiegelt ab. Er habe Glück gehabt, sei zur richtigen Zeit mit den richtigen Produkten zum richtigen Preis am Markt gewesen.
Aber so jemand verlässt sich nicht darauf, er packt an und fordert das Glück heraus, zwingt es auf seine Seite. Er ist eben ein typischer Schwabe. Einer, der sich still und leise darüber freut, wenn er unterschätzt wird, weil er seinen sympathischen Dialekt zum Besten gibt, statt sich aufs für ihn fremde Terrain der deutschen Hochsprache zu wagen.
Erwin Hymer ist der Beweis dafür, dass Baden-Württemberger alles können. Außer Hochdeutsch. Die Eigenschaften des gelernten Flugzeugingenieurs, der zu den 100 reichsten Deutschen zählt: fleißig, mindestens ebenso klug wie clever, aber trotz des Erfolgs stets bescheiden und immer auf dem Teppich geblieben. Geld hat man in Oberschwaben, man spricht nicht darüber.
Mitte Juli bei der Neuheiten-Präsentation von Hymer in Friedrichshafen am Bodensee. Flucht vor dem Regen in den neuen Hymervan. Plötzlich Geräusche aus dem Sanitärraum. Jemand zerrt an der Tür, öffnet Schränke, Schubfächer, prüft die Güte der neuen Dusche, misst, inspiziert und schießt mit der kleinen Digitalkamera Fotos. Der Mann, der da, sich unbeobachtet glaubend, den jüngsten Hymer-Spross untersucht, heißt Erwin Hymer. Wir sind in Schwaben. Und im Bad steht auch heute wieder der Ober-Schwabe.